Umweltbelastung Bioplastik hilft gegen Müllberge

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Bioplastik verrottet nicht immer

Doch so löblich all diese Beispiele sind, wirklich abbaubar ist das verbaute Bioplastik in den oben genannten Beispielen nicht. Der Traum von der verrottenden PET-Falsche steht noch ganz am Anfang. Schon der Begriff Biokunststoff macht Probleme, beschreibt der Sammelbegriff doch zwei ganz unterschiedliche Konzepte: Zum einen die Möglichkeit, den Kunststoff zu kompostieren - und zum anderen das Ausgangsmaterial, aus dem der Biokunststoff hergestellt wurde. „Kunststoffe auf Biomasse-Basis sind nicht zwangsläufig abbaubar, und biologisch abbaubare Kunststoffe müssen nicht auf Biomasse basieren“, erklärt Herrmann. Beide Konzepte existieren nebeneinander.

Gernot Jäger, Innovationsmanager bei Bayer Material Science, beschreibt es so: „Ob ein Material biologisch abbaubar ist, hängt ganz von dem Kunststoff ab. Nur weil etwas biobasiert ist, ist es noch lange nicht biologisch abbaubar.“ Denn nur wenn die Polymere in einem Biokunststoff so angelegt sind, dass sie auch verrotten können sollen, werden sie auch unter bestimmten Bedingungen (zum Beispiel Grad der Feuchtigkeit) kompostiert. Und selbst dann, dauert der Prozess sehr lange.

Laut Industrienorm 13432 darf eine Biotüte binnen drei Monaten in einer industriellen Kompostierung höchstens noch zu zehn Prozent vorhanden sein. Anderer Biomüll wird aufgrund des technischen Fortschritts hingegen schon binnen drei bis vier Wochen vom Abfall zu Humus. Entsprechend skeptisch zeigt sich die Entsorgungswirtschaft, wenn es um die Annahme von Bioplastik geht. Nur wenn geringe Anteile von Biokunststoff verwendet werden, nehmen Entsorger das Material auch an – dann allerdings als herkömmlichen Restmüll. Das ist auch der Grund, warum Coca Cola nur 18 Prozent des Materials in ihren Plant Bottles verwendet. Somit kann die Flasche noch normal entsorgt werden.

Biotüte aus Österreich

Neben den großen Unternehmen stürzen sich auch kleine Unternehmen auf das Thema, wie das österreichische Start-up NaKu. In der kleinen Fabrik in der Wiener Neustadt landet alles Mögliche an Biomasse für die Plastikproduktion in den großen Kesseln. „Wir experimentieren mit verschiedenen nachwachsenden Rohstoffen. Aktuell wird zum Beispiel probiert, aus Sonnenblumenschalen Kunststoff herzustellen“, sagt NaKu-Sprecherin Melanie Erd.

Vor allem aber verwendet das Unternehmen von Johann und Ute Zimmermann einen gentechnikfreien Mais aus Europa als Granulat. Es ist der Hauptbestandteil des Bioplastiks, den die acht NaKu-Mitarbeiter seit 2007 herstellen und selbst vertreiben. Daraus sind in einem ersten Schritt Säcke für Bäckereien entstanden, die biologisch abbaubar sind.

„Wir sind die ganz Grünen“, sagt NaKu-Sprecherin Melanie Erd. „Unser Material besteht nicht nur aus biobasiertem Material, es ist auch biologisch abbaubar.“ Damit setzt das Start-up voll auf die Idee von der kompostierbaren Plastiktüte. Zudem haben wissenschaftliche Untersuchungen der Universität für Bodenkultur in Wien gezeigt, dass Obst und Gemüse in den Tüten sogar länger haltbar war als in den herkömmlichen Plastikbeuteln. Brot blieb etwa doppelt so lange frisch, Salat soll sich gar um ein vielfaches gehalten haben.

Doch das hat seinen Preis. „Unsere NaKu-Sackerl sind bis zu viermal so teuer wie die aus Erdöl“, sagt Melanie Erd. Entsprechend sei es nicht ganz einfach den Markt zu erobern. „Die Endkunden erreicht man eigentlich nur über Zwischenhändler. Und die sind ob des höheren Preises oft noch skeptisch“, sagt Erd.

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