Angeblich Nachfolge-Regelung Haribo bindet Öffentlichkeit einen Bären auf

Der Bonner Gummibärchen-Konzern hat eine neue Unternehmensstruktur. Von einer klaren Nachfolgeregelung für den 87-jährigen Bärchenkönig Hans Riegel kann beim Bonner Familienunternehmen aber noch nicht die Rede sein.

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Goldbärchen in einer Quelle: dpa/dpaweb

Halb zogen Sie ihn, halb sank er hin. Frei nach der kurzen Ballade „Der Fischer“ von Johann Wolfgang von Goethe präsentierte Hans Riegel, der starke alte Mann im Bonner Süßwarenkonzern Haribo, seine neue Unternehmens- und Führungsstruktur.

An der Spitze der Gruppe soll demnach künftig eine Dachgesellschaft, die Haribo Holding GmbH & Co. KG, stehen. Je 50 Prozent daran halten der 87 Jahre alte Firmenpatriarch Hans Riegel sowie die Paul Riegel Familienholding - also Paul Riegels Kinder Hans-Jürgen, Hans-Guido, Andrea und Hans-Arndt. Eine Ebene darunter sind zwei Gesellschaften geplant: eine für Inlands (Umsatz: rund 550 Millionen Euro) - und eine für das Auslandsgeschäft (Umsatz: rund eine Milliarde Euro). Ungeachtet seines hohen Alters bleibt Hans Riegel weiter am Ruder. Er ist für Marketing und Vertrieb zuständig.

Ihm zur Seite als zweiter Gesellschafter steht nun Hans-Guido Riegel, der in die Fußstapfen seines vor einem Jahr verstorbenen Vaters Paul Riegel tritt. Der 44-Jährige übernimmt die Zuständigkeit für Produktion und Technik. Im neu geschaffenen Aufsichtsrat der Holding übernimmt der 42-jährige Hans-Arndt Riegel den Vorsitz und wacht damit formell über seinen Onkel. Er war vorher im Konzern schon für die Marke Maoam tätig. "Damit hat die Familie die Weichen für die Zukunft gestellt", frohlockte Hans Riegel am Montag. "Die neue Struktur ist ein klares Signal, dass Haribo ein Familienunternehmen bleibt", ergänzte Firmensprecher Marco Alfter.

Das dürfte aber auch schon die einzige gute Nachricht sein: Die erfolgreichste Fruchtgummi-Marke der Welt bleibt im Besitz der Familie Riegel. In den vergangenen Jahren war immer wieder über einen Verkauf des Bonner Unternehmens spekuliert worden. Auch ein Börsengang war als Möglichkeit im Gespräch.

Neue Struktur schafft keine Klarheit

Wie freiwillig Hans Riegel die Mitglieder der nächsten Generation ans Ruder lässt und wie gut die Zusammenarbeit künftig klappt, ist dagegen unklar. Denn eines steht fest: Beide Familienzweige liegen seit Jahren im Streit. Der kinderlose Hans Riegel gilt als machtverliebt, als stur und eigensinnig. Weder sein vier Jahre älterer Bruder noch dessen Söhne konnten sich neben ihm im Unternehmen entfalten.

Paul Riegel hätte wohl gerne seinen Sohn Hans-Guido als Nachfolger aufgebaut, was Bruder Hans jedoch lange verhinderte und stattdessen auf Hans-Jürgen setzte, Paul Riegels Sohn aus erster Ehe. Der leitete auch schon das Frankreichgeschäft des Fruchtgummi-Riesen, geriet dann aber so heftig mit dem Patriarchen aneinander, dass er im Herbst 2005 schließlich nach Jahren im Wartestand das Unternehmen verließ. Hans-Jürgen ist heute Geschäftsführer von Bioen Nord, einer jungen Biogasfirma, die Energie aus Speiseabfällen gewinnt.

Auch die neue Struktur schafft keine Klarheit. Mit der 50:50-Lösung wurde die vorherige Patt-Situation nicht aufgelöst. Und auch die Tatsache, dass Hans Riegel sein Kapital in eine Stiftung mit Sitz in Österreich eingebracht hat, die dann über seinen Tod hinaus unantastbar bleibt, wirft Fragen auf. Eine klare Nachfolgeregelung jedenfalls sieht anders aus.  

Zu der neuen Unternehmensstruktur sei es nach Zeitungsinformationen erst durch einen Schiedsspruch der Industrie- und Handelskammer in Bonn gekommen, bei dem es um die Nachfolgeregelung im Unternehmen ging. Die Frist zur Einigung sei in diesen Tagen verstrichen. Ein Haribo-Sprecher bestätigte ein solches Verfahren,  wies einen Zusammenhang mit der Umstrukturierung jedoch zurück. Vielmehr habe man Zeit gebraucht, um das geeignete Modell zu finden.

Hans Riegel führt das Unternehmen seit 1946, bis zu dessen Tod im vergangenen Jahr gemeinsam mit seinem Bruder Paul. Hans, der ältere der beiden, hatte seit Beginn die Verantwortung für Vertrieb und Marketing. Er expandierte mit Gummibärchen und Kaubonbons in mehr als 20 Länder, er machte Thomas Gottschalk zum Werbegesicht des Unternehmens.

Sein Bruder Paul kümmerte sich um die Technik. Er erfand unter anderem die Lakritzschnecken-Wickelmaschine. Beide machten so die kleine Süßwarenproduktion ihres Vaters zum Weltmarktführer. Gemeinsam teilten sich die Geschwister die Anteile an dem Unternehmen mit geschätzten 1,6 Milliarden Euro Jahresumsatz - auch wenn das Verhältnis unter den sehr unterschiedlichen Brüdern und vor allem zwischen dem dominanten Hans und der nächsten Generation schwierig war.

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