Medien WAZ-Gruppe kommt nicht zur Ruhe

Auch mit der geplanten Neuordnung kommt die WAZ-Mediengruppe nicht zur Ruhe. Weiterer Zwist zwischen den Eignern ist programmiert. Im Kampf um die Rolle als starker Mann an der Verlagsspitze hat Christian Nienhaus die besten Chancen.

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Favorit Nienhaus Quelle: dpa/Oliver Berg

Der Brief war kurz, nur eine Seite lang. Petra Grotkamp, 67, bot darin drei jungen Menschen aus einer alteingesessenen Medienfamilie – zwei davon gerade über 20, einer minderjährig – viel Geld: Die drei Youngster sollen auf einen Schlag 500 Millionen Euro bekommen, wenn sie ihre Verlagsanteile verkaufen.

Was wie ein Märchen klingt, ist in Wirklichkeit ein Drama. Seit 63 Jahren sind zwei Familienstämme des Großverlags WAZ-Gruppe in Essen miteinander befehdet. Der Deal der Frau Grotkamp soll nun Wunden heilen, Zwistigkeiten zwischen Clans mit unterschiedlichen Temperamenten, aber gleicher Geldquelle in Luft auflösen und dem Unternehmen einen Befreiungsschlag ermöglichen. Doch als ob ein Fluch über der WAZ-Verwaltung schwebt, einem unauffälligen Fünfzigerjahre-Bau am Essener Hauptbahnhof: Das Hickhack der familiären Eigner wird mit dem goldenen Angebot nicht verstummen, sondern weiter angestachelt. Denn auch innerhalb des künftig dominierenden Grotkamp-Lagers sind sich nicht alle grün. Die Kräche der beiden Eignersippen gehören zum Konzern (1,1 Milliarden Euro Jahresumsatz, 15 000 Mitarbeiter, 2,5 Millionen Gesamtauflage) wie der tägliche Ruhrgebiets-Wetterbericht zur „Westdeutsche Allgemeinen Zeitung“ (WAZ), dem Verlagsflaggschiff.

Friedensangebot an die Brosts

Die Familien stammen von den beiden Gründern der WAZ ab. 1948 bekamen der Sozialdemokrat Erich Brost und der Konservative Jakob Funke die Lizenz für eine neue Zeitung, auf deren Basis die Eigner ein Verlagsimperium formten, das ihnen Milliarden einbrachte.

Brost- und Funke-Nachkommen waren sich selten einig über die strategische Ausrichtung des Verlags. So war das Engagement auf dem Balkan umstritten, auch über Personalien wurde häufig gezankt.

Petra Grotkamp, eine von drei Töchtern von Jakob Funke, will nun Frieden schließen mit den Brosts und mit ihrem Sohn Niklas Jakob Wilcke im Konzern die Macht übernehmen. Von den angebotenen 500 Millionen Euro kann sie 270 Millionen Euro sofort bar zahlen, der Rest wird durch Finanzierungsinstrumente dargestellt. Basis dafür ist der Herauskauf der drei wenig am Mediengeschäft interessierten Brost-Enkel aus dem Verlag – einer von ihnen trägt zum Schrecken stockkonservativer Ruhrgebiets-Granden offen eine Lilien-Tätowierung am Oberarm.

Die Nachkommen wohnen in München, weit weg vom Ruhrgebietsschweiß, und sie mehren ihr Geld zum Teil mit Immobiliengeschäften. Mit dem Herauskauf aus der WAZ würde der Name Brost aus dem Verlag getilgt. Der Vater des Erbentrios, Martin Brost, wurde schon früher ausbezahlt. Großvater und Gründer Erich ist lange tot, seine Witwe Anneliese verstarb 2010 und hinterließ ein Milliardenvermögen, das in die Anneliese Brost-Stiftung eingebracht wurde.

Ohne Beherrschungsvertrag herrscht Stillstand

Mit dem Deal ist die Eintracht noch lange nicht hergestellt. Dabei stehen wichtige Entscheidungen an, etwa ob das Österreichgeschäft verkauft werden solle, damit sich die Mediengruppe auf die starken Regionalzeitungen konzentrieren kann. Der Axel-Springer-Verlag soll sich für die Zeitschriftengruppe um den Gong Verlag interessieren und dafür intern schon eine Summe zwischen 100 und 200 Millionen Euro taxiert haben. Die Beteiligungen in Österreich werden auf über 250 Millionen Euro geschätzt.

Ob, wie und an wen verkauft wird, können die Grotkamps aber nur mit einem Gewinn- und Beherrschungsvertrag entscheiden, der bisher noch nicht vorliegt. Dafür brauchen sie innerhalb der Funke-Familie 75 Prozent, die sie bisher aber nicht haben, sagen Insider. Offiziell gibt es dazu keine Stellungnahme von der WAZ. Problem dabei ist, dass die beiden Funke-Töchter schon lange nicht mehr miteinander reden, sagen Insider.

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