Versicherung Allianz: Ein Drittel der Agenturen vor dem Aus?

Dem Allianz-Konzern steht offenbar ein großflächiger Verlust von Versicherungsagenturen bevor. Ein hoher Allianz-Manager sagte der WirtschaftsWoche, dass rund ein Drittel der 10.000 niedergelassenen Allianz-Agenturen große wirtschaftliche Probleme haben und die Zahl der Agenturkündigungen deutlich zunimmt.

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Der blau illuminierte Quelle: dpa

„Rund ein Drittel der Agenturen haben ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten, in manchen Gegenden Deutschlands sind es deutlich mehr“, berichtet der Manager. Aufgrund hoher Verschuldung bei der Einrichtung der Agenturen, verschärften Wettbewerbs, mangelnder Qualifikation der Vertreter und rigider Vorgaben der Allianz werde die Situation der Agenturen immer schwieriger. „In den kommenden Jahren“, so die Einschätzung des Insiders, „wird bei jeder dritten Allianz-Vertretung das Licht ausgehen.“

Nach Informationen aus dem Unternehmen haben im vergangenen Jahr allein in Bayern rund 15 Prozent der Agenturen ihren Vertrag mit der Allianz gekündigt. Diese Zahl wollte die Allianz gegenüber der WirtschaftsWoche nicht kommentieren. Bundesweit sei „die Fluktuationsquote seit zehn Jahren stabil“, sagte ein Allianz-Sprecher.

Grund für die Probleme sind die weiter steigenden Vorgaben für die Agenturen bei gleichzeitigem Personalabbau bei der Allianz, der zu immer längeren Abwicklungszeiten führt. Allein in Nordwestdeutschland sollen derzeit 54.000 Verträge und Schäden unbearbeitet sein, weil das Personal fehlt. Die Allianz räumte gegenüber der WirtschaftsWoche zwar ein, dass beim Unternehmensumbau „aufgrund technischer Anfangsprobleme, der notwendigen Schulungen und Umzüge sowie durch den Personalabbau Arbeitsrückstände entstanden sind“. Seit Ende 2007 liefen die Systeme jedoch „stabil“, sagt ein Allianz-Sprecher. Die Arbeitsrückstände lägen „bundesweit betrachtet leicht über Vorjahresniveau“. Man sei zuversichtlich, dass es gelinge, die „Rückstände Schritt für Schritt in den Griff zu bekommen und die Auswirkungen für unsere Kunden und Vertreter so gering wie möglich zu halten“.

Die Probleme führen dazu, dass Leistungsträger dem Konzern den Rücken kehren. Allianz-Personalvorstand Ulrich Schumacher hat deshalb eine „Integrierte Personalstrategie zum Entgegenwirken der Fluktuation von Leistungsträgern“ entwickelt. Aus dem vertraulichen Strategiepapier, das der WirtschaftsWoche vorliegt, geht hervor, dass es zwischen Anfang 2006 und Sommer 2007 „kritische Abgänge von Leistungsträgern“ im Controlling, bei IT- und Finanzspezialisten sowie bei den Versicherungsmathematikern gab. „30 Prozent der Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen haben, werden als Leistungsträger eingeschätzt“, heißt es in dem Papier. Dem sei mit „Kurzfristmaßnahmen“ zu begegnen.

Offenbar gilt die Sorge aber nur den identifizierten Leistungsträgern. Weitere interne Unterlagen der Personalabteilung lassen keinen Zweifel daran, dass es Bereiche und Mitarbeitergruppen gibt, in denen Fluktuation erwünscht ist. In einem „arbeitgeberinternen Verhandlungspapier“ gibt Schumacher die Anweisung: „Für die Umsetzung des ZBM (Anm. der Red.: neues Betriebsmodell der Allianz) ist Druck auf Ortsveränderungen und Änderung der Arbeitsinhalte zwingend erforderlich, um einvernehmliche Lösungen zu fördern“.

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