Albrecht Hornbach im Interview „Viel Platz auf der Welt“

Baumarkt-Chef Albrecht Hornbach über Ärgernisse bei der Mehrwertsteuererhöhung und den Minderheitseigner Kingfisher.

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WirtschaftsWoche: Herr Hornbach, Sie haben angekündigt, die Mehrwertsteuererhöhung transparent an Ihre Kunden weiterzugeben. Was wird dann aus Preisen wie 1,99 und 9,99 Euro? Hornbach: Ganz einfach: 2,04 und 10,24 Euro. Unser Unternehmen setzt nicht auf die Theorie der optischen Preise. Diese sind weg. Wie wird die Umstellung ablaufen? Wir werden schon vor Weihnachten damit beginnen, die Etiketten mit den neuen Preisen auszuzeichnen. An der Kasse werden die Preise erst ab 2. Januar geändert. Nur: Hornbach-Baumärkte haben rund 60.000 Artikel. Wir werden es also nicht ganz schaffen, alles genau am 2. Januar anzupassen. Wir nehmen dann in Kauf, dass wir die drei Prozentpunkte für ein paar Tage schlucken. Das Argerliche an der ganzen Sache ist jedoch, dass wir da 50.000 Stunden reinstecken müssen, allein um die Preise zu ändern. 50.000 Stunden? Was kostet Sie das? Rund eine halbe Million Euro. Und zum Personalaufwand kommen nochmal in gleicher Höhe Sachkosten hinzu, für neue Etiketten und IT-Leistungen, also die Umstellung von Kassen und Rechner. Die Metro hat Praktiker an die Börse gebracht, Praktiker hat dann Max Bahr übernommen, und Baumarktketten wie Toom, Marktkauf oder Hellweg stehen offen oder diskret zum Verkauf. Wo ist in dieser Gemengelage die Rolle von Hornbach? Wir spielen da keine große Rolle. Außer vielleicht, dass wir einen guten Job machen, gute Umsätze und Gewinne erzielen und ein paar neue Märkte pro Jahr eröffnen. Alles ganz unspektakulär. Das ist doch jetzt pures Understatement. Sie werden also nicht die Gunst der Stunde nutzen und einen Wettbewerber schlucken? Wenn es einen gäbe, der die entsprechenden großflächigen Märkte hätte, an einem guten Standort und mit bezahlbaren Mietverträgen, dann wäre das sicher eine Versuchung. Nur, es gibt diese Kandidaten nicht. Damit hat sich das Thema erledigt. Hornbach ist mit der Holding seit 1987 börsennotiert, mit der operativen Sparte, der Baumarkt AG, seit 13 Jahren. Sie und Ihre Familie halten 75 Prozent der Stammaktien. Ist es für ein Familienunternehmen nicht ein Graus, sich durch die Publikationspflichten ständig in die Karten schauen zu lassen? Wir haben uns daran gewöhnt. Lange waren wir das einzige börsennotierte Unternehmen in der Branche und daher auch immer die Gejagten. Das tut schon weh, wenn der Wettbewerber aus den Publikationen wichtige Dinge herauslesen kann. Andererseits ist die Pflicht zur Transparenz natürlich auch ein großer Ansporn und wirkt stark motivierend. Aber Sie haben doch bestimmt überlegt, den Börsengang rückgängig zu machen. Jedenfalls bekommen wir das oft geraten. Hauptsächlich aus Investmentbankkreisen, weil die natürlich damit Geld verdienen. Am besten würden wir jährlich die Strategie wechseln: Börsengang und dann wieder rückwärts. Dann wären wir der ideale Kunde. Ein Delisting ist aber kein Thema. Wieso holt sich das heimatverbundene Familienunternehmen Hornbach ausgerechnet den britischen Handelsriesen und europäischen Baumarktprimus Kingfisher mit einer 25-Prozent-Beteiligung ins Haus? Wenn die Kingfishers nicht wären, dann hätten wir die Familientreuhand nicht. In der Familientreuhand wurde geregelt, dass mindestens ein Übergang bis in die übernächste Generation stattfinden konnte. So ein Wechsel ist teuer. Wir haben die Schenkungs- beziehungsweise vorweggenommene Erbschaftsteuer von dem Geld bezahlt, das wir von Kingfisher bekommen haben. Also die Briten haben Ihnen die Eigenständigkeit bezahlt? Ganz genau. Wir haben Kingfisher natürlich nicht reingelegt. Das war von Beginn an so ausgehandelt, und wir beabsichtigen auch nicht, daran etwas zu ändern. Wie läuft denn die Zusammenarbeit mit Kingfisher? Sehr gut. In erster Linie bei der Entwicklung und im Einkauf von Eigenmarken wie bei der Marke MacAllister, die wir für Elektrogeräte nutzen. Da steckt die ganze Kraft beider Unternehmen drin. Aber die Effekte sind, gemessen an der Gesamtleistung der beiden Unternehmen und damit auch an den Erwartungshaltungen der Analysten, bescheiden. Die Herren Analysten wollen ja immer ihre Exceltabellen vollkriegen, wo sie ausrechnen, wie groß die Synergien sind und und wie sie sich periodisch dem Gewinn zurechnen lassen und so weiter. Das funktioniert so nicht. Wie viel ist es denn? Rund sechs Millionen Euro, die wir nicht hätten, wenn es die Kooperation nichtgäbe. Gibt es Wettbewerbsverbote, was die Expansion im Ausland angeht? Sie meinen, weil wir uns wie durch ein Wunder keinen Wettbewerb im Ausland machen? Nein, es gibt keine Verbotsklauseln. Wenn wir uns also aus Jux und Dollerei Wettbewerb machen würden, dann wäre natürlich die schöne Kooperation hinüber. Kein Mensch arbeitet mit einem Wettbewerber zusammen. Jedenfalls wir nicht. Aber irgendwann müssten die beiden Unternehmen doch aufeinandertreffen. Kingfisher expandiert kräftig, und Hornbach will den Auslandsanteil ebenfalls ausbauen. Es gibt viel Platz auf der Welt. Kingfisher expandiert in China, dort haben sie Obi übernommen, und sie sind jetzt auch in Russland. Wo wir übrigens auch sondiert, aber dann entschieden haben, es zu lassen und alle Informationen an Kingfisher weitergereicht haben. Wir hätten, um eine Marktgeltung alleine in Moskau zu bekommen, unsere gesamten Expansionsressourcen dort hinlenken müssen. Das war uns zu gefährlich und zu unsicher. Im Großraum Moskau hätten wir 20 Märkte gebraucht. Sonst hätten wir beispielsweise nicht flächendeckend werben können. In Deutschland werben Sie auch bundesweit im TV, sind aber in München nur schwach und in Hamburg, Köln und Düsseldorf überhaupt nicht vertreten. Verpuffen da nicht auch die Werbemillionen? Jetzt haben Sie genau die drei Zentren erwähnt, wo wir dran arbeiten. In Hamburg sind wir ab Anfang 2008, und in Köln kommen wir auch gut voran. Nur in Düsseldorf hakt es etwas. Sehen Sie es mal als eine Art Vorinvestition. Es hilft uns bei unserer weiteren Ansiedlungspolitik, wenn man Hornbach aus dem Fernsehen kennt. Wir werden jetzt sogar schon von Städten hofiert. Und wenn dann bald auch der Oberbürgermeister von Düsseldorf kommt, dann sind wir da, wo wir hin wollen.

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