Gloria von Thurn und Taxis "Wir sind das Land der Bedenkenträger"

Fürstin Gloria von Thurn und Taxis über adelige Lichtgestalten, den Wert von Gold und Wald, Frauenquoten, ihre Solar-Pläne und die Proteste gegen Stuttgart 21.

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Fürstin Gloria von Thurn und Taxis Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Durchlaucht, gibt es 2010 eine Erinnerung aus dem politischen, wirtschaftlichen oder öffentlichen Leben, die Ihnen wohl nie mehr aus dem Kopf gehen wird?

Thurn und Taxis: Was ich bestimmt nicht vergessen werde, ist der Ausbruch des isländischen Vulkans im Frühjahr mit der Konsequenz, dass der gesamte Flugverkehr zusammenbrach. Ich hatte an dem Tag eine sehr schöne Feier im Schloss organisiert anlässlich des 80. Geburtstags meiner Mutter und meines eigenen 50. Ein Großteil der Gäste konnte nicht kommen. Das war natürlich sehr schade.

Überrascht es Sie, dass in diesem Jahr im bürgerlichen Deutschland ein Adeliger – Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg – von Politik und Medien zur neuen Lichtgestalt ausgerufen wurde?

Herr zu Guttenberg sieht sehr gut aus und kann sich sehr gut ausdrücken. Er ist eloquent, freundlich, intelligent. Es ist normal, dass die Leute so jemanden gut finden.

Verkörpert er Werte, die wir jetzt suchen?

Absolut! Er ist immer noch mit seiner ersten Frau verheiratet, führt eine intakte Ehe, sie haben Kinder, er kommt aus einem sehr traditionsreichen Haus. Das sind Attribute, die man gerne mit Stabilität und Tradition assoziiert.

Sicherheit gilt wieder etwas, der Goldpreis steigt in immer höhere Sphären. Rohstoffe werden als Grundlagen des -Lebens – auch in ihrer Knappheit – wahrgenommen. Auch das ein Beleg, dass -traditionelle Werte „in“ sind?

Rohstoffe sind immer dann gefragt, wenn in anderen Anlagen wenig Musik ist. Aber an der Diskussion um die Wiedereinführung des Goldstandards ist schon ein Umdenken erkennbar hin zu werthaltigen Anlagen. Und Gold ist nun mal die Anlage, die einen Wert an sich hat. Ich sehe diese Rückbesinnung durchaus positiv.

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau an der Spitze eines großen Familienunternehmens gemacht? Das ist doch immer noch eine Ausnahme.

Ich habe persönlich nie Diskriminierung erlebt, Gott sei Dank. In der Verwaltung von Thurn und Taxis arbeiten überwiegend Frauen, vielleicht 80 Prozent. Das hat sich zufällig so ergeben, ich habe das nicht angestrebt. Aber ich bin sehr zufrieden damit, wie es ist, und ich glaube, die Mitarbeiterinnen sind es auch.

Was halten Sie von Frauenquoten für Aufsichtsräte oder Führungspositionen in Unternehmen? 

Frauen sind sehr engagiert und können viel leisten. Aber ich habe generell ein Problem mit Quoten. Karriere muss sich aus Leistung und Leistungsbereitschaft ergeben. Quoten haben mit Zwang zu tun, und das sollten wir uns sparen.

Gibt es so etwas wie ein Netzwerk von Frauen, die das unternehmerische Erbe ihrer Männer weiterführen – Friede Springer, Liz Mohn, Maria Elisabeth Schaeffler, um nur einige zu nennen?

Ich gehöre in dieser Hinsicht keinem Netzwerk an. Ich bin keine, die glaubt, dass Frauen ein besonderes Know-how vereint. Ich kenne viele der von Ihnen erwähnten Damen, aber wenn wir uns treffen, dann hat das eher gesellschaftlichen Charakter. Da reden wir nicht so sehr übers Geschäft.

Sind Sie eigentlich gern Unternehmerin? Sie haben sich das ja nicht ausgesucht, die Aufgabe kam nach dem Tod Ihres Mannes auf Sie zu.

Ich bin ja gar keine Unternehmerin. Das Haus Thurn und Taxis hat heute keine Unternehmen mehr. Wir haben Land- und Forstwirtschaft, ein paar Immobilien und ein wenig Kapitalvermögen.

Untertreiben Sie jetzt nicht ein wenig?

Überhaupt nicht. Als wir noch eine Brauerei hatten, hätte ich den Ausdruck Unternehmen gelten lassen. Aber die haben wir verkauft, weil ich glaube, dass ich das nicht so gut kann. Ich habe nicht das unternehmerische Gen, dafür bin ich zu risikoscheu.

Dafür stehen Sie aber schon lange an der Spitze der Firma – wenn Sie den Begriff Unternehmen nicht treffend finden. 

Nein, der Begriff Firma passt mir auch nicht. Wir produzieren ja nichts, mit Ausnahme von Holz. Wir leben aus der Land- und Forstwirtschaft. Das ist unser Kerngeschäft. Das ist anders, als wenn Sie Klebstoff herstellen.

Erklären Sie uns den Unterschied.

Bei uns geht alles sehr viel langsamer und bedächtiger. Natürlich kann man auch in Land- und Forstwirtschaft Risiken eingehen. Aber ein Unternehmer, das ist für mich jemand wie Konrad Henkel oder August Oetker.

Wie also würden Sie sich bezeichnen?

Ich bin Vermögensverwalterin und habe die Thurn-und-Taxis-Beteiligungen erfolgreich restrukturiert. Ich habe den Betrieb auf sein Kerngeschäft reduziert. Wir sind dadurch umsatzmäßig sehr viel bescheidener geworden, aber wir tragen auch weniger Risiken.

Wie beschreiben Sie Ihre Strategie für das Familienvermögen?

Wir wollen unser umfangreiches kulturelles Erbe erhalten. Der Nachhaltigkeitsgedanke ist mir wichtig: so wenig Risiken wie möglich eingehen und trotzdem genug Einkommen generieren, um das Erbe erhalten zu können.

Schloss Emmeram

Was wird aus Schloss Emmeram?

Es ist unser Bestreben, für dieses große Bauwerk inmitten von Regensburg weitere Verwendungszwecke zu finden. In einem Teil haben wir Büroraum eingerichtet: Wir haben einen Rechtsanwalt dort und einen Notar, den Ableger einer Schweizer Bank und eine Versicherung. Es gibt einen Weihnachtsmarkt und Sommerfestspiele, und wir verbessern ständig unser Programm für Besucher. Außerdem sind wir sehr erfolgreich in der Vermietung unserer Prunkräume, weil wir etwas Besonderes bieten, was nicht jedes Stadtschloss hat: Bei uns ist es privater.

Pläne für ein Luxushotel haben Sie nach dem Ausbruch der Finanzkrise fallen lassen, gibt es inzwischen neue Überlegungen?

Wir rechnen immer wieder Konzepte durch. Was ich gern angehen möchte – dazu brauche ich aber einen kompetenten Partner –, ist die Idee der Seniorenresidenz. Das Hotelprojekt hat sich auch deshalb zerschlagen, weil die Umbaumaßnahmen so umfangreich gewesen wären. Die Genehmigungen wurden zwar erteilt, aber die Auflagen waren so hoch, dass es nicht mehr rentabel gewesen wäre. Man müsste sehen, ob bei einer Seniorenresidenz die Investitionen geringer wären.

Ihre Familie gilt als größter Waldbesitzer Deutschlands. Wollen Sie daran in diesem Umfang festhalten oder mehr diversifizieren, um das Risiko zu streuen?

Wir haben vor ungefähr zehn Jahren einen großen Forstbetrieb an Adolf Merckle verkauft und besitzen heute nur noch knapp 20 000 Hektar Wald...

...womit Sie allerdings noch immer der größte Waldbesitzer sind.

Wir haben bewusst reduziert, weil mir die Konzentration auf so viel immobiles Vermögen zu risikoreich erschien. Ich persönlich würde nicht noch mehr in Land- und Forstwirtschaft investieren.

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