Arriva-Übernahme Deutsche Bahn tätigt teuersten Zukauf ihrer Geschichte

Die Deutsche Bahn wird das Bus- und Zugunternehmen Arriva übernehmen. Die Briten haben heute zugestimmt. Der Kaufpreis liegt bei 1,8 Milliarden Euro - der teuerste Zukauf in der Geschichte der Deutschen Bahn. Die Auswirkungen des Deals werden auch für die deutschen Kunden spürbar sein - weshalb an Kritik nicht mangelt.

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Arriva-Bus im britischen Tamworth, Staffordshire. Quelle: dpa

ek/HB LONDON. Die Deutsche Bahn hat für die geplante milliardenschwere Übernahme des britischen Transportunternehmens Arriva die Zustimmung des Managements. Wie beide Unternehmen am Donnerstag mitteilten, empfiehlt der Arriva-Vorstand seinen Aktionären das Kaufangebot der Bahn als "fair und vernünftig".

Der bundeseigene Konzern ist demnach bereit, 775 Pence pro Arriva- Aktie zu zahlen. Inklusive zu übernehmender Schulden will die Deutsche Bahn rund 2,7 Mrd. Euro aufbringen. Dies wäre ihr spektakulärster Zukauf seit der Übernahme des Logistikers Stinnes 2003.

Bahnchef Rüdiger Grube erklärte, eine Übernahme von Arriva biete "exzellente Chancen" im europäischen Wettbewerb. Das börsennotierte britische Unternehmen betreibt Busse und Bahnen in zwölf europäischen Ländern, darunter in Deutschland. Nach ersten Gesprächen mit den Wettbewerbsbehörden gehe die Bahn davon aus, "dass wir in Deutschland die Eisenbahnaktivitäten von Arriva veräußern werden".

Der Bahn-Aufsichtsratsvorsitzende Utz-Hellmuth Felcht erklärte, dass Deutschland weiter der Kernmarkt für den Konzern bleibe. "Für die deutschen Kunden wird es dadurch keinerlei Einschränkungen oder Abstriche geben.

Arriva betreibt in zwölf Ländern Europas Bus- und Bahnlinien. Es ist eines der wenigen größeren Verkehrsunternehmen, die nicht von Staat kontrolliert werden. Der geplante Kauf stieß bei Verkehrspolitikern auf Kritik, da ein Staatsunternehmen einen privaten Konkurrenten auf dem Markt ausschalte.

Bei einem Kauf gilt es allerdings als sicher, dass sich Arriva aus Kartellgründen von seinen deutschen Töchtern trennen müsste: Als Konkurrent treten die Briten hier seit 2004 im Nahverkehr gegen die Deutsche Bahn an. So sind sie etwa an der ostdeutschen Eisenbahn (ODEG) und Metronom beteiligt. Der Gesamtkonzern machte 2008 mit 44 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 3,35 Mrd. Euro.

Arriva ist dabei vor allem im liberalisierten Markt in Großbritannien unterwegs, der als besonders attraktiv gilt. Dort hat der deutsche Staatskonzern bereits die Güterbahn EWS gekauft und ist auf einigen Strecken auch im Personenverkehr aktiv. Auch die Tochter der französischen Bahn SNCF, Keolis, hatte zuletzt Gespräche mit Arriva geführt.

Bis zuletzt rechnete die Bahn mit einem Gegenangebot von Seiten der Franzosen: Wenn ein anderes Unternehmen mehr für Arriva bietet, sollte der Präsidial-Ausschuss des Aufsichtsrates ermächtigt werden, ein neues Angebot vorzulegen, hatte der Vorstand dem Aufsichtsrat vorgeschlagen. Der Aufsichtsrat änderte nach Angaben von Teilnehmern diesen Passus jedoch: "Das Gebot liegt eher an der oberen Grenzen dessen, was Arriva Wert ist", sagte ein Aufsichtsrat.

Der geplante Kauf stieß bei Verkehrspolitikern auf Kritik, da ein Staatsunternehmen einen privaten Konkurrenten auf dem Markt ausschalte. Arriva ist vor allem im liberalisierten Markt in Großbritannien unterwegs, der als besonders attraktiv gilt. Dort hat der deutsche Staatskonzern bereits die Güterbahn EWS gekauft und ist auf einigen Strecken auch im Personenverkehr aktiv. Auch die Tochter der französischen Bahn SNCF, Keolis, hatte zuletzt Gespräche mit Arriva geführt.

Auch bei Verkehrspolitikern stieß das Projekt ohnehin auf Widerstand und Skepsis: Der unter Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn begonnene Größenwahn gehe unter seinem Nachfolger Rüdiger Grube weiter, kritisierte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter. Grube solle lieber einen besseren Verkehr in Deutschland organisieren. Zudem zerstöre die mit Steuergeldern geförderte Bahn den Wettbewerb mit dem Kauf. Auch in Kreisen der FDP gab es Kritik: Hier werde ein privates Unternehmen faktisch verstaatlicht.

Sollte die Übernahme klappen, rückt auch das von Bahnchef Grube genannte Ziel einer Reduzierung der Schulden in weite Ferne. Nach der jahrelangen Einkaufstour unter Mehdorn ist die DB immer noch mit gut 15 Mrd. Euro verschuldet. Der Kaufpreis für Arriva soll durch die Ausgabe neuer Anleihen finanziert werden.

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