Umwelt Plastikschwemme vor Mallorca

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Ein Plastikteppich auf dem Meer

Allerdings sei es durchaus erklärbar, dass dieses Jahr besonders viel Müll an die Strände gelange: Man habe seit Wochen thermischen Wind, der vom Meer landwärts wehe. Drei, vier Tage Nordwind - und das Treibgut sei wieder weit draußen im Meer, wo es eben niemand sehe.

In Aguilós Augen ist die aktuelle Situation deshalb sogar positiv. „Unsere Boote sammeln viel mehr Unrat auf als im Vorjahr“. Zumal die insgesamt 33 Müllschiffe - 15 vor Mallorca, je 8 vor Menorca und Ibiza und 2 vor Formentera - aufgrund der optimalen Wetterbedingungen derzeit jeden Tag rausfahren könnten. Außerdem seien sie in diesem Jahr sogar einen Monat länger als üblich unterwegs, nämlich von Anfang Mai bis Ende September, was sich die Balearenregierung immerhin 1,1 Millionen Euro kosten lasse.

Die wichtigsten Fakten aus dem Wasserbericht
Die Nachfrage nach Energie und nach Wasser wird in den kommenden Jahrzehnten steigen. Dieser Anstieg führt zu erheblichen Herausforderungen und Belastungen in fast allen Regionen, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Bis 2050 wird der globale Wasserbedarf voraussichtlich um rund 55 Prozent steigen. Bedingt wird dies vor allem durch die steigende Nachfrage in der industriellen Fertigung (plus 400 Prozent). Der spezifische Bedarf der Haushalte wird dagegen "nur" um 130 Prozent zunehmen. Mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung werden 2050 voraussichtlich in Gebieten mit starkem Wasserstress leben.Quelle: Weltwasserbericht 2014 Quelle: REUTERS
Die Versorgung mit Wasser und die Versorgung mit Energie sind wechselseitig abhängig. Entscheidungen in einem Sektor haben positive und negative Auswirkungen auf den jeweils anderen Sektor. Krisen wie Armut, Gesundheit und Hunger sind eng verbunden mit Wasser und Energie. Weltweit haben nach verschiedenen Schätzungen rund 768 Millionen bis 3,5 Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer guten Wasserversorgung. 2,5 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender sanitärer Versorgung. In den meisten Fällen sind die Menschen, die unter Wassermangel leiden, auch von fehlender Energieversorgung betroffen: Mehr als 1,3 Milliarden Menschen haben keinen Strom und rund 2,6 Milliarden Menschen nutzen zum Kochen vor allem Holz. Quelle: dpa
Politik und Verwaltung, Planer und Praktiker können die Barrieren zwischen ihren jeweiligen Sektoren schrittweise überwinden. Der Staat kann durch innovative und pragmatische Ansätze die Versorgung mit Wasser und Energie effizienter machen und Kosten sparen. Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts für die Regierungen lautet, die vielfältigen Aspekte von Wasser und seiner Nutzung zu berücksichtigen. Quelle: dpa
Der Preis für Energie- und Wasserdienstleistungen sollte die Kosten für Bereitstellung und sozio-ökologische Folgen berücksichtigen. Die Grundbedürfnisse der Armen und Benachteiligten dürfen nicht beeinträchtigt werden. Der Zugang zu sauberem Wasser ist als Menschenrecht anerkannt - auf die Energieversorgung wird dies noch nicht angewandt. Quelle: obs
Der private Sektor kann eine größere Rolle bei Investitionen, Wartung und Betrieb von Wasser- und Energieinfrastruktur spielen. Energie ist ein gutes Geschäft, der Energiesektor kann daher viele Hebel in Bewegung setzen. Quelle: dpa
Auch die staatliche Unterstützung für Forschung und Entwicklung sind entscheidend für den Ausbau alternativer, erneuerbarer und weniger wasserintensiver Energieformen. Energie und Wasser können gemeinsam und synergetisch produziert werden. Es bietet sich etwa eine Kombination von Kraftwerken und Entsalzungsanlagen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die Nutzung alternativer Wasserquellen für thermische Kraftwerkskühlung oder etwa Energierückgewinnung aus Abwasser an. Für die Suche nach neuen technischen Lösungswegen braucht es entsprechende politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, damit die Sektoren besser zusammenarbeiten. Quelle: dpa
Wasser und Energie stehen im Zentrum nachhaltiger Entwicklung und müssen solchermaßen anerkannt werden. Es muss ein Wandel hin zu einer nachhaltigen und wechselseitig kompatiblen Entwicklung von Wasser und Energie gefunden werden. So sehen die Experten etwa beim Fracking, das große Mengen an Wasser erfordert, Risiken für Wasserqualität und die menschliche Gesundheit. Quelle: REUTERS

Dennoch ist das Ausmaß der Müll-Schwemme damit kaum in den Griff zu bekommen, wie die Wissenschaftlerin Marina Sanz-Martín befürchtet. Sie ist Biologin am auf Mallorca ansässigen Meeresforschungsinstitut Imedea und hat an der ersten groß angelegten Studie mitgearbeitet, die die Plastikverschmutzung des Mittelmeers unter die Lupe nahm.

Vor zwei Jahren wurden hierfür an 28 Stellen mit kleinmaschigen Netzen Wasserproben entnommen. Die Ergebnisse für die Balearen sind besorgniserregend: Südlich von Formentera ist der Grad der Verschmutzung mit bis zu 2500 Gramm Plastik pro Quadratkilometer besonders hoch. Allerdings dürfe man sich darunter keinen „Plastikteppich aus algerischen Milchtüten und Cola-Dosen vorstellen“, sagt die Wissenschaftlerin.

Auf der Suche nach Erklärungen für die derzeitige Plastikschwemme hatte der vermeintliche Müllteppich in Medien Mallorcas immer wieder als Sündenbock herhalten müssen. „Das ist vollkommen absurd“, sagt Sanz-Martín. Bei dem entdeckten Plastik handele es sich um winzige Partikel, zu 83 Prozent kleiner als fünf Millimeter. Gerade sie aber sind es, die dem Ökosystem den größten Schaden zufügen. Zum einen verenden Meerestiere daran, zum anderen landet das Plastik über die Nahrungskette längst auch auf unseren Tellern.

Die Vorstellung von an der Meeresoberfläche treibenden Müllbergen ist Sanz-Martín zufolge also nicht richtig, auch nicht für die fünf nachgewiesenen riesigen Plastikstrudel im Pazifik, im Atlantik und im Indischen Ozean: Diese bestünden ebenfalls aus Mikroplastik.

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