Die vitale Kraft, die New York und Bangalore auszeichnet, bedeutet jedoch noch lange nicht, dass jeder Stadt ein ähnlicher Erfolgsweg vorgezeichnet ist. Im Jahr 1950 war Detroit mit 1,85 Millionen Einwohnern die fünftgrößte amerikanische Stadt. 2008 war sie zahlenmäßig um fast die Hälfte geschrumpft, und der Bevölkerungsschwund geht weiter. Acht der noch 1950 größten US-Städte haben seither mindestens ein Fünftel ihrer Einwohner verloren.
Der Niedergang von Detroit und anderen alten, industriellen Zentren ist nicht ein Zeichen der Schwäche von Städten im Allgemeinen, sondern ein Symptom für die Sterilität einiger Metropolen, die den Anschluss an die Quellen urbaner Erneuerungskraft verloren haben. Die speist sich vor allem aus der Bildung ihrer Bürger, einer vielseitigen Industrie und kleinen, innovativen Unternehmen. Statt dies zu fördern, verschwenden gerade diese Städte häufig Geld für Prestigeprojekte.
Wahre Hölle
Aber selbst Armut muss nicht notwendigerweise ein Zeichen für Stagnation sein. Der Zustrom sozial schwacher Zuwanderer in Städte von Rio bis Rotterdam ist nicht Ausdruck von Schwäche, sondern der Stärke dieser urbanen Räume.
Städtische Armut lässt sich nicht eins zu eins urbanem Reichtum gegenüberstellen. Sie muss vor dem Hintergrund der Armut in ländlichen Regionen im Einzugsgebiet der jeweiligen Städte gesehen werden. Die Slums von Rio sind im Vergleich mit einem wohlhabenden Vorort von Chicago die wahre Hölle, aber die Armutsrate in Rio ist wesentlich niedriger als im ländlichen Nordosten Brasiliens.
Einen schnellen Weg zum Reichtum mag es für die Armen nicht geben, aber sie haben die Wahl zwischen Stadt und Land, und viele wählen die Stadt – und das aus gutem Grund. Die städtischen Ballungsräume beziehen ihre Dynamik aus dem Zuzug von Reichen und Armen.
Räumliche Nähe erhöht mitunter aber auch die Ansteckungsgefahr durch Krankheiten. Seuchen, Kriminalität und verstopfte Straßen sind die Probleme wachsender Metropolen. Doch die lassen sich lösen. In den amerikanischen Städten beispielsweise verbesserte sich die Lebensqualität zu Beginn des 20. Jahrhunderts dramatisch, weil die Stadtväter enorme Summen für die Versorgung mit sauberem Trinkwasser aufwendeten. Diese Entwicklung zu mehr Lebensqualität dürfte sich in den Großstädten der aufstrebenden Dritten Welt im 21. Jahrhundert wiederholen.