Trotz Strompreisanstieg begeistern sich die Deutschen offenbar ungebrochen für die Energiewende – und sei es die persönliche. Denn immerhin gut jeder vierte Bundesbürger möchte bis 2020 sein eigenes Kraftwerk betreiben, meldet das Meinungsforschungsinstitut Toluna.
Detlef Scholl hat sich diesen Traum schon erfüllt. Auf dem Dach seines Hauses im Dörfchen Bischberg bei Bamberg dreht sich ein kleines Windrad. Es leistet 800 Watt. Scholls Elektrizitätsrechnung entlastet die mehrere Tausend Euro teure Grünstromanlage trotzdem kaum. „Dazu weht der Wind hier zu schwach und zu selten“, sagt er.
Ausgewählte Anbieter von Kleinwindanlagen
Hersteller: Energie- und Antriebstechnik, Rotenburg/Wümme
Leistung: 0,12 Kilowatt
Propeller-Durchmesser: 1,2 Meter
Jahresertrag: 100 Kilowattstunden
Montage: Mast
Zertifizierung: keine
Preis: ab 2050 Euro
Besonderheiten: Bei sehr starkem Wind kippt der Rotor aus Sicherheitsgründen nach hinten
Hersteller: FuSystems, SkyWind, Langenhagen
Leistung: 1 Kilowatt
Propeller-Durchmesser: 1,5 Meter
Jahresertrag: 100 Kilowattstunden
Montage: Mast
Zertifizierung: Verfahren läuft
Preis: rund 2500 Eur
Besonderheiten: Leicht zu befestigen; Nennleistung bei Windgeschwindigkeiten von 14 Meter pro Sekunde
Hersteller: The Archimedes, Rotterdam
Leistung: 1,5 Kilowatt
Propeller-Durchmesser: 1,5 Meter
Jahresertrag: 1000 Kilowattstunden
Montage: Mast
Zertifizierung: keine
Preis: 5000 Euro
Besonderheiten: Schneckenförmige Bauart ermöglicht einen sehr leisen Betrieb
Hersteller: WES Energy GmbH, St. Michaelsdonn
Leistung: 5 Kilowatt
Propeller-Durchmesser: 4,5 Meter
Jahresertrag: 9000 Kilowattstunden
Montage: Mast
Zertifizierung: keine
Preis: ab 16.000 Euro
Besonderheiten: Propellererstellung passt sich automatisch an die Windstärke an
Doch das ist dem Technikfan egal. Er habe einfach Spaß zuzusehen, wie Windräder sich bewegten. Sein Credo: „Andere kaufen sich teure Alufelgen, ich eine Windmühle.“
So spaßbetont denken die wenigsten, auch das zeigt die Umfrage. Sie investieren in Ökostromanlagen nur, wenn sich die Anschaffung in überschaubarer Zeit amortisiert. Und das ist bei Kleinwindrädern extrem schwierig vorherzusagen. Denn anders als bei Solarmodulen, wo vor allem Sonnenstunden zählen, hängen hier die Stromerträge von vielen kompliziert zu berechnenden Standortfaktoren ab.
Der Wind weht überall anders
Praktisch überall weht der Wind anders. Zudem sind die Turbinen vergleichsweise teuer. Und die ins Stromnetz eingespeisten Kilowattstunden werden nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) geringer vergütet als Solarstrom.
All das führt dazu, dass Privatleute derzeit gerade einmal 1500 Windturbinen pro Jahr neu aufstellen, kalkuliert Patrick Jüttemann, Herausgeber des Kleinwind-Marktreports 2014 und Betreiber des Web-Portals klein-windkraftanlagen.com. Das entspricht einer installierten Leistung von rund drei Megawatt. Das ist gerade mal die Leistung einer modernen Großwindanlage an Land.
Dennoch kann sich auch der private Windgenerator rechnen. Wer die Mühen eigener Messungen nicht scheut und clever vorgeht, kann mit Windstrom vom Dach oder aus dem eigenen Garten Geld verdienen. Jochen Twele, Professor für Energietechnik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, hat die wichtigsten Kriterien für den erfolgreichen Betrieb einer Kleinwindanlage aufgelistet.
Wie die eigene Windmühle profitabel wird
Der Jahresertrag hängt entscheidend von der Verteilung der Windgeschwindigkeiten am Standort und der Hauptwindrichtung ab. Doch Achtung, Bäume und Gebäude in der Umgebung können den Wind so verwirbeln, dass für die Flügel keine Kraft mehr übrig ist.
„Selbst kleine Hindernisse können großen Einfluss auf den Energieertrag haben“, warnt Twele. In Städten sollten Betreiber die Anlagen generell höher montieren als auf dem Land, um Strömungen ungestört nutzen zu können – etwa auf hohen Flachdächern.
Fünf Meter können den Unterschied machen
Die Suche nach der besten Position ist aufwendig. Twele empfiehlt, zuerst Daten der nächstgelegenen öffentlichen oder privaten Wetterstation auszuwerten. So lässt sich ein geeigneter Standort schon einmal eingrenzen.
Um im zweiten Schritt den ergiebigsten Platz auf eigenem Grund zu finden, rät der Experte angehenden Windmüllern, mindestens ein Jahr lang Windstärke und -richtung an unterschiedlichen Stellen zu messen: Hinten links im Garten kann die Luft viel intensiver wehen als in der rechten Ecke.
Und wenn sich die Mühle in 15 Meter Höhe dreht, liefert sie womöglich doppelt so viel Strom wie auf einem Zehn-Meter-Mast. Geeignete Messgeräte gibt es ab etwa 300 Euro.
Die 15 aussichtsreichsten Windparkprojekte vor Deutschlands Küsten
Größe: 70 qkm
Anzahl der Anlagen: 80
Einzelleistung je Anlage: 3,6 MW
Parkleistung: 288 MW
Projektentwickler: Vattenfall
Eigentümer: Vattenfall, Stadtwerke München
Investoren: Vattenfall, Stadtwerke München
Anzahl versorgter Haushalte: 400.000¹
Investitionssumme: 1000 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 2.695 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2014
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Stand: 15.09.2014
Quelle: windresearch
Größe: 41 qkm
Anzahl der Anlagen: 80
Einzelleistung je Anlage: 5,0 MW
Parkleistung: 400 MW
Projektentwickler: Windreich (in Insolvenz)
Eigentümer: Stadtwerke München, Heag, Axpo International, Exportes Offshore, Windreich, Norderland
Investoren: Stadtwerke München, Heag, Axpo International, Exportes Offshore, Windreich, Norderland
Anzahl versorgter Haushalte: 445000¹
Investitionssumme: 1700 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 3744 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2014
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 40 qkm
Anzahl der Anlagen: 80
Einzelleistung je Anlage: 3,6 MW
Parkleistung: 288 MW
Projektentwickler: WindMW
Eigentümer: Blackstone, Windland
Investoren: Blackstone, Windland
Anzahl versorgter Haushalte: 370.000¹
Investitionssumme: 1200 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 2695 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2014
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 56 qkm
Anzahl der Anlagen: 40
Einzelleistung je Anlage: 5,0 MW
Parkleistung: 200 MW
Projektentwickler: Trianel
Eigentümer: Trianel
Investoren: Trianel, Europ. Investment Bank, NRW-Bank, Dexia Kommunalbank, UniCredit
Anzahl versorgter Haushalte: 200.000¹
Investitionssumme: 800 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 1872 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2014
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 32 qkm
Anzahl der Anlagen: 80
Einzelleistung je Anlage: 3,6 MW
Parkleistung: 288 MW
Projektentwickler: E.On
Eigentümer: E.On
Investoren: E.On
Anzahl versorgter Haushalte: 300.000¹
Investitionssumme: 1000 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 2799 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2015
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 27 qkm
Anzahl der Anlagen: 80
Einzelleistung je Anlage: 3,6 MW
Parkleistung: 288 MW
Projektentwickler: EnBW
Eigentümer: EnBW
Investoren: EnBW
Anzahl versorgter Haushalte: 340.000¹
Investitionssumme: 1100 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 2675 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2015
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 36 qkm
Anzahl der Anlagen: 78
Einzelleistung je Anlage: 4 MW
Parkleistung: 312 MW
Projektentwickler: PNE 2 Riff I
Eigentümer: DONG Energy, Kirkbi, Oticon Stiftung
Investoren: DONG Energy, Kirkbi, Oticon Stiftung
Anzahl versorgter Haushalte: 320.000¹
Investitionssumme: 1250 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 2592 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2015
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 33 qkm
Anzahl der Anlagen: 80
Einzelleistung je Anlage: 3,6 MW
Parkleistung: 288 MW
Projektentwickler: wpd
Eigentümer: Marguerite Fund, Siemens Financial Service, Industriens Pension, PKA, CDC Infrasturcture, wpd Butendiek
Investoren: E.On
Anzahl versorgter Haushalte: 300.000¹
Investitionssumme: 1000 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 2799 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2015
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 24 qkm
Anzahl der Anlagen: 48
Einzelleistung je Anlage: 6,15 MW
Parkleistung: 295 MW
Projektentwickler: RWE Innogy
Eigentümer: RWE Innogy
Investoren: RWE Innogy
Anzahl versorgter Haushalte: 300.000¹
Investitionssumme: 1000 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 2869 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2015
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 42 qkm
Anzahl der Anlagen: 55
Einzelleistung je Anlage: 6 MW
Parkleistung: 330 MW
Projektentwickler: Dong Energy
Eigentümer: Dong Energy
Investoren: Dong Energgy
Anzahl versorgter Haushalte: 340.000¹
Investitionssumme: 1250 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 3207 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2016
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 46 qkm
Anzahl der Anlagen: 80
Einzelleistung je Anlage: 5 MW
Parkleistung: 400 MW
Projektentwickler: Nordsee Offshore MEG
Eigentümer: Windreich (in Insolvenz)
Investoren: keine Angaben
Anzahl versorgter Haushalte: 445.000¹
Investitionssumme: 1400 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 3780 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2018
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 6 qkm
Anzahl der Anlagen: 18
Einzelleistung je Anlage: 6,15 MW
Parkleistung: 111 MW
Projektentwickler: wpd
Eigentümer: wpd
Investoren: wpd
Anzahl versorgter Haushalte: 140.000¹
Investitionssumme: 300 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 1046 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2018
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 33 qkm
Anzahl der Anlagen: 54
Einzelleistung je Anlage: 6,15 MW
Parkleistung: 332 MW
Projektentwickler: Rwe Innogy
Eigentümer: RWE
Investoren: RWE
Anzahl versorgter Haushalte: 300.000¹
Investitionssumme: 1100 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 3138 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2018
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 66 qkm
Anzahl der Anlagen: 72
Einzelleistung je Anlage: 4 MW
Parkleistung: 288 MW
Projektentwickler: Vattenfall
Eigentümer: Vattenfall, Stadtwerke München
Investoren: Vattenfall, München
Anzahl versorgter Haushalte: 370.000¹
Investitionssumme: 1200 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 2722 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2018
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Größe: 35 qkm
Anzahl der Anlagen: 70
Einzelleistung je Anlage: 5 MW
Parkleistung: 350 MW
Projektentwickler: Iberdrola
Eigentümer: Iberdrola
Investoren: Iberdrola
Anzahl versorgter Haushalte: 400.000¹
Investitionssumme: 1500 Mio. Euro
Einnahmen nach 20 Jahren: 3612 Mio. Euro²
Voraussichtliche Inbetriebnahme: 2018
¹Angaben der Projektentwickler, zum Teil geschätzt; ²Aus Einspeisevergütung
Entscheidend ist auch, für welche Windverhältnisse die jeweilige Mühle ausgelegt ist. Viele Hersteller liefern unterschiedliche Rotorblätter für Regionen mit starken oder mittleren Strömungen. Manche sind leichter gebaut und beginnen schon beim kleinsten Luftzug zu rotieren, andere, stabilere dagegen brauchen je nach Bauart schon eine stärkere Brise.
Doch selbst wenn alle Messungen positiv sind, können Interessenten ihre Pläne nicht realisieren, weil sie keine Genehmigung für Masten bekommen, die höher sind als – genehmigungsfreie – zehn Meter. Oder der Nachbar legt Einspruch ein, weil er eine Geräuschbelästigung fürchtet.
Die Stromausbeute kann auch Nebensache sein
Ein Ausweg könnten dann vertikal rotierende Anlagen sein, denn sie laufen besonders leise. Allerdings ist ihr Wirkungsgrad meist geringer als der von Mühlen mit horizontal rotierenden Flügeln. Doch an einem Standort mit stark drehenden Winden sind sie oft trotzdem die bessere Wahl.
Denn ehe sich ein horizontales Windrad neu ausgerichtet hat, vergeht einige Zeit, und die Stromproduktion sinkt merklich. Horizontale Mühlen dagegen laufen immer, egal, woher der Wind weht.
In manchen Fällen ist die Stromausbeute eh sekundär – etwa, wenn die vertikalen Mühlen vor allem als Werbeträger dienen. Die Logos auf den Flügeln sind weithin zu sehen, das ist die Hauptsache. Netzstrom zu sparen ist dann ein lukratives Zubrot.
Eine typische Mühle mit 3,5 Kilowatt Leistung kostet rund 9000 Euro. Sie liefert an guten Standorten bei einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von fünf Metern pro Sekunde etwa 5000 Kilowattstunden Strom im Jahr. Das ist mehr als ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt verbraucht. Wer so erzeugten Strom einspeist, erhält dafür bei Anlagen, die dieses Jahr ans Netz gehen, nur noch 9,13 Cent pro Kilowattstunde.
Lange Amortationszeit
Da lohnt es, die Energie besser selbst zu nutzen. Wer etwa 80 Prozent des Windstroms im eigenen Haushalt verbraucht, kann rund 1000 Euro pro Jahr sparen. Das erfordert allerdings eine Batterie, die Strom für windarme Zeiten speichert.
Sie kostet derzeit rund 10.000 Euro, was die Amortisationszeit etwa verdoppelt. Das macht einen erstklassigen Standort umso wichtiger: Wo nicht genug Wind weht, rechnet sich diese Art der Stromversorgung nicht.
Wem weniger Rendite als Autarkie am Herzen liegt, der kann das Windrad noch um eine Solaranlage ergänzen. Das kostet allerdings 3000 bis 5000 Euro zusätzlich. Noch mehr Unabhängigkeit vom Versorger gewinnt, wer mit der Windkraft seine Heizung unterstützt. Denn gerade in der kalten Jahreszeit weht der Wind oft kräftig.
Dann wärmt ein Heizstab nicht nur das Wasser im sonst etwa von der Gastherme befeuerten Speicher zusätzlich auf. Es treibt auch bei der persönlichen Energiewende den Selbstversorgungsgrad nochmals merklich Richtung 100 Prozent.