Umwelt Wenn Meeresmüll zu Mode wird

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Straßen aus Müll

Anderswo wird Plastikfischen gar zum Volkssport. In Amsterdam verleiht das Start-up Plastic Whale für Firmenevents Boote an Unternehmen, deren Mitarbeiter in den Grachten mit Netzen im Wettbewerb nach Plastik angeln. Das kanadische Sozialunternehmen Plastic Bank wiederum richtet weltweit Tauschstellen für Plastikmüll ein. Den Start machte Perus Hauptstadt Lima. Wer dort bei Plastic Bank Kunststoff abgibt, kann ihn gegen Haushaltswaren tauschen; Schüsseln, Teller, Eimer, produziert auf 3-D-Druckern aus eingeschmolzenem Kunststoff.

Der niederländische Student Boyan Slat plant das ganz große Reinemachen auf dem Meer. Vergangenes Jahr sammelte er mit seinem Unternehmen The Ocean Cleanup per Crowdfunding 2,2 Millionen Dollar ein, um schwimmende Müllsammler zu entwickeln. 2016 will Slat einen zwei Kilometer langen Prototyp vor Tsushima testen, einem Eiland zwischen Japan und Südkorea.

Die am meisten verschmutzten Orte weltweit
Agbogbloshie (Ghana)Der Stadtteil der Millionenmetropole Accra ist schon mehrfach zu trauriger Berühmtheit gekommen: Hier leben 40.000 Ghanaer auf einer Fläche von etwa 1.600 Hektar Land und sind dabei den Giften der sie umgebenden Elektromülldeponie ausgesetzt. Handys und Laptops werden hier zerlegt, um noch verwertbare Rohstoffe, wie Eisen und Kuper, zu finden. Quelle: Blacksmith Institute
Tschernobyl (Ukraine)Die Katastrophe von Tschernobyl ist vielen noch im Gedächtnis als dort im April 1986 ein Nuklearunfall ereignete. Damals waren über über 150,000 Quadratkilometer und Millionen von Menschen betroffen. Bis heute besteht eine Sperrzone um den Reaktor. Die Stadt Prypat wurde zur Geisterstadt. Quelle: Blacksmith Institute
Dserschinsk (Russland) Dass die Stadt heute noch zu den am meisten verschmutzten Städten der Welt zählt, hängt vor allem mit seiner Geschichte zusammen. Während des Kalten Krieges wurden hier sowjetische Chemiewaffen wie das Nervengas Sarin und Senfgas hergestellt. Bis heute befindet sich hier eines der Zentren chemischer Industrie. Viele der Chemikalien befinden sich mittlerweile auch im Grundwasser. Quelle: Blacksmith Institute
Citarum River (Indonesien)13.000 Quadratkilometer auf denen insgesamt neun Millionen Menschen leben für die der Fluss der Lebensmittelpunkt ist. Allein 2000 Firmen bedienen sich des Wassers und leiten ihrerseits giftige Chemikalien in das Wasser. Quelle: dpa
Hazaribagh (Indien)270 registrierte Gerbereien gibt es in ganz Bangladesch, allein in der Region gibt es 90-95 Stück mit bis zu 12.000 Angestellten. Jeden Tag erzeugen diese 22.000 Kubikliter giftigen Müller, darunter krebserregendes Chrom. An diesem Giftfluss leben die Arbeiter. Quelle: Blacksmith Institute
Kabwe (Sambia)Wie so oft ist auch in der viertgrößten Stadt der Zentralprovinz der Arbeitsort, gleichzeitig auch der Ort mit den großen Risiken für Gesundheit und das Leben. In der Region wird besonders hochwertiger Blei abgebaut, der zu Boden- und Wasserverseuchung führt. Eine Viertel Million Menschen sind von der Verschmutzung betroffen. Quelle: Blacksmith Institute
Kalimantan (Indonesien)Auch hier sind rund eine Million Menschen durch die Verseuchung von Quecksilber und Cadmium betroffen. Aber Goldminen sorgen dort für das Einkommen von 43.000 Menschen. Quelle: Blacksmith Institute

US-Musikstar Pharrell Williams macht mit etwas Marketing aus dem fiesen Abfall inzwischen sogar einen hippen Rohstoff. Seine neue Kollektion Raw for the Oceans entstand zusammen mit der niederländischen Modemarke G-Star: Jacken, Jeans und T-Shirts bestehen aus Meeresplastik. Denn das lässt sich, einmal recycelt und eingeschmolzen, zu Garn verarbeiten.

Auch der Sportartikelhersteller Adidas hat – wenn auch bisher nur als Prototyp – einen Turnschuh entwickelt, der aus dem Material gerissener oder illegaler Fischernetze gefertigt ist. Der belgische Reinigungsmittelanbieter Ecover wiederum vertreibt eine limitierte Version seines Spülmittels, dessen Plastikflasche aus recyceltem Meeresmüll besteht. Den Müll sammeln Fischer im Auftrag der Umweltorganisation WWF.

Sogar ganze Straßen könnten bald mit Meeresmüll gepflastert sein. Daran arbeiten Ingenieure des niederländischen Bauunternehmens VolkerWessels. Ihre Plastic Road soll aus Recyclingkunststoff vorgefertigt und vor Ort verlegt werden. Das Material sei hart genug, sagt Entwickler Anne Koudstaal, um Lastwagen zu tragen. Obendrein halte es mindestens doppelt so lang wie Asphalt.

Ende 2017 will Koudstaal in Rotterdam die erste Plastikstraße testen. Der Rohstoff dazu treibt nebenan den Rhein hinab.

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