Maschinenbau Mittelständler Hermle: Das Wunder von der Alb

Der Umsatz halbiert, trotzdem keinen Verlust und keine Entlassungen – wie der Maschinenbauer Hermle die Krise meistert.

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Fertigung bei Hermle

Es ist still in den Hallen, zu still für einen Dienstagmorgen. Ein paar Techniker schrauben an einem Prototyp eines Bearbeitungsautomaten, also einer Maschine, die Span für Span von einem Metallstück raspelt, bis daraus das gewünschte Auto-, Flugzeug- oder Geräteteil geworden ist. Auch aus den Büros der Vertriebsabteilung sind nur ab und an Wortfetzen zu hören – ansonsten herrscht über allen Schreibtischen und Werkbänken tiefe Ruh’.

"Wir machen seit etwa einem Jahr immer wieder eine Kurzarbeitswoche im gesamten Werk", sagt Dietmar Hermle. "Nur die Entwickler und die Service- und Vertriebsleute arbeiten weiter."

Größter Einbruch seit 1938

Eigentlich müsste der Hauptaktionär und Vorstandschef des Werkzeugmaschinenbauers Hermle in Gosheim etwa eine Autostunde südwestlich von Stuttgart ziemlich nervös sein. Denn den schwäbischen Mittelständler hat es – wie die gesamte Werkzeugmaschinenbranche – extrem erwischt. Um 55 Prozent krachte der Umsatz 2009 bei Hermle ein, fast 60 Prozent weniger Aufträge als im Vorjahr kamen herein. Einen solchen Einbruch hat das 1938 gegründete Familienunternehmen seit Kriegsende noch nicht erlebt.

Dennoch wirkt der 57-Jährige an diesem sonnig-kühlen Frühlingstag entspannt. Den Kampf aufgeben, alles auf null drehen, Massenentlassungen vornehmen, die Firma gar verkaufen? Für den Firmenpatron ist das alles keine Option, im Gegenteil. Noch vor wenigen Wochen hat er die Lehrverträge der neuen Auszubildenden unterschrieben. Und Hermles Entwicklungsingenieure und -techniker fahren Volllast. Gerade in der Krise erwarteten die Kunden neue Produktionsanlagen, die noch schneller arbeiten, weniger Energie schlucken und vor allem weniger Arbeitskräfte benötigen. Auf der traditionellen Hausmesse Ende April will er seine Abnehmer mit drei neuen Maschinen überraschen.

Hohe Eigenkapitalquote sorgt für "ruhige Nächte"

Hermle-Manager Dietmar Hermle

Wenn die Räder in den Hallen stillstehen, verwandelt sich das Werksgelände im schwäbischen Albstädtchen Gosheim in eine Lernfabrik. Nie zuvor steckten mehr Hermle-Mitarbeiter in Weiterbildungskursen als seit dem Beginn der Branchenkrise Ende 2008 – nicht zuletzt, weil das Maschinenbauunternehmen während der Boomphase, die der Krise vorausging, die Weiterbildung mangels Zeit auf das Notwendige beschränken musste.

Hermle steht trotz des katastrophalen Absturzes für viele in der gebeutelten Industrie unfassbar gut da. 75 Prozent beträgt die Eigenkapitalquote, viele Unternehmen wären schon über ein Drittel glücklich. Selbst im Superkrisenjahr 2009 erwirtschaftete Hermle bei einem Umsatz von 127 Millionen Euro noch einen Jahresüberschuss von sechs Millionen Euro. Das Unternehmen ist flüssig; es erwirtschafte „einen Cash-Flow“, sagt Hermle, „der mir ruhige Nächte beschert“.

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