Altersvorsorge Lebensversicherungen und Pensionskassen im Sog der Finanzkrise

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Kleine Zinsdifferenz, starke Einbußen (zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

Zwar sind diese Hypothekenpfandbriefe mit Immobilien und öffentliche Pfandbriefe mit Staatsschulden besichert, aber schon allein der aktuelle Zusammenbruch des Handels engt den finanziellen Spielraum der Lebensversicherungen erheblich ein: Sie können die Pfandbriefe derzeit schlicht nicht verkaufen, um fällige Policen zu bedienen. Zudem sind selbst Staatsschulden von Industrieländern nicht mehr unbedingt eine feste Bank, wie der Fall Island zeigt, das kurz vor dem Bankrott steht. Noch düsterer als bei Pfandbriefen sähe es nach einer Bankenpleite bei Inhaberschuldverschreibungen aus. Diese Papiere bringen bei Insolvenz im besten Fall noch etwa die Hälfte des Ursprungswertes ein, im schlechtesten Fall werden sie wertlos.

Aktien stehen ebenfalls auf der Minusliste der Lebensversicherungen. Zwar machen sie im Schnitt nur 7,8 Prozent des Anlagekapitals aus. Aber wenn der Aktienmarkt in diesem Jahr um ein Drittel einbricht, was dem bisherigen Jahresverlust des Dax entspricht, wäre das, auf das Gesamtkapital bezogen, eine Einbuße von immerhin 2,6 Prozent – falls der Wertverlust von Dauer sein und unter die Buchwerte in der Bilanz fallen sollte. Bei einigen stark abgeschmierten Werten wie Daimler oder Continental ist das fast sicher.

Pleite der Mannheimer Lebensversicherung gibt mögliches Szenario vor

Bliebe die Flucht in Bundespapiere. Doch angesichts von aktuell weniger als vier Prozent Rendite ließen sich nicht einmal die schon reduzierten 5,4 Prozent auf die Policen erwirtschaften. Das gilt auch für private Rentenversicherungen, ebenso wie für die vom Staat geförderten Riester- oder Rürup-Policen, die allesamt am Zinstropf der Lebensversicherungen hängen.

Bei fondsgebundenen Versicherungen gelten hingegen andere Regeln. Einen Garantiezins gibt es nicht. Die Sparraten fließen nicht in den allgemeinen Anlagetopf der Lebensversicherungen, sondern in Investmentfonds. Wegen des schwindenden Garantiezinses für klassische Lebensversicherungen werden Fondspolicen immer beliebter: Im Neugeschäft liegt der Anteil schon bei etwa 22 Prozent.

Mit dem Verzicht auf den Garantiezins haben Anleger größere Renditechancen – zumindest theoretisch. Investieren die besparten Fonds mehrheitlich in Aktien, geht mit dem Börsencrash aber die Verzinsung der fondsgebundenen Versicherung in den Keller. Zwischenzeitliche Verluste von 20 bis 30 Prozent sind nicht ausgeschlossen.

Und was, wenn die staatlichen Rettungsversuche für die Banken wirkungslos verpuffen? Dann kämen nicht nur die Renditen der Policen unter Druck, vielmehr wären finanzschwache Lebensversicherungen insgesamt bedroht. Wie so etwas aussehen könnte, ist an der Pleite der Mannheimer Lebensversicherung abzulesen: 2003 brach sie zusammen, nachdem sie sich mit Aktieninvestments verzockt hatte. Weil sich kein Käufer fand, musste der Sicherungsfonds der Lebensversicherungen Protektor eingreifen.

Griff in die Rücklagen (zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

Protektor wird aus Beiträgen der Assekuranz finanziert. Wenn wie im Fall der Mannheimer eine Sanierung misslingt, führt die Protektor-Auffanggesellschaft die Verträge der Versicherungskunden weiter. Zuletzt blieben für sie aber nur 3,5 Prozent Rendite hängen. Protektor greift grundsätzlich bei allen Lebensversicherungen. Fondspolicen haben allerdings die zusätzliche Besonderheit, dass die über die Sparraten erworbenen Fondsanteile als Sondervermögen insolvenzgeschützt sind.

Betriebsrenten. Direktversicherungen, mit denen sich ein Angestellter über seinen Betrieb fürs Alter absichert, sind am ehesten mit der Lebensversicherung vergleichbar. Meist wandelt der Arbeitnehmer dabei einen Teil seines Gehalts steuer- und sozialabgabenbegünstigt in Beiträge zur Betriebsrente um. Obendrauf kommt ein Zuschuss des Arbeitgebers. Die Prämien legt die Lebensversicherung, die die Direktpolice anbietet, wie die übrigen Beiträge aus konventionellen Lebensversicherungsverträgen an. Bei einer Pleite des Arbeitgebers sind die gezahlten Prämien vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters geschützt. Wird die Lebensversicherung als Anbieter der Direktpolice insolvent, kommt der Sicherungsfonds Protektor zum Zuge.

Kürzungen der Betriebsrente drohen

Wie Anleger bei der Pleite eines Lebensversicherers geschützt sind (zur Großansicht bitte auf die Grafik klicken)

Neben der Direktversicherung existiert in Deutschland eine ganze Reihe unterschiedlicher Versorgungssysteme nebeneinander, die mehr oder weniger stark von der Entwicklung an den Finanzmärkten abhängen. Größter Posten in diesem Flickenteppich sind mit 56 Prozent der Pensionsgelder die Direktzusagen. Das Unternehmen sagt seinen Mitarbeitern eine Betriebsrente oder die dafür nötigen Beiträge in festgelegter Höhe zu und finanziert diese über Rückstellungen in der Bilanz. Ob dieses System gut funktioniert, hängt mehr von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens und weniger von den Finanzmärkten ab. Allerdings können sich Direktzusagen nicht völlig von der Finanzkrise abkoppeln: Die scharfe konjunkturelle Abkühlung wird auch die Unternehmen herb treffen. Dann drohen Kürzungen der Betriebsrenten wie bei der Commerzbank und dem Gerling-Konzern im Jahr 2004.

Zudem lagern die Unternehmen ihre Direktzusagen zunehmend in Pensionsfonds und ähnliche Vehikel aus, die ihr Geld in Aktien, Anleihen und Immobilien anlegen. Weil ausgelagert, trifft die Finanzkrise die Betriebsrenten mit viel größerer Wucht. Tiefe Spuren zeigen sich bei den Pensionsplänen der Dax- und MDax-Unternehmen. So dürfte nach einer Modellrechnung der Unternehmensberatung Rauser Towers Perrin bei den Dax-Konzernen der Anteil der über Vermögenswerte gedeckten Pensionsverpflichtungen in diesem Jahr bereits von 71 auf 60 Prozent gesunken sein. „Hauptgrund für die starken Einbußen sind die Kursrückgänge am Aktienmarkt“, sagt Thomas Jasper, Vorstand bei Rauser Towers Perrin in Frankfurt. Bei den Pensionsplänen der Dax-Unternehmen lag der Aktienanteil Ende 2007 bei durchschnittlich 38 Prozent.

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