Auf die deutschen Kontrollen ist kein Verlass. Dies ergibt zumindest ein Test der Zeitschrift Computer-Bild. 118 Technikprodukte des täglichen Bedarfs hat die Redaktion auf Schadstoffe getestet. Ergebnis: 32 Produkte hätten so nie in den Handel kommen dürfen, da sie gegen die EU-Richtlinie ROHS verstoßen. ROHS steht für „Restriction of Hazardous Substances“ (Beschränkung gefährlicher Stoffe) und die Richtlinie regelt etwa die Höchstwerte von Blei oder Chrom in Produkten. „Durch die Kontrollen, die es gibt, sind Produkte durchgerutscht, die eigentlich nicht durchrutschen hätten dürfen“, sagt Claudia Brüggen-Freye von der Computer-Bild. „Das zeigt, dass die Kontrollen doch nicht so systematisch zu sein scheinen, wie sie sein sollten.“
Lediglich 18 der 118 geprüften Produkte waren frei von Schadstoffen. Getestet wurden die verschiedensten Elektroartikel, von der Handytasche bis zur Steckdosenleiste, und von Blutdruckmessgeräten bis zum Babyphone. Dies sind alles Produkte des Alltags, mit denen man oft in Hautkontakt kommt.
In 85 getesteten Produkten, darunter auch in PC-Mäusen, sowie Bügel- und In-Ear-Kopfhörern fanden sich Verunreinigungen aus Verbrennungen, sogenannte polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). „Das sind Verbrennungsrückstände, die bei der Herstellung entstehen, und die man nie wissentlich beimischen würde“, sagt Brüggen-Freye. Der Test zeigt auch, dass ein hoher Preis nicht vor Schadstoffen schützt. „Ein teureres Produkt ist zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit technisch einwandfrei, aber das heißt nicht, dass es weniger oder keine Schadstoffe hat.“
Der Haken an den weit verbreiteten PAK: Viele chemische Verbindungen aus dieser Gruppe gelten als krebserregend, einige davon sogar als besonders stark. Fünf Prozent der Testartikel enthielten solch besonders krebserregende Partikel, darunter ein Kopfhörer der Marke Renkforce und eine Notebook-Tasche von CaseLogic.
Weichmacher schaden dem Hormonhaushalt
Ebenfalls gefährlich ist der Weichmacher DEHP (Diethylhexylphthalat), der in 58 getesteten Technikartikeln enthalten ist. "DEHP und andere Phthalate stehen im Verdacht, den Hormonhaushalt des Menschen zu beeinflussen", sagt Professor Edmund Maser von der Uni Kiel. Besonders gefährdet sind Kinder: "Ihre Organe befinden sich noch im Wachstum, und das Hormonsystem steuert die körperliche und geistige Entwicklung", erklärt Sarah Häuser vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Entdeckt wurde der Weichmacher unter anderem in Blutdruckmessgeräten, In-Ear-Kopfhören und HDMI- und Netzwerkkabeln. Zu den insgesamt 32 ausgemachten Produkten, die eigentlich nicht im Handel hätten laden dürfen, zählten unter anderem eine Fernbedienung für 3,99 Euro vom Discounter, ein "Janosch"-Babyphone für 52,99 Euro und ein Blutdruckmessgerät für 39,90 Euro vom Versandhändler.
Doch all diese Waren mit hoher DEHP-Konzentration oder anderen Schadstoffen müssen trotz der Gefahren bis heute nicht gekennzeichnet werden. Immerhin haben Unternehmen eine Auskunftspflicht, wenn in ihren Waren eine Weichmacher-Konzetration von über 0,1 Prozent herrscht – und diese können die Verbraucher ausnutzen, sagt Claudia Brüggen-Freye: „Sie können die EAN-Nummer über dem Strichcode des Artikels notieren und eine Verbraucheranfrage an das Unternehmen stellen.“ Ob viele Kunden dem nachgehen werden ist fraglich: Die Firmen haben 45 Tage, um zu antworten. So viel Zeit werden sich viele Kunden gerade bei alltäglichen Technikgeräten kaum nehmen wollen.