Abgas-Skandal Deutsche Umwelthilfe kauft mobiles Abgaslabor

Mit einem mobilen Messgerät weicht die Umweltorganisation dem Druck der Autoindustrie aus. Bislang war kaum ein Prüflabor bereit in ihrem Auftrag den Schadstoff-Ausstoß an Dieselfahrzeugen zu messen.

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Dass Portable Emission Measurement System (PEMS) ist mobil und misst die Schadstoffe während der Fahrt. Quelle: dpa

Nach Ostern könnte es im Skandal um teils viel zu hohe Stickoxidwerte in Pkw-Dieselabgasen für die Autohersteller noch ungemütlicher werden. Dann will die Deutsche Umwelthilfe (DUH) damit beginnen, mit einem mobilen System die realen Stickoxid- und Kohlendioxidemissionen einzelner Dieselmodelle unter realen Bedingungen auf der Straße zu messen.

Die Anschaffung ist eine Art Notwehr. Weil die DUH laut eigenen Angaben in Deutschland aus Angst vor Sanktionen seitens der Automobilindustrie kein Prüflabor findet, das bereit ist, den Ausstoß dieser Schadstoffe an Diesel-Fahrzeugen zu testen, weicht die Umweltorganisation auf die mobile Technik aus, kurz PEMS genannt für: Portable Emission Measurement System.

Ihr großer Vorteil neben der Verwendung im Alltagsbetrieb: Sie ist mobil und misst die Schadstoffe während der Fahrt. Und sie ist mit rund 90.000 Euro wesentlich preiswerter als ein gut ausgestattetes Prüflabor, dessen Einrichtung sieben bis acht Millionen Euro kostet.

Die Abgas-Tests in Deutschland und Europa

Neben der Messung der Schadstoffkonzentrationen will die Umwelthilfe vor allem herausfinden, ob und nach welchem Muster die Abgasreinigungssysteme in Dieselfahrzeugen abgestellt werden, so dass sie im normalen Fahrbetrieb plötzlich zu Dreckschleudern werden. DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch hat einen klaren Verdacht: Die Systeme sind besonders sauber, wenn sie erkennen, dass sie im Prüflabor getestet werden, auf der Straße schalten sie sich jedoch oft aus. „Wir werden uns zunächst an den meist verkauften Modellen abarbeiten“, kündigt Resch an. Das ist durchaus als Drohung an die Autoindustrie gedacht.

Auf der Straße stoßen viele Autos deutlich mehr aus

Wie aufschlussreich die PEMS-Messungen sein können, hat schon vergangenes Jahr eine Untersuchung der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt gezeigt. Die Prüfer fuhren mit einem Volkswagen CC, einem BMW 320d und einem Mazda 6 durch München, Stuttgart und über Land. Alles Fahrzeuge, die die strenge Euro-6-Norm für Diesel erfüllen sollen.

Sie dürfen auf dem Rollenprüfstand höchstens 80 Milligramm gesundheitsschädliche Stickoxide (NOx) pro gefahrenen Kilometer ausstoßen, um die Zulassung für die Straße zu erhalten. Im Realbetrieb stießen sie jedoch teils mehr als das Achtfache des Luftschadstoffs aus – im Extremfall 676,5 Milligramm pro Kilometer.

Die Prüfer zogen daraus einen eindeutigen Schluss und forderten in ihrem Bericht, ein verschärftes Zulassungsverfahren einzuführen, das die realen Fahremissionen ermittelt. „Das wird als unbedingt notwendig angesehen, um in absehbarer Zeit der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte näherzukommen“, schrieben sie. Mit anderen Worten: Unsere Atemluft sauber zu bekommen. Das DUH wird mit seinen Untersuchungen den Druck noch einmal verstärken.

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