Denkfehler-Musterfall „Encyclopedia Britannica“

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bab DÜSSELDORF. Oft verpassen Unternehmen einen Trend, den eine neue technische Entwicklung aufzeigt. Nehmen wir zum Beispiel die Beinahe-Pleite der „Encyclopedia Britannica“ – einst eine der stärksten und bekanntesten Marken der Welt. Seit 1990 ist der Verkauf des vielbändigen lexikalischen Werkes dramatisch abgesackt. Der Grund? Computer und CD-Rom machten elektronische Lexika wie zum Beispiel „Encarta“ von Microsoft möglich – und billiger. Die Herstellungskosten der „Encyclopedia“ – Drucken, Binden, Versenden – belaufen sich auf 200 bis 300 Dollar, die Produktionskosten einer CD auf 1,50 Dollar. Doch die Herausgeber der „Encyclopedia“ hielten Produkte wie das von Microsoft nur für einen schlechten Witz, für die elektronische Version eines minderwertigen Produktes. Und in der Tat stammte die Lizenz für die „Encarta“ von einem Verlag, der bislang ein Billiglexikon über Supermärkte vertrieben hatte. Die Briten betrachteten „Encarta“ als ein Spielzeug und blieben tatenlos. Wohl auch, weil sie nicht verstanden hatten, was ihre Kunden eigentlich bei ihnen kaufen. Eltern zum Beispiel kauften das mächtige Werk weniger wegen seines intellektuellen Gehalts, sondern weil sie ihren Kindern etwas Gutes tun wollten. Doch inzwischen kaufen Eltern ihren Kindern gleich einen Computer – und die Hersteller liefern eine entsprechende Lexikon-Software oft gratis mit. Als die Briten das verstanden hatten, lieferte das „Encyclopedia“-Management die Druckversion seines Lexikons mit einer CD aus – Menschen, die nur die elektronische Version haben wollten, sollten aber immer noch 1 000 Dollar dafür berappen. Inzwischen versucht ein neues Management, das Geschäft mit dem Internet aufzubauen.

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