Tagung des internationalen Bankenverbandes IIF Ackermann drängt auf neue Bilanzregeln

Am heutigen Donnerstag legt der internationale Bankenverband IIF mit Josef Ackermann an der Spitze neue Vorschläge für Bilanzstandards vor. Da ist Streit programmiert.

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BERLIN/FRANKFURT. Die Banken starten eine Großoffensive, um einer schärferen Regulierung infolge der Finanzkrise zu entgehen. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann wird in Washington in seiner Eigenschaft als Präsident des Institute of International Finance (IIF) das Konzept der internationalen Großbanken vorstellen. Nach Handelsblatt-Informationen geht es dabei um eine Anpassung der Bilanzregeln, die der Finanzbranche künftig den Ausweis allzu hoher Verluste ersparen sollen, sowie um einen Branchenkodex für Managergehälter. Insbesondere der erste Punkt dürfte bei den Regulierern auf wenig Gegenliebe stoßen.

Der Auftritt Ackermanns in Washington wird nicht nur wegen der Inhalte, die der Bankchef präsentiert, mit Spannung erwartet, sondern auch, weil ihm ein Eklat vorausgegangen war: In der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass mit Goldman Sachs eine der führenden Investmentbanken aus dem IIF ausgetreten ist. Das US-Institut hatte die sich abzeichnenden Vorschläge des IIF kritisiert.

Die Diskussion dreht sich vor allem um den zentralen Punkt der neuen Bilanzstandards. Danach schlägt der IIF vor, bei einem starken Kursverfall von Wertpapieren den Banken eine Bilanzierung zu ermöglichen, die diesen Verlust nicht in voller Höhe abbildet. Es soll etwa erleichtert werden, Wertpapierbestände zwischen einzelnen Bilanzpositionen, für die unterschiedliche Bewertungsregeln gelten, zu verschieben. Bisher müssen Banken Papiere, die sie einmal im Handelsbestand gebucht haben, dort bis zum Verkauf belassen und bei Kursverlusten abschreiben. Nach den neuen Plänen dürften sie diese Papiere in eine längerfristige Position umbuchen und müssten sie nicht sofort wertberichtigen.

Die Investmentbank Goldman Sachs, die unter den führenden Instituten bislang mit am besten durch die Krise gekommen ist, bemängelt, dass so nötige Transparenz verlorengeht. Auch andere Institute wie Morgan Stanley hatten Bedenken geäußert. In Finanzkreisen heißt es allerdings, dass Goldman Sachs eigene Regeln ausarbeiten will. Der für diese Fragen zuständige Goldman-Sachs-Manager Gerald Corrigan habe ein Regelwerk entwickelt, das mit dem IIF-Kodex, den Ackermann präsentieren wird, kollidiere.

Hintergrund des IIF-Vorstoßes ist der drastische Kursverfall bestimmter Wertpapiere infolge der Finanzkrise. Er hat zunehmend die Gefahr einer Abwärtsspirale heraufbeschworen, bei der schwindendes Vertrauen der Investoren zu Verlusten der Finanzbranche und das zu noch größerer Angst bei den Anlegern führt. Die Vorschläge des IIF zielen nun vor allem darauf, diesen Mechanismus zu durchbrechen, indem nicht jeder Vertrauensverlust sich unmittelbar auch in einem Buchverlust niederschlägt.

Aus Sicht der Banken ist die Veröffentlichung der Start zu einem internationalen Konsultationsprozess mit Aufsehern, Regulierern und den Verantwortlichen für Bilanzrichtlinien. Bislang haben sich die Regulierungsbehörden gegen derartige Vorschläge gewandt. Sie pochen auf ihre Vorschriften, wonach Verluste dann in der Bilanz sichtbar gemacht werden müssen, wenn sie aufgetreten sind.

Allerdings gilt die Position der Aufseher als geschwächt: Wenn Märkte für bestimmte Wertpapiere völlig zusammenbrechen und sich keine Preise mehr bilden, können auch nach den geltenden Vorschriften die Banken diese Papiere schon nach Rechenmodellen bewerten, die auf künftig zu erwartende Zahlungen abzielen und müssen sie nicht auf null abschreiben.

Während die von Ackermann repräsentierten Großbanken hier für Zündstoff sorgen, zeigen sie dem Vernehmen nach bei einem anderen Punkt Einsicht: Der IIF ist bereit, dass Einschränkungen bei der Bewertung nach Marktwerten "symmetrisch" erfolgen sollen. Das heißt: In guten Jahren könnten dann Kurssteigerungen der Wertpapiere im Bankvermögen auch nicht mehr ohne weiteres als Gewinne gebucht werden.

Für große Aufmerksamkeit wird auch ein zweiter IIF-Vorschlag sorgen: zur Bezahlung von Führungskräften im Finanzsektor. Für sie will der IIF eine Selbstbeschränkung einführen. Die Anreizsysteme für Manager sollen so umgestaltet werden, dass diese ihre Häuser nicht in immer höhere Risiken treiben, um ihre Bezüge mittels besonders üppiger Boni aufzubessern.

Hintergrund: Der Weltverband

Das Institut of International Finance (IIF) ist 1983 gegründet worden. Es hat knapp 380 Mitglieder aus mehr als 70 Ländern. Mitglieder sind Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter. Vorsitzender ist Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann.

Das IIF bezeichnet sich selbst als "weltweit einflussreichste Vereinigung von Finanzinstitutionen". Einen anderen globalen Verband für private Finanzinstitute gibt es nicht. Das IIF kann aber nur Vorschläge zu Bilanzierung und Regulierung unterbreiten.

Zuständig sind nationale Behörden oder länderübergreifend etwa die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Die internationalen Bilanzvorschriften IFRS arbeitet die Non-Profit-Organisation IASB aus. Den Standard US-GAAP die US-Behörden.

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