Ölkatastrophe Gaddafis Staatsfonds signalisiert Interesse an BP

Der langjährige Erzfeind auf Schnäppchenjagd: Angesichts des dramatisch abgestürzten Börsenkurses prüft ausgerechnet Libyen einen Einstieg bei dem angeschlagenen Ölkonzern. Doch auch andere Investoren liegen auf der Lauer.

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Dunkle Wolken über einer BP-Station in London. Quelle: Reuters

LONDON. Früher hat Libyens Staatschef Muammar el Gaddafi die nordirische Terrororganisation IRA mit Sprengstoff versorgt. Mit einem Anschlag auf ein Flugzeug über dem schottischen Lockerbie hat Libyen die Beziehungen zu Großbritannien weiter belastet. Jetzt könnte Gaddafi einem der wichtigsten britischen Unternehmen helfen: dem angeschlagenen Ölmulti BP.

"BP ist interessant, seitdem sich der Börsenwert halbiert hat", sagte Shokri Ghanem, Chef der staatlichen Ölgesellschaft Libya National Oil, der Nachrichtenagentur Dow Jones. Er wolle daher Gaddafis Staatsfonds Libyan Investment Authority BP-Aktien zum Kauf empfehlen.

Dass nun ausgerechnet der langjährige Erzfeind Gaddafi vom Elend der Betroffenen am Golf von Mexiko profitieren und Anteile an einem Ölkonzern zum Schnäppchenpreis erstehen könnte, dürfte in den USA für Aufregung sorgen. Obwohl BP auf Druck von Präsident Obama zugesagt hat, 20 Mrd. Dollar in den Entschädigungsfonds zu zahlen, ist die Wut auf das Unternehmen weiterhin groß. Experten rechnen damit, dass die Summe bei weitem nicht ausreichen wird, um die Schäden zu beseitigen. Die Summen für Geschädigte werden von den Betroffenen - kleine Fischer oder Hotelbesitzer - als zu gering empfunden.

Ohnehin diskutiert Washington derzeit, ob man Ölproduzenten mit einer neuen Steuer belasten soll, mit deren Einnahmen Umweltschäden beglichen werden können. Für Aufregung sorgt auch die Tatsache, dass BP offensichtlich in der Vergangenheit von Steuererleichterungen und Subventionen profitiert hat. So hat der Besitzer der Ölplattform Deepwater Horizon, Transocean, die Bohrinsel unter der Flagge der Marshall-Inseln betrieben und damit eine erhebliche Summe an Steuern gespart. Zugleich habe BP Steuervorteile genossen, weil der Ölmulti die Bohrinsel geleast habe, schreibt die New York Times. 70 Prozent der Leasing-Rate habe BP von der Steuer absetzen können, eine Reduzierung, die mehr als 225 000 Dollar ausgemacht habe - pro Tag.

Der libyische Staatsfonds ist nicht der einzige Finanzinvestor, der aus dem BP-Desaster Profit schlagen könnte. BP sucht nach Informationen aus Bankenkreisen nach neuen Investoren, um sich so vor einer feindlichen Übernahmen durch Konkurrenten wie Exxon Mobil zu schützen.

Nach Medienberichten prüfen bereits die Staatsfonds in Abu Dhabi und Qatar ihren Einstieg bei BP. Der kuwaitische Staatsfonds erwägt offenbar ebenfalls, sich an einer möglichen Kapitalerhöhung zu beteiligen und dabei seinen Anteil an BP von derzeit 1,75 auf bis zu zehn Prozent zu erhöhen. Das könnte dem britischen Konzern neun Mrd. Dollar einbringen und so das Finanzpolster im Kampf gegen die Ölpest stärken.

Sollte allerdings Gaddafis Staatsfonds BP-Anteile kaufen und damit das Investmentvehikel des amerikanischen Staatsfeinds Nummer eins, dann könnte die US-Regierung BP noch härter anfassen als bislang.

Die Katastrophe im Golf von Mexiko hat BP bisher 3,12 Mrd. Dollar gekostet. Hinzu kommen 20 Mrd. Dollar, die BP in auf Druck von US-Präsident Barack Obama in einen Entschädigungsfonds für Opfer des Unglücks einzahlen muss. Die steigenden Kosten haben die Aktie - anders als in der Vergangenheit - nicht erneut belastet. Im Gegenteil: BP-Papiere legten im Tagesverlauf angesichts der möglichen Unterstützung aus dem Nahen Osten um mehr als vier Prozent zu.

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