+++11:37 Uhr+++
Der Volkswagen-Aufsichtsrat ist in Wolfsburg zu seiner Sitzung zusammengekommen. Das 20-köpfige Gremium entscheidet über den Nachfolger des zurückgetretenen VW-Chefs Martin Winterkorn und weitere Konsequenzen des Abgas-Skandals. Favorit für den Chefposten ist der bisherige Porsche-Chef Matthias Müller.
Eine aktualisierte Studie des Forschungsinstituts ICCT zeigt, dass auch der CO2-Ausstoß in echten Fahrsituationen um rund 40 Prozent über den Hersteller-Angaben aus Labortests liegt. Diese Differenz habe sich damit seit 2001 vervierfacht. Seit 2010 gebe es damit in der Realität praktisch keine Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes bei Autos.
+++9:03 Uhr+++
Das ZDF-Politbarometer hat eine Umfrage zum Thema VW veröffentlicht. Danach gehen 54 Prozent der Befragten davon aus, dass die Manipulationen VW dauerhaft schaden werden, 44 Prozent glauben das nicht. Das Vertrauen in die Angaben von Autoherstellern ist demnach generell nicht sehr groß: 76 Prozent sind der Meinung, dass bei Abgaswerten sehr häufig (29 Prozent) oder häufig (48 Prozent) Falschangaben gemacht werden.
Stimmen zum Abgas-Skandal bei VW
Osterloh fordert im Skandal um manipulierte Abgastests in den USA ein entschiedenes Durchgreifen auch innerhalb des Konzerns. „Das muss jetzt mit aller Konsequenz und Offenheit aufgeklärt werden; und wir müssen Konsequenzen daraus ziehen“, sagte er dem Magazin „Stern“. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Osterloh, der als einer der mächtigsten Männer bei Volkswagen auch Mitglied des Aufsichtsrats ist, äußerte sich geschockt über die Vorwürfe und forderte: „Wir müssen verloren gegangenes Vertrauen bei unseren Kunden zurückgewinnen.“ Vor allem Konzernchef Martin Winterkorn stehe dabei nun in der Pflicht.
„Eine Manipulation von Emissionstests ist völlig inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen“, sagte der SPD-Politiker, der als amtierender Regierungschef in Niedersachsen Mitglied im Präsidium des Aufsichtsrates von VW ist. „Es muss selbstverständlicher Anspruch des VW-Konzerns sein, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.“ Er habe die Nachricht "mit Besorgnis zur Kenntnis genommen. Die gegen VW in den USA erhobenen Vorwürfe wiegen schwer“, sagte Weil. Er gehe davon aus, dass diese Vorfälle „schnell und gründlich aufgeklärt werden. Erst danach kann über mögliche Folgen entschieden werden."
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine rasche und volle Aufklärung der Abgas-Manipulationen des Volkswagen-Konzerns gefordert. Merkel sprach sich „angesichts der schwierigen Lage“ für „volle Transparenz“ aus und forderte: „Ich hoffe, dass möglichst schnell die Fakten auch auf den Tisch kommen.“
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Abgas-Manipulationen scharf kritisiert. Der Vizekanzler geht aber von keinem nachhaltigen Schaden für die deutsche Industrie insgesamt aus. „Dass das ein schlimmer Vorfall ist, ist glaube ich klar“.Natürlich gebe es Sorge, dass der exzellente Ruf der deutschen Automobilindustrie und vor allem von Volkswagen darunter leidet: „Ich bin aber sicher, dass das Unternehmen schnell und restlos den Fall aufklären und die denkbar eingetreten Schäden wieder gut machen wird.“ Der Fall sei aber nicht typisch. „Der Begriff „Made in Germany“ ist weltweit ein Qualitätsbegriff.“ Deshalb müsse schnell aufgeklärt werden: „Aber ich glaube nicht, dass das ein dauerhafter und prinzipieller Schaden für die deutsche Industrie ist.“ Gabriel sprach sich dafür aus, Messfehler oder Manipulationen vielleicht einmal insgesamt zu überprüfen.
Die Bundesregierung fordert von den Autoherstellern „belastbare Informationen“, um mögliche Manipulationen bei Abgastests auch in Deutschland prüfen zu können. Diese Überprüfung müsse durch das Kraftfahrtbundesamt vorgenommen werden, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums. Er forderte zudem die Hersteller auf, eng mit den US-Behörden zusammenzuarbeiten, um eine „lückenlose Aufklärung“ zu ermöglichen. Der Sprecher sagte, seinem Haus lägen „keine weiteren Kenntnisse über mögliche Schummeleien deutscher Automobilproduzenten vor“.
CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt hat Volkswagen aufgefordert, Kunden "vollumfänglich aufzuklären", um dadurch Vertrauen zurückzugewinnen. Er betonte, die Regierung wolle selbst aktiv dafür sorgen, dass derartige Manipulationen in Zukunft nicht wieder vorkämen.
Volkswagen-Chef Martin Winterkorn kann nach Meinung von Autofachmann Ferdinand Dudenhöffer angesichts des Abgas-Skandals in den USA nicht im Amt bleiben. Winterkorn, in dessen Verantwortung auch die konzernweite Forschung und Entwicklung falle, habe entweder von den Manipulationen gewusst oder aber er sei ahnungslos und habe seinen Geschäftsbereich nicht im Griff, sagte der Direktor des CAR-Instituts der Universität Duisburg-Essen der „Frankfurter Rundschau“. „In beiden Fällen würde ich sagen, dass Winterkorn an der Konzernspitze nicht mehr tragbar ist.“ Der „Westdeutschen Allgemeinen“ sagte er: „Jeder Politiker könnte bei einer solchen Angelegenheit nicht in seinem Amt bleiben.“
In Europa werden die Auto-Abgaswerte nach Angaben des TÜV Süd bereits während der Produktion streng überwacht. „Da gibt es klare Regeln“, sagte ein Sprecher. Für alle Fahrzeuge, die in der EU zugelassen werden sollen, müssten die Hersteller externe Kontrollen sicherstellen. „Die Fahrzeuge werden nach dem Zufallsprinzip vom Band genommen und kontrolliert“, sagte er. Allein der TÜV Süd nehme pro Jahr mehr als tausend dieser Kontrollen vor.
BMW ist nach eigenen Angaben von dem Skandal nicht betroffen. Bei Überprüfungen eines Dieselfahrzeugs habe es keine auffälligen Abweichungen der Werte gegeben, erklärte das Unternehmen. Bei BMW habe sich die EPA nicht gemeldet, hieß es in München. Wie sich der Skandal auf den Absatz von Diesel-Fahrzeugen in den USA auswirken werde, lässt sich nach Einschätzung von BMW noch nicht beurteilen. Für BMW machen diese Fahrzeuge bislang erst einen kleinen Anteil aus: In den letzten Jahren habe der Absatz von Dieselwagen in den USA drei bis sechs Prozent des gesamten Absatzes ausgemacht - höchstens rund 20.000 Fahrzeuge jährlich.
Daimler ist nach eigenen Angaben nicht von den Ermittlungen der US-Umweltschutzbehörde EPA wegen Abgas-Manipulationen betroffen. "Es gibt nach unseren Erkenntnissen keine Untersuchungen zu Mercedes-Benz", teilte der Stuttgarter Konzern am Montag mit.
Nach Meinung von Experten des DIW wird der VW-Abgasskandal im schlimmsten Fall auch die deutsche Konjunktur belasten. "Die Autoindustrie ist technologisch eine der Schlüsselbranchen, es ist die Leitindustrie schlechthin in Deutschland", sagt Industrieexperte Martin Gornig vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. "Wenn es zu Absatzeinbußen kommt, könnte es auch Zulieferer treffen und damit die gesamte Wirtschaft."
Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, hat von VW eine schnelle Aufklärung des Abgasskandals gefordert. "Wir kritisieren jegliche Manipulation scharf", sagte er. "Jedes Unternehmen muss sich an die geltenden Regeln halten." Er begrüße aber, dass VW die Vorwürfe von unabhängigen Fachleuten prüfen lassen wolle. "Jedes Fehlverhalten muss lückenlos aufgeklärt werden. Jetzt helfen nur Transparenz, Offenheit und Tempo."
+++8:22 Uhr+++
Vor Beginn der Sitzung des VW-Aufsichtsrates ist am frühen Freitagmorgen bereits das Präsidium des Kontrollgremiums in Wolfsburg zusammengekommen. An der Vorbesprechung nehmen der Interimsvorsitzende des Präsidiums, Berthold Huber, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), Großaktionärs-Vertreter Wolfgang Porsche sowie Betriebsratschef Bernd Osterloh und dessen Stellvertreter Stephan Wolf teil.
Das oberste Kontrollgremium von Europas größtem Autobauer will die Weichen für die Neubesetzung des VW-Chefpostens stellen. Top-Favorit für die Nachfolge ist Porsche-Chef Matthias Müller.
+++8:10 Uhr+++
Die Affäre um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen zieht weitere Kreise. Die indische Regierung hat eine Untersuchung der Volkswagen-Abgaswerte angeordnet. "Wir wollen wissen, ob das, was in den USA passiert ist, auch bei uns passieren könnte oder nicht", sagte ein Regierungsvertreter der Zeitung "Mint". Unterdessen werden Forderungen nach einer Entschädigung für betroffene deutsche Autofahrer laut.
+++6:38 Uhr+++
Strenge Umweltgesetze hatten Dieselfahrzeuge schon einmal fast von US-Straßen verbannt. Im Skandal um getürkte Abgaswerten droht VW nun der Zorn der Umweltbehörde – und deren Schadenersatz-Anspruch ist nur der Anfang. „Wir bereiten uns gerade auf bedeutende Vollstreckungsmaßnahmen vor“, so Nichols am Donnerstag in Sacramento. Es sei noch zu früh zu sagen, welche Strafen gegen VW verhängt werden.
+++19.06 Uhr+++
Nach seinem Rücktritt erwartet Winterkorn eine Rente von fast 30 Millionen Euro. Hinzu könnten weitere Millionen an Abfindungen kommen - darüber entscheidet noch der Aufsichtsrat des Konzerns. Das berichtet die Nachrichtenagentur "Bloomberg" unter Berufung auf Dokumente des Unternehmens. Laut dem letzten VW-Jahresbericht stehen Winterkorn möglicherweise zwei üppige Zahlungen zu.