WM-Rekordspieler, Platz 19: Karl-Heinz Schnellinger Vom Jungen aus Düren zum Star in Italien

Ernst Huberty konnte es nicht fassen: "Schnellinger, ausgerechnet Schnellinger", stammelte der TV-Kommentator ins Mikro. Soeben hatte Karl-Heinz Schnellinger in der 90. Spielminute des legendären WM-Halbfinals 1970 zwischen Deutschland und Italien in der Gluthitze von Leon zum 1:1 ausgeglichen.

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HB DÜSSELDORF. Das einzige Länderspieltor des blonden Abwehrrecken bescherte den Deutschen die Verlängerung. Der Rest ist Geschichte: Im wohl besten Weltmeisterschaftsspiel aller Zeiten siegte Italien schließlich mit 4:2, auch im vierten Anlauf blieb Schnellinger der WM-Titel verwehrt. "Mein größter Triumph", sagte Schnellinger später trotz der Niederlage, "den kann mir keiner mehr nehmen." Dass sein Tor eher ein Unfall war, gab er erst Jahre nach dem "Spiel des Jahrhunderts" zu: Schnellinger wollte sich schon einmal in Richtung Kabine begeben, die hinter Italiens Gehäuse lag, um nach der drohenden Niederlage auf dem kürzesten Weg verschwinden zu können. Und genau dabei stand er in der Nachspielzeit goldrichtig, als Grabowski den Ball in den Strafraum flankte.

Bereits mit 19 Jahren debütierte der am 31. März 1939 in Düren geborene Schnellinger in der deutschen Nationalmannschaft. DFB-Trainer Sepp Herberger nahm den jungen und unerfahrenen Verteidiger, der damals noch für die SG Düren 99 spielte, mit zur Weltmeisterschaft 1958, Schnellinger kam bei der Vorrundenpartie gegen die Tschechoslowakei (2:2) und im Spiel um Platz gegen Frankreich (3:6) zum Einsatz. Nach der WM wechselte das Talent zum 1.FC Köln und wurde mit den Domstädtern 1962 Deutscher Meister und Deutschlands Fußballer des Jahres. 1963 wagte Schnellinger als vierter Deutscher den Sprung in Italiens Serie A, zunächst nach Mantua. Mit dem AS Rom wurde er Pokalsieger (1964) und holte sich danach mit dem AC Mailand den Meistertitel und den Pokalsieg, gewann den Europapokal der Pokalsieger und der Landesmeister sowie den Weltpokal. Ein Mal wurde der von vielen als bester deutscher Verteidiger angesehene Schnellinger in die Weltauswahl berufen, zwei Mal in die Europaauswahl. Vom großen Sir Stanley Matthews wurde er zu seinem Abschiedsspiel eingeladen, wo er an der Seite von Alfredo di Stefano auflaufen durfte. Am 17. Februar 1971 bestritt Karl-Heinz Schnellinger beim 1:0 gegen Albanien sein letztes Länderspiel. Auf seine alten Tage kam Schnellinger noch zu Bundesliga-Ehren: Als Routinier sollte er in der Saison 1974/75 Aufsteiger Tennis Borussia Berlin zum Klassenerhalt führen. Das Unterfangen misslang: Obwohl der mittlerweile 36-Jährige noch einmal in 19 Spielen die Knochen hinhielt, stiegen die Borussen als 17. wieder ab. Nächste Woche: Jürgen Klinsmann - der Bäckersohn aus Schwaben

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