Teurer Blödsinn

Welche fünf Wundermittel Sie vergessen sollten – und welche fünf Vorsorgemaßnahmen sinnvoll sind.

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Vitamine, Botox und Wachstumshormone – die Zahl angeblicher Jungbrunnenelixiere ist riesig. Was davon aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht sinnvoll und was Humbug ist, bewertet der Präsident der German Society of Anti-Aging Medicine, der Fürther Gynäkologie-Professor Bernd Kleine-Gunk, für die Leser der WirtschaftsWoche.

Vitamintabletten gehören zu den Klassikern der Anti-Aging-Medizin. Sie sollen beispielsweise die schädlichen freien Radikale abfangen, die erwiesenermaßen den Alterungsprozess in Zellen und Geweben fördern. Dass Vitamincocktails oder die hoch dosierte Gabe einzelner Vitamine das Altern aufhalten, ließ sich bisher aber nicht beweisen.

Energy-Drinks wie Red Bull haben in der Szene den Nimbus von gesunden Fitmachern. Doch angesichts des enorm hohen Zuckergehalts sind sie laut Kleine-Gunk eher „Dick- und Altmacher“. Mit diesen Wachmachern könne man zwar eine Nacht durchtanzen, doch das Aufputschen sei „Raubbau am Körper“.

Wachstumshormone in Pillenform sind derzeit der Renner auf dem Anti-Aging-Markt, weil sie frei verfügbar und günstiger sind als die Originalspritzen. Doch ein Hormon wie HGH (Human Growth Hormone) zu schlucken sei völlig wirkungslos, sagt Kleine-Gunk: „Es wird restlos verdaut.“

Botox als Creme in die Haut einzumassieren sei ähnlich sinnfrei. Wird das Nervengift in Muskeln gespritzt, die beim Lachen oder Sprechen Falten machen, lähmt es diese Muskeln bis zu einem halben Jahr lang und glättet so die Haut. Zu glauben, der Wirkstoff werde aus der Creme in den Muskel gelangen, findet der Anti-Aging-Experte jedoch grotesk: „Das ist, als wenn ich mir ein Schnitzel auf den Bauch lege, wenn ich Hunger habe, und hoffe, dass es einzieht.“

Colon-Hydrotherapie ist der moderne Name für eine uralte Therapie, die des Einlaufs. Dass die Fäulnis im Darm todbringend sei, hatten schon die alten Ägypter geglaubt und sie mit Spülungen des Darms zu bekämpfen versucht. Damals wie heute ohne messbaren Erfolg.

Omega-3-Fettsäuren seien als Nahrungsergänzungsmittel dagegen zu empfehlen, um dem Altern vorzubeugen, sagt der Anti-Aging-Experte. Denn ein allgemeiner Alterungsfaktor sind sogenannte unterschwellige chronische Entzündungen, das haben Forscher inzwischen erkannt. Die Entzündungen werden von Botenstoffen, den Zytokinen, vermittelt. Dabei werden die entzündungsfördernden unter ihnen aus gesättigten Fettsäuren aufgebaut. Die schützenden, anti-entzündlichen Zytokine dagegen aus ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren. Die sind zwar auch in Seefisch enthalten. Aber da die meisten Menschen zu wenig davon essen, sei eine künstliche Zufuhr sinnvoll, glaubt Kleine-Gunk: „Es schützt vor Arteriosklerose, Alzheimer und Krebs.“

Vitamin D fehle im Winter fast allen Menschen, weil dieses Vitamin nur unter Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet wird. Ein Zusatz in der dunklen Jahreszeit beuge Osteoporose, Krebs und Winterdepressionen vor und sei zudem preiswerter als manche Wunderdroge, sagt der Arzt: „Für weniger als zehn Euro kommen Sie durch den ganzen Winter.“

Sport und Bewegung sind noch günstiger zu haben – und als Jungbrunnen mindestens so wirksam, wenn man nicht gerade Risikosportarten betreibe, argumentiert Kleine-Gunk.

Sich ausgewogen zu ernähren und Übergewicht zu vermeiden ist nach Ansicht des Anti-Aging-Experten allerdings die wirksamste Maßnahme gegen das Altern und seine Gebrechen. Sein Fazit: „Das klingt zwar fürchterlich banal, aber es hilft.“

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