Hintergrund: Hamburger Terrorzelle um Mohammed Atta

Schon zwei Tage nach den verheerenden Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA führten Spuren nach Hamburg.

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HB/dpa HAMBURG. Drei der vier in den USA entführten Flugzeuge wurden von Terroristen gelenkt, die in Hamburg ein unauffälliges Leben als so genannte Schläfer geführt hatten: Mohammed Atta, Marwan Alshehhi und Ziad Jarrah. Um Atta, den mutmaßlichen Kopf der Entführer hatte sich nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft eine Terrorzelle gebildet, die an Planung und Ausführung der Terroranschläge beteiligt war. Die mutmaßlichen Mitglieder der Gruppe um Atta: Mounir El Motassadeq (28), Student aus Marokko, war mit den Todespiloten befreundet. Er wohnte mit Frau und Kind in der Nachbarschaft der Atta-Gruppe. Motassadeq war Anfang der 90er Jahre nach Hamburg gekommen, studierte in Harburg Elektrotechnik und war Mitglied in Attas Islam AG. Er wurde am 28. November 2001 verhaftet. Laut Anklage verwaltete er in Hamburg ein Girokonto von Al Shehhi. Seit dem 22. Oktober muss er sich wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zum Mord in mindestens 3045 Fällen vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht verantworten. Mohammed Atta, geboren am 1. September 1968 in Ägypten, gilt als Kopf der Hamburger Terrorzelle. Er steuerte nach Erkenntnissen der Ermittler ein Passagierflugzeug in den Nordturm des World Trade Center (WTC) in New York. Er kam 1992 nach Deutschland, studierte Stadtplanung an der Technischen Universität Hamburg-Harburg und gründete dort eine Islam-AG. Vermutlich 1999 hielt er sich in einem afghanischen Ausbildungslager auf. In die Harburger Marienstraße 54 zog Atta im November 1998 zusammen mit Bahaji und Binalshib ein. Marwan Alshehhi, geboren am 9. Mai 1978 in den Vereinigten Arabischen Emiraten, war vermutlich Pilot der Maschine, die den Südturm des WTC traf. Er kam 1996 mit einem Militärstipendium nach Deutschland, war möglicherweise 1999 bei der Organisation El Kaida in Kandahar und nahm von 2000 an zusammen mit Atta in den USA Flugunterricht. Ziad Jarrah, geboren am 11. Mai 1975 im Libanon, war vermutlich Pilot der bei Pittsburgh abgestürzten Maschine. Der Libanese begann 1996 in Greifswald einen Sprachkurs und studierte in Hamburg Flugzeugbau, machte ebenfalls in Florida (USA) eine Flugausbildung. Ramzi Binalshibh, geboren am 1.5. 1972 im Jemen, wurde am 11. September 2002 im Karatschi (Pakistan) festgenommen. Er gilt als Organisator, „Bankier“ der Gruppe und einer der engsten Vertrauten Attas. Der 1995 nach Deutschland eingereiste Jemenit gab sich als Asylbewerber aus. Er wohnte mit Atta und Bahaji in Harburg. Laut Bundesanwaltschaft war er seit 1999 in die Planung der Anschläge eingebunden. Er wollte sich vermutlich als Kamikazeflieger an den Anschlägen beteiligen, bekam aber kein Einreisevisum für die USA. Said Bahaji, geboren am 15.07.1975 in Haselünne (Niedersachsen), gilt als Cheflogistiker der Gruppe und soll seit 1999 die Anschläge mit geplant haben. Der Sohn einer Deutschen und eines Marokkaners studierte in Harburg Elektrotechnik. Er verschwand kurz vor den Attentaten. Seitdem wird er mit internationalen Haftbefehl wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, des mehrtausendfachen Mordes gesucht. Zakariya Essabar, geboren am 3.4. 1977 in Marokko, kam 1997 nach Deutschland, besuchte in Köthen (Sachsen-Anhalt) eine Fachhochschule und studierte seit 1998 in Hamburg Medizintechnik. Zwei Anträge auf ein Visum für die USA wurden Ende 2000 und Anfang 2001 abgelehnt. Er war möglicherweise als Ersatzpilot für Binalshibh vorgesehen. Er ist seit August 2001 verschwunden und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Der Deutsch-Syrer Mohammed Haidar Zammar gilt als Statthalter Bin Ladens in Hamburg. Er soll Atta und Komplizen in Hamburg für El Kaida rekrutiert haben. Der eingebürgerte Syrer lebte als Kfz-Schlosser in Hamburg-Alsterdorf und war oft Gast in der Marienstraße. Der Verfassungsschutz beobachtete ihn seit 1999 wegen Verbindungen zu dem in Bayern verhafteten Bin-Laden-Finanzchef Manduh Mahmud Salim. Nach den Anschlägen in Hamburg von der „SoKo USA“ verhört. Wenig später beantragte er einen Pass und verschwand Richtung Marokko. Im Juni 2002 wurde er festgenommen und nach Syrien gebracht.

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