Haustiermarkt Teure Freunde: Der Milliardenzirkus um Hund und Katz

Für ihre Haustiere kaufen die Deutschen Luxusfutter, schleifen ihr Tier zum Therapeuten und quartieren es in Edelhotels ein. Inspektion einer Branche zwischen Freakshow und Milliardenbusiness.

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Mops mit Luxus-Halsband Quelle: Frank Schemmann für WirtschaftsWoche, Accessoire: Hundestolz, Düsseldorf

Norbert Zajac zeigt auf das Miniaquarium auf seinem Schreibtisch. Wasserpflanzen ranken darin, Zwergguppys drehen ihre Runden. „Das sind meine einzigen Haustiere“, sagt Zajac, „der Rest steht zum Verkauf.“

„Der Rest“, das sind 20.000 Tiere, die sich auf dem fußballfeldgroßen Verkaufsgelände am Stadtrand von Duisburg tummeln. Zajac, 55, angegrauter Bart, Typ Eisbär, ist Geschäftsführer des „größten Zoofachgeschäfts der Welt“, wie es „Guinness-Buch“-besiegelt auf einem Plakat am Eingang heißt.

In der Woche gehören Zajacs Hallen den Experten. Männer starren in Glaskästen mit Vogelspinnen (ab 50 Euro), Aquarianer schreiten die rund 1000 Wasserbecken ab, und Schlangenfreunde fachsimpeln über das Modetier Kornnatter (129 Euro). Samstags rücken dann die Hamsterkäufer an.

Oh, wie niedlich

Familien fahren eigens nach Duisburg, um Minischweine (295 Euro), Wickelbären (2495 Euro) und Kaninchen (40 Euro) zu bestaunen. Und natürlich die Katzen. „Oh, wie niedlich“, jauchzt es alle paar Minuten, wenn der Menschennachwuchs Katzenjunge entdeckt und hoch und heilig schwört, bis zum Abitur auf alles Taschengeld der Welt zu verzichten und sich immer und überall um das flauschige, kleine, weiße Siam-Kätzchen zu kümmern, wenn, ja wenn es denn nur mitgenommen werden würde – bitte, bitte.

Ein Tränenanfall und 499 Euro später gehört die Katze zur Familie, wird auf einen Drollignamen der Sorte Minki getauft – und das richtige Geschäft beginnt.

90 Prozent seines Jahresumsatzes von zuletzt knapp 20 Millionen Euro spülte der Verkauf von Futter und Zubehör in Zajacs Kassen. Im Grunde läuft es wie beim Vertrieb von Druckern und Rasierern – nicht der Verkaufspreis des Produktes ist entscheidend, auf die Folgeeinnahmen kommt es an. Und die fließen so reichlich wie nie zuvor in Deutschland.

Es schnurrt und knurrt, zwitschert und fiept

In jedem dritten Haushalt schnurrt und knurrt, zwitschert und fiept es. 23,3 Millionen Mäuler und Schnäbel wollen täglich gestopft werden. Mehr noch: Rund um Bello und Minki ist ein animalisch-industrieller Komplex gewuchert, der von der Aufzucht bis zum Tierfriedhof reicht. Ein Milliardengeschäft.

In ihrer „ökonomischen Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ bilanzierte die Göttinger Wirtschaftsprofessorin Renate Ohr 2006 „knapp vier Milliarden Euro direkt belegbare Umsätze“ – nur für Hunde. Der gesamte Heimtiermarkt lässt sich auf mehr als sechs Milliarden Euro taxieren.

Kein Vergleich zu Nordamerika, wo Tierhalter im vergangenen Jahr allein für Futter und Zubehör umgerechnet 21,3 Milliarden Euro ausgegeben haben. Doch in Europa holen die Deutschen auf. Nur die Briten waren 2009 spendabler.

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