Finanzvertrieb Warum OVB-Mitarbeiter häufig aussteigen wollen

Bei dem Finanzvermittler OVB steigt nach Umsatzeinbrüchen der Verkaufsdruck. Dass immer mehr OVB-Mitarbeiter aussteigen wollen, liegt offenbar auch an Führungsfehlern des Unternehmens, wie folgende Beispiele zeigen.

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Beispiel Bernd S.*: Der homosexuelle 37-Jährige war 2004 vom Pilotensitz bei einer renommierten Fluggesellschaft zur OVB gewechselt und hatte dort einen Senkrechtstart zum leitenden „Financial Consultant“ hingelegt. Doch Zeugen bestätigen schriftlich, dass Führungskräfte sich in seiner Abwesenheit häufig verletzend und abfällig über ihn als Schwulen äußerten. Mehrere OVBler wurden von hochrangigen OVB-Kräften aufgefordert, das S.-Büro „nur mit dem Rücken an der Wand entlang“ zu betreten.

Der Völklinger Kreis, ein Zusammenschluss schwuler Manager, protestierte Anfang April 2009 in einem Brief an die OVB-Management: "Wir sind überrascht, dass in Ihrem Haus die Auffassung vertreten wird, dass es sich bei den Vorfällen nicht um Diskriminierung gehandelt hat. Die Vorfälle sind so eindeutig, dass daran auch nicht der leiseste Zweifel herrschen kann." Die OVB beteuert jedoch gegenüber der WirtschaftWoche: „Sowohl innerhalb unseres Unternehmens, als auch in Zusammenarbeit mit unseren selbständigen Handelsvertretern dulden wir keine Diskriminierungen jedweder Art.“

Dass sie kurz darauf einen Verhaltenskodex an die Mannschaft verschickte, ist demnach reiner Zufall: „Der Code of Conduct steht in keinem Zusammenhang mit etwaigen Diskriminierungsbehauptungen.“

S.' Klage auf fristlose Kündigung gegen OVB wurde abgewiesen, weil dieser seinen Arbeitgeber vorher nicht abgemahnt hatte. Die eigentlichen Vorwürfe wurden somit nicht mehr beurteilt.

Beispiel Karsten O. *: Er wechselte als Filialdirektor einer großen Versicherung zur OVB-Tochter Eurenta, um in einer Großstadt einen Strukturvertrieb nach OVB-Muster aufzubauen. O. wurde als erfolgreichster Landesdirektor ausgezeichnet, doch vor drei Jahren fiel er bei einem Vorgesetzten in Ungnade. "Er verlangte, dass ich mehr Vertriebsleute anheuere und dazu Menschen auf der Straße anspreche. Als ich mich weigerte, stellte er mich vor meinen Mitarbeitern mit sofortiger Wirkung vom Dienst frei. Einige Mitarbeiter haben damals geweint. Mir ist dieses Verhalten völlig unbegreiflich." Die OVB distanziert sich von dem Verhalten ihrer Führungskraft: Es gehöre "keinesfalls zu unserer Geschäftspraxis und wird so weder im Umgang mit Kunden noch im Umgang mit Finanzberatern von uns geschult."* Namen geändert

Den vollständigen Artikel über die Machtkämpfe und Machenschaften bei OVB lesen Sie in WirtschaftsWoche 06/2010. Sie liegt ab Montag, den 08. Februar 2010 in den Kiosken auf.

Das Geld fließt nach oben

An einem selbst vermittelten Riesterrenten-Abschluss 1) mit 333 Provisionseinheiten verdient bei der OVB:

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pro Einheit (Euro)

insgesamt (Euro)

Tippgeber

1,5

360 €

Financial Trainee I 2)

2

540 €

Financial Trainee II 2)

2,5

740 €

Financial Trainee III 2)

3

900 €

Financial Analyst

3,5

1.080 €

Chefs profitieren zusätzlich von ihren Mitarbeitern: Hat im Beispiel der Financial Trainee der Stufe I einen Riesterkunden geangelt, erhält sein vorgesetzter Financial Analyst 1080 Euro und reicht davon 540 Euro an den Trainee weiter. Außerdem kassiert auch jeder übergeordente Direktor auf Bezirks-, Regional- und Landesebene für diese Vermittlung mindestens 150 Euro.

1) Beitrittsalter 35 Jahre, Rentenbeginn mit 65 Jahren, jährliche Sparleistung 2100 Euro inkl. Grundzulage 154 Euro Zulage, 30 Jahre Laufzeit.

2) Trainees in drei Qualifikationsstufen, Verdienst ohne Abzüge wie Stornoreserve.

Quelle: OVB, eigene Recherchen

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