Mittelstandsfinanzierung Ein Fonds entzweit die Finanzbranche

KfW und Commerzbank wollen Mittelständler mit Eigenkapital aushelfen. Doch der geplante neue Mittelstandsfonds von KfW und Commerzbank sorgt schon vor seinem Start für massive Verärgerung bei Beteiligungsgesellschaften und Teilen der Kreditwirtschaft. Banken sehen die Neutralität der KfW verletzt.

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KfW-Zentrale in Frankfurt. Verletzt die staatliche Bank ihre Neutralität, indem sie der privaten Kreditwirtschaft Konkurrenz macht? Quelle: dpa

FRANKFURT. Die Private-Equity-Branche sieht in dem zunächst vermutlich 200 bis 250 Mio. Euro schweren Fonds eine Wettbewerbsverzerrung. Die Kreditinstitute bemängeln, dass sich die KfW vorschnell auf einen Kernpartner festgelegt hat. Kritiker werfen dem Fonds außerdem schon jetzt vor, dass er nur kosmetische Wirkung haben wird.

Der KfW-Verwaltungsrat soll heute den Start des Fonds absegnen - und so mitten in der Spardebatte den Grundstein für eine weitere Subvention legen. In der Vorlage für das Gremium ist von "marktgerechten, aber mittelstandsfreundlichen Konditionen" für Investments die Rede, um die knappe Eigenkapitaldecke, unter der viele Mittelständler leiden, zu stärken. Die Formulierung legt nahe, dass die Firmen über den Mittelstandsfonds günstiger an Geld kommen sollen, als über private Fonds, die ihnen Geld zu Marktpreisen zur Verfügung stellen. Aus ordnungspolitischer Sicht überrascht das: Gerade die schwarz-gelbe Regierung hatte angekündigt, die Rolle des Staats in der Wirtschaft zurückzufahren.

Konkurrenten wittern politischen Druck

"In der Branche findet keiner lustig, dass sich der Staat jetzt direkt ins Private-Equity-Geschäft einmischt", sagt der Manager eines seit langem am Markt etablierten Mittelstandsfonds. "Vermutlich gab es da politischen Druck von ganz oben." Schließlich sei die Commerzbank mit einer 25-prozentigen Beteiligung des Bundes ja auch "teilstaatlich". Commerzbank und KfW wollten sich zum Thema nicht äußern. Im Umfeld der Initiatoren hieß es, die Maßnahme habe natürlich Fördercharakter. Vor allem gehe es darum, die Scheu vieler Familienbetriebe auszuräumen, sich Eigenkapital zu holen. Am Ende des Engagements soll der Rückkauf der Minderheitsanteile stehen - nicht etwa ein Börsengang oder der Weiterverkauf an andere Investoren. "Negativbeispiele hat es gegeben", heißt es bei der KfW.

Banken sehen die Neutralität der KfW verletzt

Die Rückgabe an die Eigentümer ist aber auch bei etablierten Fonds wie Hannover Finanz, Nord Holding oder Deutsche Beteiligungsgesellschaft (DBAG) üblich. Denn der Firmeneigentümer ist der naheliegendste Käufer. Allerdings haben Finanzinvestoren bestimmte Preisvorstellungen - und fordern auch alternative Möglichkeiten für ihren Ausstieg. Eine generelle Ablehnung gegen Minderheitsbeteiligungen gibt es aber nicht. So kündigte die DBAG im März an, einen 200 Mio. Euro schweren Fonds für Minderheitsinvestments und stille Beteiligungen aufzulegen. Genau diese Instrumente plant auch das KfW-Commerzbank-Gespann. Verwaltungsratskreisen zufolge sollen die Einzelinvestments fünf bis acht Jahre dauern und sich an Firmen mit einem Umsatz von 50 bis 500 Mio. Euro richten. Namentlich will sich kein Finanzinvestor zu dem umstrittenen neuen Mittelstandsfonds äußern - wohl auch, weil die KfW zum Teil selbst Geld in private Wagniskapitalfonds steckt oder mitunter als Co-Investor auftritt. Beim Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) begrüßt man die Initiative - merkt aber zugleich an, dass vier Mrd. Euro privates Kapital bereit steht (siehe Interview).

Selbst in Teilen der Kreditwirtschaft wird der Plan attackiert. "Die KfW hat sich damit gerechtfertigt, dass sie mit keinem großen Engagement der Kreditwirtschaft rechne und sei deshalb an die Commerzbank herangetreten", hieß es in Finanzkreisen. Dennoch stelle sich die Frage, ob die KfW durch das gemeinsame Vorpreschen mit der Commerzbank nicht ihre Neutralität verletzt habe. Im KfW-Umfeld heißt es, dass beide Banken zunächst fast die Hälfte der Mittel beisteuern sollen. Kritikern wird entgegen gehalten, der extern gemanagte Fonds sei durchaus offen für weitere Kapitalgeber und könne auf bis zu 500 Mio. Euro anwachsen.

Außer Frage steht, dass er selbst mit dieser Größe kaum dazu beitragen könnte dem deutschen Mittelstand unter die Arme zu greifen. Finanzexperte Michael Grote von der Frankfurt School of Finance & Management sieht in der Initiative vor allem ein Mittel der Imagepflege. "Wer sich für den Mittelstand einsetzt, kann generell Pluspunkte sammeln", urteilt er. Der Fonds werde über mehrere Jahre verteilt in Summe bestenfalls 20 bis 30 Investments abschließen. " Verglichen mit der Größe der deutschen Wirtschaft ist das eine irrelevante Zahl", resümiert Grote. Er habe Zweifel ob es notwendig sei, einen solchen Fonds anzubieten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht das anders. "Der BDI würde eine solche Initiative sehr unterstützen", schrieb Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf.

Höppner: "Vier Milliarden Euro liegen bei uns bereit"

Dörte Höppner ist Geschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK). Handelsblatt-Reporter Hans G. Nagl sprach mit ihr über den geplanten KfW-Mittelstandsfonds und die brancheneigenen Angebote von Private Equity.

Handelsblatt: Frau Höppner, KfW und Commerzbank wollen einige Hundert Mio. Euro Eigenkapital für Minderheitsbeteiligungen zur Verfügung stellen. Wildern damit beide Häuser nicht genau in Ihrem Markt?

Dörte Höppner: Alle Initiativen, die dazu dienen, die Eigenkapitalausstattung der deutschen Unternehmen zu verbessern, sind hochwillkommen. Gerade wenn es um langfristiges Investitionskapital geht, verzeichnen wir derzeit steigende Nachfrage. Und der Umstand, dass hierzulande Firmen auf der Eigenkapitalseite traditionell eher schwach aufgestellt sind, ist seit Jahren bekannt.

HB: Man fragt sich aber, ob es denn hier keine Antwort von Private Equity gibt, wenn sich die KfW offenbar genötigt sieht, mit Partnern in den Markt zu gehen ?

Höppner: Natürlich haben wir eine Antwort! Unsere Mitglieder unterstützen seit Jahren Unternehmen in allen Branchen und Größenklassen mit verschiedensten Formen von Eigenkapital. Das geht vom Start-up aus der Garage über den Mittelständler bis zum großen Industriekonzern. Unsere Branche hat 2008 und 2009 in Summe elf Mrd. Euro Eigenkapital in etwa 2000 deutsche Firmen investiert.

HB: Aber Minderheitsbeteiligungen spielen dabei doch kaum eine Rolle?

Höppner: Das ist ein Irrtum. Die Mehrheit der 2000 Investitionen waren Minderheitsbeteiligungen. Auch bei den Mittelstandsfinanzierungen gab es im letzten Jahr deutlich mehr Wachstums- beziehungsweise Minderheitsfinanzierungen als Mehrheitsbeteiligungen. Die Branche ist sich sehr wohl der hohen Nachfrage in diesem Bereich bewusst und hat noch viel trockenes Pulver. Einer aktuellen Umfrage unter unseren Mitgliedern zufolge liegen vier Mrd. Euro Kapital für solche Wachstumsfinanzierungen bereit.

HB: Wenn der Markt ohnehin alles zur Verfügung stellt, kann die Initiative von KfW und Commerzbank doch nur Wettbewerb verzerrend sein, oder?

Höppner: Wie gesagt, jedes neue Angebot ist sinnvoll und willkommen. Aber wir würden uns mehr Nachhaltigkeit vonseiten der Politik wünschen. Ein Beispiel: Seit Jahren wünschen wir uns einen gesetzlichen Rahmen für unsere Branche, der hierzulande die aufsichts- und steuerrechtliche Regulierung für Private Equity vorgibt. Bislang ohne Erfolg. Dabei würde das die Politik gar nichts kosten und im Gegenzug vermehrt internationales Kapital nach Deutschland locken.

Mittelstandsfinanzierung

Deutsche Bank: Deutschlands Branchenprimus hat nach einer Runde im Kanzleramt im Dezember einen Fonds für sogenanntes Mezzanine-Kapital zugesagt. Die von M Cap Finance verwalteten Mittel sollen helfen, die Eigenkapitalbasis des Mittelstands zu verbessern. Doch auch ein halbes Jahr nach der Verkündung ist kein Cent aus dem bislang 300 Mio. Euro schweren Topf geflossen. Zudem hat sich der Versuch, weitere Partner und Investoren für das Projekt zu finden, bislang als Flop erwiesen.

Commerzbank: Die Nummer zwei im Markt ist seit Jahren mit einem Mezzanine-Fonds unterwegs, der bereits Dutzende Investments getätigt hat. Er hat ein Volumen von 540 Mio. Euro und soll aufgestockt werden. Dennoch muss sich die Commerzbank ebenfalls leere Versprechungen vorwerfen lassen. So hatte der heutige Mittelstandschef Markus Beumer vor drei Jahren bereits einen klassischen Eigenkapitalfonds angekündigt. Das Vehikel konnte sich aber nie etablieren - was möglicherweise ein Grund für die Initiative mit der KfW ist.

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