Web-TV Die Zukunft des Fernsehens

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Grafik: Videoplattformen

Doch all das ist erst der Anfang. Denn auf Dauer werden Internet und Fernsehen verschmelzen. Einen Vorgeschmack auf diese neue Unterhaltungswelt gab die Amtseinführung von US-Präsident Barack Obama: Für das Ereignis verknüpfte CNN das Livebild im Internet mit der Kommentarspalte von Facebook. Weltumspannend konnten die Menschen dadurch sehen und kommentieren, was ihre Freunde dachten. Mehr als eineinhalb Millionen Livemeldungen gingen während der Sendung ein.

Immerhin gut 50 000 Zuschauer verfolgten und diskutierten auf ähnliche Weise den Auftritt von Shootingstar Lena Meyer-Landrut beim Eurovision Song Contest. Auch wer alleine vor dem Bildschirm sitzt: Mit der neuen Technik ist es ein wenig wie gemeinsam fernsehen. Dabei will die Masse der Zuschauer Filme und Serien aus dem Netz nicht bloß auf dem Laptop-Monitor betrachten, sondern auch im Wohnzimmer, auf dem Fernseher: Laut einer Studie der Strategieberatung Deloitte will rund jeder zweite Deutsche seinen nächsten Fernseher ans Internet anschließen. Bei jungen Zuschauern liegt der Anteil noch deutlich darüber.

Für die TV-Hersteller ist das die Chance, gegenüber der Computerindustrie verlorenes Terrain wieder gutzumachen. Ob Philips oder Sony, Loewe oder Samsung, alle Branchengrößen präsentieren auf der IFA Fernseher, die neben dem TV-Anschluss auch einen Stecker oder einen Funkempfänger für den Internet-Zugang besitzen und so zusätzlich den Weg in die Online-Welt öffnen. „Statt Geräten klassischer Bauart haben wir künftig Multimedia-Plattformen in den Wohnzimmern“, sagt Wolfgang Schuldlos, Geschäftsführer der Münchner Media-agentur ZenithOptimedia.

Internet wächst in den Fernseher hinein

Das Internet wächst sozusagen in den Fernseher hinein. Online-Videotheken wie der ProSiebenSat.1-Ableger Maxdome, das Filmportal der Deutschen Telekom, Videoload, oder der Web-Verleih Acetrax werden direkt per Mattscheibe erreichbar. Maxdome etwa bietet unter anderem Zugriff auf 1500 Kinohits wie Avatar oder Alice im Wunderland. Zudem liefert die Online-Videothek auf Wunsch 5000 Episoden aus TV-Serien und 800 Konzerte und Musikvideos.

Hersteller wie Panasonic, Philips oder Technisat haben Web-Videotheken schon in die Programmübersichten ihrer Fernseher integriert. Ein Druck auf den Knopf fürs Internet-Menü öffnet die Filmauswahl. Kundennummer eingeben, und die Wiedergabe läuft. Die bisher erforderliche Empfängerbox für Internet-Videos wird genauso überflüssig wie die Videothek um die Ecke.

Wo der Trend hingeht, zeigt der US-Online-Videoverleih Netflix. Ab September können Kunden dort Blockbuster der Studios Paramount Pictures, MGM und Lions Gate wenige Monate nach dem Kinostart als Video via Internet ansehen. Geschätzte 900 Millionen Dollar lässt sich Netflix das über fünf Jahre kosten.

Das Geld ist gut angelegt. Denn keine TV-Innovation zuvor hat sich mit ähnlichem Tempo durchgesetzt wie die Hybridfernseher: Obwohl erste Geräte mit Internet-Anschluss erst im Mai 2009 in den Handel kamen, machen sie heute mehr als ein Drittel des deutschen TV-Geschäfts aus. Knapp 167 Millionen Euro setzte die Branche im Juni damit um.

Im Jahr 2015, so die Prognose der TV-Strategen von Goldmedia, sollen bereits 23 Millionen internetfähige Fernsehgeräte in den deutschen Wohnzimmern stehen. Das entspräche fast zwei Dritteln aller 37 Millionen TV-Haushalte.

Nichts illustriert den Wandel der Fernsehwelt stärker als der rote Knopf auf der Fernbedienung. Damit können Zuschauer künftig direkt aus dem Programm heraus Zusatzinformationen abrufen: Wer möchte, kann sich im TV-Bild einen roten Punkt einblenden lassen, sobald die Sender zusätzliche Texte, Bilder und Videos zum Programm im Internet bereitstellen. Beim Druck auf den Knopf erscheinen dann Vorschauvideos, Fotos von den Dreharbeiten oder detaillierte Sportergebnisse aus dem Internet-Angebot der Sender. Selbst Bestellformulare für Produktproben während Werbepausen lassen sich so auf den TV-Schirm holen.

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