Abhör-Affäre Die Schlüsselpersonen der Telekom-Abhörprotokolle

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Heinz Klinkhammer: Der liebe Gewerkschafter als Übeltäter

Als interner Streit über die Rechtmäßigkeit und den weiteren Umgang mit der rechtlich umstrittenen Aktion entbrannte, versuchte der damalige Vorstand Personal und Recht, Heinz Klinkhammer, den Aufzeichnungen zufolge die Angelegenheit zu vertuschen.

Jahrelang galt das IG-Metall-Mitglied als der liebe Gewerkschafter von nebenan, mit dem ein harter Sanierungskurs mit einem drastischen Personalabbau nicht zu machen ist. Im Februar 1996 drückte der Vorsitzende der Postgewerkschaft, Heinz van Haaren, Klinkhammer als Personalvorstand und Arbeitsdirektor bei der Deutschen Telekom durch. Bei der Zerschlagung der Bundespost in die drei eigenständigen Unternehmen Postdienst, Postbank und Telekom wurden auch die politischen Einflusssphären von CDU, SPD und FDP aufgeteilt: Die SPD hatte die Telekom bekommen – und reklamierte den Posten des Personalvorstands für sich. Neben Netze-Chef Gerd Tenzer rückte damit ein zweiter SPD-Mann in den Konzernvorstand ein, in dessen Zuständigkeit auch die Konzernsicherheit fiel. Das heißt: Er kontrollierte den von Geheimdienstmitarbeitern und Verfassungsschützern organisierten Staat im Staate, der die Spitzelaktionen selber durchführte und an spezialisierte Dienstleister vergab.

Klinkhammer wußte bis zuletzt, wo seine Wurzeln sind und galt als verlängerter Arm des DGB und SPD im Vorstand. Selten eckte er mit dem Betriebsrat und der Postgewerkschaft an, dem Vorläufer der heutigen Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. „Der ideale Arbeitsdirektor ist ein Wanderer zwischen den Welten“, erklärte der Personalvorstand. „Er ist – fest im Vorstandsteam verwurzelt – stets auf der Suche nach dem fairen Ausgleich.“

Mit dieser Haltung erarbeitete sich der Mann mit dem struppigen Vollabart einen Ruf übers Arbeitnehmerlager hinaus und eine beachtliche Karriere. Der Jurist und Betriebswirtschaftler wurde Arbeitsrichter in Krefeld und Oberhausen. Dann war er elf Jahre lang im nordrhein-westfälischen Arbeitsministerium unter dem legendären SPD-Strippenzieher Friedhelm Farthmann, unter anderem als Staatssekretär. Mit dem Wechsel zu den Hüttenwerken Krupp Mannesmann in Duisburg 1991 und anschließend in den Vorstand der Mannesmannrühren-Werke AG übernahm er als Arbeitsdirektor beziehungsweise Personalchef erstmals Managerfunktionen. Mit Schlichtungen bei Einigungsstellen und in Tarifverhandlungen erarbeitete Klinkhammer sich auch im Arbeitgeberlager Renommee. Eine Berufung in Gremien der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände erreichte der rote Manager aber nicht. Dazu „war er zu sehr sozialdemokratisch gefärbt“, sagt ein hochrangiger BDA-Funktionär.

Bei der Telekom stand Klinkhammer wegen des zu laschen Stellenabbaus und der hohen Personalkosten in der Kritik. Die Zustimmung zum Abbau von 10 000 Arbeitsplätzen pro Jahr erkaufte er sich durch hohe Abfindungszahlungen und überdurchschnittliche Gehaltssteigerungen für die verbliebenen Mitarbeiter. Dadurch kletterte die Personalaufwandsquote, also das Verhältnis von Personalkosten zum Konzernumsatz, zeitweilig auf über 25 Prozent. Anfang Juli 2002, wenige Tage vor dem Rücktritt von Konzernchef Sommer, schloss Klinkhammer einen Tarifvertrag mit einem Gehaltsplus von 4,1 Prozent ab, dem höchsten Abschluss im Jahr 2002. Der Arbeitnehmerflügel im Aufsichtsrat hielten Sommer daraufhin noch die Treue, als die Kapitalseite längst einen Nachfolger suchte.

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