Dieter Zetsche SEC stellt DaimlerChrysler auf den Kopf

Der DaimlerChrysler-Chef muss sich mit der amerikanischen Börsenaufsicht herumschlagen.

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dpa

DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche ist derzeit wahrlich nicht zu beneiden. Als hätte er mit der schwierigen Sanierung des Unternehmens nicht schon alle Hände voll zu tun, muss er sich auch noch mit der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde SEC herumschlagen. Die für ihre scharfe Gangart bekannte US-Behörde fühlt sich nicht etwa nur für den Konzernteil Chrysler im eigenen Lande zuständig, sondern genauso für die Mutter in Deutschland. Grundlage dafür bietet die Börsennotierung des Konzerns in den USA. Seit über einem Jahr durchforsten dutzende von der SEC beauftragte Anwälte bereits Unterlagen und E-Mail-Verkehr sowie PC-Festplatten bei dem Autobauer nach Belegen für Korruption. Die Folge sind nicht nur Millionen Euro Kosten oder der amerikanische Regierungseinblick in geheime Strategiepapiere des Konzerns – infolge der Untersuchung mussten bei DaimlerChrysler bereits mehrere verdiente Manager entlassen werden. Bei einigen wurde zwar tatsächliches Fehlverhalten festgestellt, andere aber gerieten schlicht zwischen die Fronten der SEC und des DaimlerChrysler-Vorstands, der alles tut, um die amerikanische Behörde in vorauseilendem Gehorsam zufrieden zu stellen. Viele Mitarbeiter lassen aus Angst um ihren Arbeitsplatz oder ihre Karriere etwa in Nahost oder Asien inzwischen immer öfter lukrative Geschäfte sausen – die dann an die nicht in den USA börsennotierte und weniger strengen Bestechungsregeln unterworfene Konkurrenz fallen. Nach den Regeln der SEC macht sich DaimlerChrysler beispielsweise schon der versuchten Bestechung verdächtig, wenn das Unternehmen Politiker oder potenzielle Auftraggeber in den Paddock Club bei Formel-1-Rennen einlädt, auch die – normalerweise von allen deutschen Automobilherstellern im In- und Ausland gewährten – Behörden-Rabatte stehen unter Pauschalverdacht. So konnten BMW und Audi bereits mehrere Aufträge ergattern, die DaimlerChrysler aus Rücksicht auf die SEC nicht annehmen konnte. Ausgelöst wurde die SEC-Untersuchung durch die Anzeige eines ehemaligen Chrysler-Mitarbeiters, der von einem angeblichen Korruptionsfall in Südamerika berichtete. Die Behörde ging dem Fall nach, wurde jedoch nicht fündig. Daraufhin zog sie nicht etwa wieder ab, sondern stellt seitdem den gesamten Konzern mit weltweit rund 380.000 Mitarbeitern auf den Kopf. Die SEC-Anwälte haben inzwischen mehrere der DaimlerChrysler-Auslandszentralen durchforstet. Der Fall, der bisher nicht an die Öffentlichkeit drang, bestätigt wachsende Befürchtungen der Bundesregierung und des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Beide beklagen seit Längerem die Art und Weise, wie die USA ihr Rechtssystem auf das Ausland ausdehnen und dabei mit doppelter Moral gegenüber nicht-amerikanischen Unternehmen vorgehen, während US-Unternehmen bei ihren Auslandsaktivitäten weniger streng untersucht werden. Einige deutsche Unternehmen prüfen bereits ein Delisting von der New Yorker Börse.

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