Angebliche Lizenzverstöße Microsoft und Oracle nehmen Unternehmen in die Mangel

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Oracle-Chef Larry Ellison. Das Quelle: REUTERS

Während der Walldorfer Softwareriese SAP hier als „relativ anständig“ gilt, eilt dem US-Konkurrenten Oracle der Ruf eines aggressiven Akteurs voraus. In einem Schreiben, dass der WirtschaftsWoche vorliegt, droht Oracle nach angeblichen Lizenzverstößen einem deutschen Industriekonzern offen mit der Eskalation, sollte er nicht binnen vier Wochen den Oracle-Vertrieb kontaktieren. „Die Schreiben sind die Basis für die anschließende Folter“, sagt Anwalt Pauly.

„Naht bei einem Softwarehersteller das Geschäftsjahresende, kann der richtig unangenehm werden“, hat Christian Wagner (Name geändert), der Softwarelizenzchef eines süddeutschen Konzerns, beobachtet. Der Oracle-Vertrieb habe ihm massiv mit Konsequenzen gedroht. Microsoft sei nicht weniger deutlich, selbst wenn die „charmanter“ vorgehen. „Die sagen: Ihr habt 70.000 Mitarbeiter, aber nur 55.000 Lizenzen. Das kann nicht stimmen, ihr müsst zahlen.“ Doch nicht jeder Mitarbeiter habe einen Rechner. Der Softwareanbieter führe ungenaue Zahlen an, um Forderungen zu begründen. Einer Lizenzprüfung kann sich der Konzern ohnehin nicht entziehen.

Microsoft weist Vorwürfe zurück

Microsoft versucht nach Aussage des Lizenzmanagers so vor allem Enterprise-Verträge an den Mann zu bringen. Das sind teure Abkommen, nach denen der Kunde auf allen Rechnern Microsoft-Office-Software nutzen darf. Für einen Konzern mit 25.000 Nutzern kostet ein solcher Enterprise-Vertrag einmalig rund 25 Millionen Euro plus zehn Millionen Euro Wartungsgebühr jährlich.

Oracle äußerte sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen. Microsoft-Deutschland-Chef Marcel Schneider weist sie dagegen zurück, „Unstimmigkeiten, bei denen wir Wirtschaftsprüfer schicken, liegen im Promillebereich“. Zudem seien sie rückläufig, habe Microsoft doch die Lizenzabkommen vereinfacht und die Kundenberatung verbessert. Auch gebe man in Einzelfällen Kunden die Zeit, um ihr Lizenzmanagement in Ordnung zu bringen.

Software-Hersteller drängen auf Nachkauf

Doch so viel Entgegenkommen gibt es anscheinend nicht immer: Zeigen sich dann die Kunden nicht sofort verhandlungsbereit, werden die Drohungen schon mal härter. Lizenzmanager Berger berichtet von einem Vorfall, in dem eine Softwarefirma schnellstens eine Lizenzprüfung durchführen wollte. Dazu haben die Anbieter den meisten Verträgen nach das Recht. „Wir hatten zu der Zeit nicht die Kapazitäten zur Unterstützung einer Prüfung parat, baten um Verschiebung“, erzählt er. Sofort habe der Anbieter gedroht, die Nutzung der Software zu untersagen. „Das sind keine partnerschaftlichen Geschäftsbeziehungen mehr“, schimpft Berger. Denn offenbar wollen die Anbieter nicht nur verhindern, dass Firmen Unterlizenzierungen vertuschen. Vielmehr sollen die Kunden schnell nachkaufen.

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