Übernahme durch Edeka Tengelmann braucht einen Plan B

Rund 16.000 Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann bangen seit Monaten um die Zukunft ihrer Jobs. Eine Komplettübernahme durch Edeka wird immer unwahrscheinlicher. Dabei gäbe es für TEngelmann-Chef Haub Alternativen.

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Der Tengelmann-Chef muss sich allmählich eine Alternative zu dem Edeka-Deal einfallen lassen. Quelle: dpa

Mülheim/Ruhr Für Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub wird es Zeit, nach einem Plan B für die Zukunft der rund 450 Kaiser's-Tengelmann-Supermärkte und deren 16.000 Beschäftigte zu suchen. Nach dem Bundeskartellamt hat nun auch die Monopolkommission einstimmig seinen Plänen zum Verkauf der Geschäfte an Deutschlands größten Lebensmittelhändler Edeka eine Absage erteilt. Es wird damit immer unwahrscheinlicher, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Minister-Erlaubnis für die Fusion erteilt.

Nur in vier der 14 Fälle, in denen die Monopolkommission in der Vergangenheit von der Erteilung einer Sondererlaubnis abriet, setzte sich der Minister am Ende über die Empfehlung der Wettbewerbshüter hinweg – das letzte Mal vor 13 Jahren. Bei allen anderen wurde die Erlaubnis entweder nicht erteilt oder der Antrag zurückgezogen.

Auffällig ist, wie breit die Ablehnungsfront ist, der sich Haub und Edeka-Chef Markus Mosa gegenübersehen. Nicht nur die Wettbewerbsexperten des Bundeskartellamtes und der Monopolkommission lehnen den Zusammenschluss der Supermarktketten ab. Auch bei der Gewerkschaft Verdi finden die Pläne bislang wenig Sympathie.

Und sogar die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam begrüßte das Nein der Monopolkommission. Denn sie befürchtet, Edeka könne nach der Übernahme in Preisverhandlungen noch mehr Druck auf Lieferanten in Übersee ausüben, was etwa die Existenz von Kleinbauern und Plantagenarbeitern in den Erzeugerländern gefährde.

Dabei werben Haub und Mosa mit einem Argument, das ihnen eigentlich breiten öffentlichen Rückhalt sichern sollte: Nur mit der Komplettübernahme durch Edeka sei der Erhalt der mehr als 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann zu sichern. Haub warnte erst kürzlich, sonst drohten 8.500 Menschen ohne Not ihre Arbeitsplätze zu verlieren. Es könne dann zur Zerschlagung des Unternehmens kommen.


Gewerkschaft fordert mehr Beweglichkeit

Doch richtig überzeugen konnten bisher offenbar weder die Drohungen noch die Versprechungen der Händler. Die Monopolkommission kommt in ihrem Sondergutachten zu dem Ergebnis, dass bei einer Fusion der Supermarktketten negative Auswirkungen auf den Wettbewerb sicher, die in Aussicht gestellten Arbeitsplatzeffekte aber eher ungewiss seien. „Eine rechtsverbindliche Garantie für den Erhalt aller bestehenden Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann enthält auch der von den Antragstellern geschlossene Kaufvertrag nicht“, heißt es darin.

Im Gegenteil: Nach Einschätzung der Kommission wäre auch mit der Übernahme durch Edeka „mittel- und langfristig ein Arbeitsplatzabbau in nicht unerheblicher Höhe verbunden“. Es sei nicht einmal sicher, dass mit der Übernahme durch Edeka mehr Jobs dauerhaft erhalten würden als bei einer Veräußerung an andere Unternehmen.

Auch die Gewerkschaft Verdi sieht in den bisherigen Angeboten von Edeka keine verlässliche Garantie für die Beschäftigten. Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger appellierte an Haub, bei der Suche nach einer Lösung mehr Beweglichkeit zu zeigen: „Es ist verantwortungslos, immer wieder mit der angeblich alternativlosen Zerschlagung von Kaiser's Tengelmann zu drohen, sollte der Deal mit Edeka nicht zustande kommen.“ Die Gewerkschaft plädierte für einen von der Politik initiierten „runden Tisch“. Tengelmann und Edeka wollten sich am Montag nicht zu dem Verfahren äußern.

Alternativen zu einem Verkauf des kompletten Filialnetzes an Edeka gibt es durchaus. Der große Edeka-Konkurrent Rewe hat sein Interesse an den Kaiser's Tengelmann-Filialen sogar per Zeitungsannonce in die Welt hinausposaunt. Er müsste allerdings wohl wie Edeka mit Problemen beim Kartellamt rechnen.

Die Schweizer Handelsgenossenschaft Migros hat ebenfalls Interesse an zahlreichen Filialen signalisiert. Die Schweizer könnten zumindest die 130 Tengelmann-Geschäfte in Bayern gut zur Abrundung des Filialnetzes ihrer Deutschland-Tochter Tegut gebrauchen. Die Kieler Coop bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, an einzelnen Filialen interessiert zu seien. Dies gelte besonders für Geschäfte im Raum Berlin-Brandenburg. Für manche Läden könnte es allerdings schwierig werden. Das gilt vor allem für die Region Nordrhein, wo viele Filialen als unattraktiv gelten.

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