Commerzbank Was die Teilverstaatlichung der Commerzbank bedeutet

In einer einmaligen Aktion übernimmt der Bund ein Viertel der Commerzbank. Lesen Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen, die sich Anleger und Kunden nun stellen.

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Zentrale der Commerzbank Quelle: AP

Welchen Einfluss hat der Staat nun?

Der Bund ist nun mit 25 Prozent plus einer Aktie an der Commerzbank beteiligt und damit der größte Einzelaktionär. Er hat damit ein Vetorecht bei allen wichtigen Entscheidungen. Zudem sollen zwei Staatssekretäre in den Aufsichtsrat entsandt werden.

Welchen Einfluss wird der Staat auf das Bankgeschäft nehmen?

Der Bund will sich nicht in das Geschäft einmischen. „Es wäre völlig fatal und dumm, wenn eine Regierung in solcher Situation versuchen würde, auf das operative Geschäft Einfluss zu nehmen“, erklärte ein Sprecher des Finanzministeriums. Das sagt der Staat. Die privaten Investoren sehen das aber anders. Sie fürchten sehr wohl den Einfluss des Staates und auch innerhalb der Commerzbank heißt es, dass der Staat die Bank künftig auch als industriepolitisches Instrument nutzen werde.

Was kostet die Teilverstaatlichung?

Die staatlichen Hilfen werden um zehn Milliarden Euro auf dann insgesamt 18,2 Milliarden Euro aufgestockt. Sie liegen damit über der Höchstgrenze von zehn Milliarden Euro, die im Finanzmarktstabilisierungsgesetz eigentlich vorgesehen ist.

Dabei erhält die Commerzbank vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) eine stille Einlage in Höhe von 8,2 Milliarden Euro. Außerdem kauft der Soffin 295 Millionen neue Stammaktien im Gesamtwert von 1,8 Milliarden Euro.

Was ändert sich für die Commerzbank?

Mit dem Schritt wird vor allem die Übernahme der Dresdner Bank gesichert. Massive Abschreibungen im vierten Quartal hatten die neue Hilfe erzwungen. Doch Bankchef Martin Blessing bürdet seinem Institut Jahrzehnte währende Lasten auf. Für die stillen Einlagen des Staates muss die Commerzbank neun Prozent Zinsen zahlen.

Kritik und Skepsis bei Investoren

Was bedeutet das für Anleger?

Der staatliche Einstieg geht zulasten der privaten Aktionäre, die in den kommenden Jahren nicht mit Dividenden rechnen dürfen. „Altaktionäre leiden unter einer unschönen Verwässerung ihres Anteils“, kritisiert Manfred Piontke, Mitgründer der Fondsgesellschaft Frankfurt Performance Management.

Das werde die Commerzbank für ein Jahrzehnt belasten, warnt UBS-Aktienanalyst Philipp Zieschang. Commerzbank-Chef Blessing habe  sich mit der Dresdner Bank übernommen, wettern andere Branchenexperten.

Was ändert sich für den Kunden?

Kunden werden von dem neuen Mehrheitseigner nichts merken. Commerzbank-Chef Blessing erklärte, dass sich niemand um sein Geld sorgen müsse. Das Unternehmen sei dadurch „eine noch sicherere Bank geworden“.

Steht nun eine vollständige Verstaatlichung bevor?

Die weitere Entwicklung ist unklar. Viele Politiker wollen schon den jetzigen Einstieg nicht als Verstaatlichung bezeichnen. Sie sagen, wenn die derzeitige Krise überstanden ist, könne  der Anteil eventuell sogar mit Gewinn verkauft werden.  

Doch andere Bankmanager sind sich sicher, dass es nicht bei dem 25-prozentigen Anteil bleiben wird. Für private Investoren sei die Aktie unkäuflich geworden, weil die Bank nun für industriepolitische Ziele herhalten müsse und mit Politikern „nicht unbedingt betriebswirtschaftliche Kompetenz in den Aufsichtsrat der Bank einzieht“, sagt ein Frankfurter Banker und verweist auf die Landesbanken.

Erfolgreiche Anleihe dank Staatsgarantie

Was bedeutet der Schritt für andere Banken?

Es ist derzeit die große Frage, ob nun auch andere Unternehmen unter den staatlichen Rettungsschirm schlüpfen. Insbesondere Branchenprimus Deutsche Bank hatte dies bislang vehement abgelehnt. Er würde sich schämen, wenn er Staatshilfen in Anspruch nehmen müsste hatte Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann im November erklärt.

Doch diese Position könnte sich zum Wettbewerbsnachteil entwickeln, denn durch die Sicherheit staatlicher Garantien und Beteiligungen können sich Banken zu besseren Konditionen Geld leihen. Das zeigt beispielsweise die erfolgreiche Emission einer Garantie-Anleihe der Commerzbank am Donnerstag. Die Bank nahm mit der dreijährigen Anleihe fast doppelt soviel ein wie zunächst angenommen. Hauptgrund für die starke Nachfrage ist Analysten zufolge die Garantie des Bundes für den Fall von Zahlungsausfällen.

Die Commerzbank ist in Deutschland Pionier für diese neue Anlageform. Sie sollte die möglichen Konditionen austesten. In den nächsten Wochen wollen die HSH Nordbank und die BayernLB folgen, die ebenfalls staatliche Garantien in Anspruch genommen haben.  

Verbessert sich nun die Kreditvergabe für Unternehmen?

„Mit dem zusätzlichen Kapital kann die Commerzbank ihre Aufgabe besser erfüllen, die Wirtschaft mit Kapital zu versorgen“, sagte Wirtschaftsminister Michael Glos dem „Handelsblatt“. Doch es muss sich zeigen, ob sich die Kreditvergabe wirklich verbessert.

Die Kapitalbasis der Bank ist jetzt besser; aber unter Risikogesichtspunkten wäre es dennoch unklug Kredite an strauchelnde Unternehmen zu geben. Daher ist es fraglich, ob sich viel ändert - es sei denn der Staat nimmt doch stärkeren Einfluss auf die Risikopolitik der Bank.

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