Nachrichten & Meinung: Die Karmann-Historie

In seiner mehr als 100-jährigen Firmengeschichte konnte der seit April 2009 zahlungsunfähige Osnabrücker Autobauer Karmann mit einigen Innovationen und wahren Klassikern aufwarten. Was mit dem neuen Elektroauto E3 sein Ende finden könnte, begann mit dem Bau von Kutschen.

Bild: Karmann

Wilhelm Karmann unterzeichnete den Kaufvertrag für die Osnabrücker Wagenfabrik Christian Klages am 1. August 1901. Neben dem Kutschenbau begann er mit seinen 15 Mitarbeitern schon im Jahr darauf, Automobil-Karosserien für die Bielefelder Dürkopp-Werke zu fertigen.

Bild: Karmann-Karosserie für die Dürkopp-Werke 1902

In den 1920er Jahren baute Karmann bereits Karosserien für deutsche und internationale Automobilhersteller wie Adler, ADA, Buick, Citroen, Chrysler, Chevrolet, FN, Hansa, Mannesmann, Mercedes und Opel.

Karmann expandierte, stellte die Fertigung auf Serienproduktion um und spezialisierte sich bereits in den 1930ern auf immer leichter zu handhabende Cabrioverdecke.

Bild: Karmann

Nachdem das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Werk wieder aufgebaut war, entstand 1949 in Zusammenarbeit mit dem Volkswagenwerk das Käfer Cabriolet – eine Erfolgsgeschichte begann. Der Käfer hatte seinerzeit 1,1 Liter Hubraum, 25 PS und kam mit seinem Vierzylinder-Boxermotor auf eine Höchstgeschwindigkeit von 105 Stundenkilometer.

Karmann baute von 1949 bis 1980 in Osnabrück 331.847 Exemplare. Mehr als 50 Jahre nach dem Käfer-Start entwickelt Karmann 2002 auch die Cabrio-Version des New Beetle.

Bild: Karmann

Auf Basis des Käfers sollte schließlich in Zusammenarbeit mit dem italienischen Designer Luigi Segre ein Coupé entstehen, das Autogeschichte schrieb.

1953 präsentierten die Osnabrücker den Prototyp des „Karmann Ghia“, der zwei Jahre später in die Serienfertigung ging. Das zweisitzige Coupé mit Vierzylinder-Boxermotor kam mit 30 PS daher und war ab Werk für 7500 DM zu haben.

Bild: Karmann

Auf das Coupé folgte zwei Jahre später das Karmann Ghia Cabrio, dessen Preis noch einmal 750 DM höher lag. Im Jahr 1959 erhielt der Ghia ein Facelift und einige Extras wurden nun serienmäßig angeboten, etwa Scheibenwaschanlage und Lichthupe.

Weitere Stationen in der insgesamt 17-jährigen Produktionszeit bis 1974 war der Beginn der Herstellung in Brasilien 1960 sowie die Einführung des „großen“ Ghia, mit 45 PS, vier Sitzen und einer Höchstgeschwindigkeit von 132 Stundenkilometer.

Bild: Karmann

Dennoch drehte sich bei Karmann nicht alles um den Ghia. Auch für Porsche wurde Karmann bereits 1961 tätig, als die ersten Exemplare des 356 B mit abnehmbarem Dach gebaut wurden, das erst später durch ein verschweißtes Hardtop ersetzt wurde.

Die Karosserien für den 1966er Porsche 911, die leichter motorisierte Version 912, sowie der Porsche 914 mit seinen Klappscheinwerfern stammen ebenfalls aus Osnabrück.

Bild: Karmann

Im Jahr 1979 folgte die Geburtstunde des VW Golf Cabrios. Mit Überrollbügel, 1,6 Litern Hubraum und 75 PS ging der 154 Stundenkilometer schnelle Käfer-Nachfolger in die Riege der Klassiker ein.

Bereits fünf Jahre zuvor hatte man einen Meilenstein erreicht: Beim VW Scirocco kam erstmals ein Frontantrieb mit einem vorne quer liegenden Reihen-Vierzylinder zum Einsatz.

Bild: Karmann

Auch mit Ford verbindet Karmann eine erfolgreiche Zusammenarbeit. 1983 kam der Ford Escort Cabrio auf den Markt, der in Kooperation mit Giorgio Giugiaro entstanden war und bis 1997 gebaut wurde. Drei Motoren standen zur Auswahl: 69, 79 und 105 PS.

Den Viersitzer, der wie das Golf Cabriolet einen Überrollbügel hatte, gab es auf Wunsch auch mit einem elektrisch zu öffnenden und zu versenkenden Verdeck. Im Herbst 1990 kam der Nachfolger auf Basis des neuen Escorts.

Bild: Karmann

Neben den vielen erfolgreichen Produktionsserien erstellte der Osnabrücker Autobauer im Laufe der Jahre zahlreiche innovative Prototypen, so auch diese 1993er Mercedes-Benz SL Flügeltürer Stilstudie.

In Anlehnung an den SL Flügeltürer, den Mercedes von 1954 bis 1957 gebaut hatte, entwarf Karmann dieses Einzelstück auf Basis des 300 SC Sportcoupés. Die Flügeltüren öffnen sich vollautomatisch per Infrarot.

Bild: Karmann

Diese Studie eines Sport Utility Convertible (SUC) präsentierte Karmann 2005 auf der 61. Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt.

Das in Zusammenarbeit mit dem Getriebehersteller ZF Friedrichshafen entwickelte Modell sollte die Fahreigenschaften einer Limousine mit dem Stauraum eines kleinen Lieferwagens und dem Platzangebot eines Vans verbinden.

Bild: Karmann

Die jüngste Entwicklung aus dem Hause Karmann ist der E3, entstanden in Zusammenarbeit mit dem Oldenburger Energiekonzern EWE. Das Elektroauto mit Raum für vier Personen soll eine Höchstgeschwindigkeit von 140 Stundenkilometer erreichen und bis zu 170 Kilometer lange Strecken zurücklegen können, Foto: dpa