Australien Das Hochwasser und die steigenden Stahlpreise

Australiens Katastrophen-Hochwasser lässt die Kokskohlebergwerke volllaufen - mit unübersehbaren Folgen für die deutsche Wirtschaft. Aber die Fluten müssen hierzulande auch für ersehnte Preiserhöhungen der Konzerne herhalten - down under, ein willkommenes Argument für Aufschläge und andere Begehrlichkeiten-

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Hochwasser in Australien Quelle: dpa

Die Bilder im Fernsehen zeigen Gruseliges: neun Meter lange Krokodile, die mit den Fluten in Australien durch die Straßen schwimmen und glibbrige Schlangen und Nattern, die sich in Gartenzäunen verknäueln. Die deutsche Wirtschaft beachtet auch die anderen Kameraschwenks mit einem gewissen Schauder-Effekt: Vollgelaufene Kokskohlezechen, Kohleschiffe, die ohne Ladung an der Pier dümpeln. Die Frage gleich zu Anfang des Jahres lautet: Führt das ferne Hochwasser down under zu einer Koksknappheit in Deutschland? Wird Stahl und Strom dadurch teurer? Wirken sich beide Preisaufschläge auf die Konjunktur aus?

Die Alarmsignale aus Australien sind unüberhörbar: "Das hat massive Folgen für die internationalen Märkte und die internationale Stahlproduktion", warnt die Ministerpräsidentin des überschwemmten australischen Bundeslandes Queensland. Und der australische Rohstoffminister Stephen Robertson sekundiert: "Es wir für einige Minen mehrere Monate dauern, bis sie wieder voll arbeiten können".

Die Rechnung, die das Rohstoffministerium jetzt schon aufmacht, ist einfach: Queensland verschifft täglich Kokskohle mit einem Marktwert in Höhe von 80 Millionen Euro. Eilig, um nicht zu sagen voreilig, künden deutsche Konzerne Preiserhöhungen für ihre Produkte an. ThyssenKrupp - Kokskohle ist ein wichtiger Grundstoff für die Stahlherstellung - sieht Preissteigerungen im zweiten Quartal. Und E.On war gleich zu Anfang schnell bei der Hand, Strompreiserhöhungen wegen der Überschwemmungen anzukündigen.

Asien wird eher betroffen sein als Europa

Dabei wird in den Kohlekraftwerken gar keine Kokskohle verwendet. Da alles nicht zu einfach klingen darf, wurde eine ganze Kettenreaktion von den E.On-Managern beschworen: Australien exportiert auch Kesselkohle nach Asien, nach Japan, Südkorea und Taiwan. Diese schauten sich infolge der Lieferengpässe bereits in anderen Ländern nach Kesselkohle um, so in Russland, Südafrika, USA oder Kolumbien. Dieses werde die Weltmarktpreise für Kesselkohle erhöhen - ergo steigende Rohstoffkosten auch für E.On. So wird nach dem frühen Wintereinbruch, der ebenfalls Preissteigerungen nach für das Frühjahr 2011 nach sich zieht, ein weiteres Argument für zusätzliche Preisschübe gebastelt.

Glaubhaft erscheint zunächst nur ThyssenKrupp. Der Revier-Stahlkocher bezieht 40 Prozent seiner Kokskohle aus Australien. Doch gibt es noch genügend Reserven in Zwischenlägern, die den Ausfall kompensieren. Außerdem kann der Konzern auch auf andere Kokskohle-Lieferländer ausweichen, so auf Afrika, USA und Kanada.

Für fünf Monate jedenfalls, so lange brauchen die Kokskohle-Zechen in Australien, um vollständig wieder auszutrocknen, reicht es mit Hilfe von Reserven und kurzfristigen Ersatzlieferungen aus anderen Ländern allemal - so dass kein Engpass auf dem Welt-Kokskohlemarkt entsteht. Nur 15 Millionen Tonnen Kokskohle exportierte Australien 2009 nach Europa, 254 Millionen Tonnen dagegen nach Asien. Südamerika lieferte 70 Millionen Tonnen Kokskohle nach Europa, Russland 62, die USA 44 und Kanada 3 Millionen Tonnen nach Europa. Da ist noch Luft. Von einer bedrohlichen Abhängigkeit von australischer Kokskohle kann keine Rede sein.

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