Ende der Kostenloskultur im Web T-Online: Thomas Holtrop

Thomas Holtrop treibt Europas größten Internetanbieter zur Profitabilität.

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Rostrot erhebt sich der Bau neun Stockwerke hoch zwischen Lagerhallen, Werkstätten, Getränkemärkten und ein paar Industriebetrieben am Rande von Weiterstadt. Nur die T-Online-Leuchtschrift auf dem Dach des Gebäudes verleiht der ansonsten eher trostlosen Nachbarschaft einen markanten Farbtupfer. Magentafarben strahlt das Logo der Telekom-Tochter über das Gewerbegebiet vor den Toren von Darmstadt. Die Firmenzentrale von Europas größtem Internetanbieter hat nichts vom Glanz der durchgestylten Büros und hippen IT-Lofts ehemaliger E-Business- und Onlinestars an Spree oder Alster. Mehr sein als scheinen. Das passt. Nicht nur zu T-Online. Auch zu Firmenchef Thomas Holtrop. Seit er Anfang 2001 den Vorstandsposten übernahm, führt der heute 48-Jährige die Internettochter der Deutschen Telekom ohne Pomp und große Gesten – aber mit Erfolg. Kein Unternehmen in Europa profitierte seither stärker vom Boom des Internets. In den zweieinhalb Jahren seit Holtrops Amtsantritt stieg die Zahl der T-Online-Kunden im In- und Ausland um knapp 60 Prozent von 7,9 auf 12,5 Millionen, davon zehn Millionen in Deutschland. Weltweit hat nur AOL mehr Abonnenten. Auf Effizienz getrimmt Wichtiger noch: Indem er den Web-Ableger der Telekom auf Effizienz trimmte, Kosten kappte und die technische Plattform vereinheitlichte, gelang Holtrop beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Sommer 2002 erstmals der Sprung ins Plus. Im Gesamtjahr summierte sich der Überschuss gar auf gut 103 Millionen Euro – nach fast 190 Millionen Verlust ein Jahr zuvor. Dabei hatten Holtrop und sein Finanzvorstand Rainer Beaujean ein schwarzes Ebitda erst für 2003 angepeilt. Die Zurückhaltung hat System. So laut, marktschreierisch und selbstfokussiert einst bejubelte Internethelden auftraten, so unspektakulär und unaufgeregt steuert Holtrop die Geschäfte in der Weiterstädter Zentrale. „Hosianna und kreuzigt ihn – das liegt mir nicht“, sagt der Mann, der vor seinem Wechsel zum Onlineriesen als Marketingprofi beim Club Méditerranée, bei Springer & Jacoby, American Express und zuletzt im Vorstand der Deutschen Bank 24 Karriere machte. Wohl auch deshalb sind ihm „euphorisches Werbegeschwafel, Eiferer und Prediger suspekt“. „TH“, so das interne Kürzel des Chefs, liebt es nüchtern. Ein großer Schreibtisch dominiert sein Büro im 9. Stock, keine imposante Regalwand, keine Kunstwerke. Hier wirkt nur der Chef selbst. Gut 1,90 Meter ist er groß, schlank, stets elegant gekleidet. Die grauen Schläfen lassen ihn älter wirken als 48. Er strahlt jene Seriosität aus, die vielen Managern einstiger Neuer-Markt-Stars so abging.

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