Umwelt Warum Unternehmen die besseren Klimaretter sind

Der umtriebige Milliardär Richard Branson will erneut einen gewagten Beweis antreten: Er behauptet, dass Unternehmen im Kampf gegen den Klimawandel mehr erreichen können als Politiker und Umweltaktivisten.

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 Richard Branson Quelle: AP

Jetzt also auch Berlin. In dieser Woche will Richard Branson, umtriebiger Milliardär und Besitzer der Airline Virgin Atlantic, in der Hauptstadt erneut einen gewagten Beweis antreten. Nämlich, dass einige Dutzend Unternehmen im Kampf gegen den Klimawandel mehr erreichen können als Tausende Politiker und Umweltaktivisten.

Die hatten sich erst im Juni wieder zum UN-Klimagipfel getroffen – diesmal in Rio de Janeiro. Ihr Ziel: den globalen CO2-Ausstoß zu senken und das Jahrhundertproblem Klimawandel zu lösen. Aber vergeblich. Der Gipfelmarathon endete ohne Ergebnisse.

Für Branson war Rio nach den gescheiterten Konferenzen in Kopenhagen (2009) und Cancun (2010) ein weiterer Beweis, dass die Klimadiplomatie versagt. „Aber die Zeit drängt“, findet er, „wir können nicht mehr auf die Regierungen warten.“

Schnelle Wege aus der Klimafalle
Klimaexperten haben mehr als 400 Methoden zur Bekämpfung des Klimawandels unter die Lupe genommen. Im Fokus der im Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlichten Untersuchung stand ausnahmsweise nicht der Klimakiller CO2, sondern das Treibhausgas Methan sowie Ruß, der in der Atmosphäre dafür sorgt, dass weniger Sonnenstrahlung ins All reflektiert wird. Schon mit einigen einfachen Maßnahmen, so die Wissenschaftler, ließe sich der Ausstoß von Methan und Ruß so stark reduzieren, dass der globale Temperaturanstieg bis zum Jahr 2050 um ein Drittel geringer ausfallen würde als bislang vorhergesagt. Die zehn wichtigsten Maßnahmen im Überblick. Quelle: dpa
Durch eine bessere Filterung bei der Entlüftung von Kohleminen würde deutlich weniger Methan freigesetzt. Quelle: dpa
Lecke Gaspipelines sind eine weitere Treibhausgas-Quelle, die sich mit relativ geringem Aufwand schließen ließe. Quelle: dpa
Deponie-Gas, dessen Hauptbestandteil Methan ist, entsteht durch den bakteriologischen und chemischen Abbau von organischen Inhaltsstoffen des Mülls. Seine Freisetzung zu verhindern und es nutzbar zu machen, würde dem globalen Klimawandel entgegenwirken, so die Forscher. Quelle: dpa
Durch unkontrolliertes Abblasen bei der Ölförderung gelangen ebenfalls große Mengen Methan in die Atmosphäre, die durch verbesserte Fördertechnik eingefangen werden könnten. Quelle: dpa
Auch durch eine bessere Aufarbeitung der bei der Nutztierhaltung anfallenden Exkremente – etwa durch Vergärung in Biogasanlagen – ließe sich der Methanausstoß deutlich verringern. Quelle: dpa
Keine andere Kulturpflanze setzt soviel Methan frei wie Reis. Durch verbesserte Anbaumethoden, weniger Dünger und eine weniger intensive Bewässerung ließe sich der Methanausstoß beim Reisanbau reduzieren. Quelle: dpa

Deshalb beschloss der Engländer, es besser zu machen. Nämlich mit einem Klimagipfel für Unternehmen, wie er diese Woche in Berlin tagt. Unter den rund 60 Teilnehmern sind Volkswagen, Siemens und die Deutsche Bank. „Carbon War Room“ hat der Milliardär diese Treffen getauft. Sie finden seit 2011 vier Mal jährlich an unterschiedlichen Orten weltweit statt.

Fonds für die Haussanierung

Die Idee hinter Bransons Initiative: Manager, Ingenieure und Finanzexperten entwerfen gemeinsam neue Geschäftsmodelle für den Einsatz grüner Technologien in Verkehr, Industrie und Haushalten. Denn „die Technik, um den weltweiten CO2-Ausstoß zu halbieren, ist vorhanden“, sagt Branson. Nur eingesetzt werde sie zu selten. Die Unternehmen sollen Wege suchen, diesen Prozess zu beschleunigen.

Die Frage ist: Schaffen Branson und die Unternehmen tatsächlich, woran die Politik bisher scheiterte? Erste Ergebnisse zumindest hat die Initiative des Milliardärs bereits vorzuweisen.

Grüner Wandel

CO2-Ausstoß Quelle: dpa

Etwa bei der Gebäudesanierung: Vergangenes Jahr gründete sich auf Betreiben des Carbon War Room in den USA ein Konsortium, das mit einem 650 Millionen Dollar schweren Fonds Häuser in Kalifornien und Florida energiesaniert. Die Besitzer der Gebäude zahlen dabei nichts. Sie treten nur die gesparten Energiekosten sowie die Steuervorteile an das Konsortium ab, bis der Umbau abbezahlt ist.

Ein ähnliches Sanierungsmodell wollen in Berlin jetzt Siemens, die Deutsche Bank und Baustoffunternehmen wie Knauf Insulation entwerfen. Denn der Handlungsbedarf ist groß: Um die Klimaziele der Regierung zu erreichen, müssten jährlich zwei bis drei Prozent der Gebäude saniert werden. Zurzeit sind es nur rund ein Prozent. „Wir hoffen darauf, dass Bransons Initiative diesen Prozess jetzt beschleunigt“, sagt Martin Bornholdt, Geschäftsführer der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz, dem Interessenverband der Energieeffizienzbranche.

Die nachhaltigsten Unternehmen
Innenansicht einer Filiale der Drogerie-Kette dm Quelle: AP
Ein Mann lehnt an einer Wand, unter dem Logo von Mercedes Benz Quelle: REUTERS
Palina Rojinski bei der Pressepäsentation zum OTTO Saisonstart 2012 in Hamburg Quelle: Morris Mac Matzen
Ein Audi A1 Quattro in der Produktion Quelle: dpa
Ein Marmeladenglas der Sorte Landliebe Quelle: dpa/dpaweb
Produkte der Bärenmarke Quelle: AP
Ein Mitarbeiterin von Miele montiert eine Waschmaschine Quelle: dpa

Milliardär rettet die Welt

Auch den grünen Wandel der Schifffahrtsbranche treibt der Carbon War Room voran. So schlossen sich auf Betreiben von Branson Unternehmen der Seefahrtsbranche zusammen, um ihre Schiffe mit sparsameren Motoren nachzurüsten, darunter auch die Hamburger Reederei Rickmers. Bisher war das Grüntuning auf See die Ausnahme. Künftig aber spart es den Schiffsleihern durch den geringeren Verbrauch Geld und senkt den CO2-Ausstoß um 15 bis 75 Prozent. Das ist notwendig, weil die Schifffahrt wesentlich mehr Emissionen verursacht als der Luftverkehr. Auch hier versagten die traditionellen Institutionen bisher: Erst kürzlich scheiterte eine Initiative der UNO für strenge Abgasregeln bei Schiffen.

Aber Bransons Gegenklimagipfel haben auch Gegner. So stürmten Umweltaktivisten kürzlich eine seiner Pressekonferenzen mit Industrievertretern. Sie protestierten gegen das Ziel des Carbon War Room, mehr Biosprit in der Luftfahrt einzusetzen. Das grüne Kerosin raube armen Bauern das Land und treibe den Preis für Nahrung in der Dritten Welt, kritisierten sie.

Ganz so einfach, wird Branson da gedämmert haben, ist es eben auch als Milliardär nicht, die Welt zu retten.

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