An diesem Freitag ist die nächste Anhörung vor dem Bezirksgericht San Francisco angesetzt, in dem es um die 80.000 Diesel-Wagen von Audi, VW und Porsche geht, deren Drei-Liter-V6 über eine illegale Abgastechnik verfügt. Bei der vorangegangenen Anhörung Anfang November zeigte sich Richter Breyer zufrieden mit dem Fortschritt der Verhandlungen zwischen Audi als Entwickler der Motors und den US-Umweltbehörden. Ob der Richter und die Behörden das nach den neuerlichen Vorwürfen immer noch so optimistisch sehen, wird sich zeigen. Zudem hat die US-Kanzlei Hagens Berman eine Sammelklage im Namen der Autobesitzer eingereicht, die einen Audi mit dem betreffenden Automatikgetriebe besitzen.
Nach dem Skandal um manipulierte Stickoxid-Emissionen (NOx) bei Volkwagen und anderen Herstellern nehmen Umweltorganisationen nun verstärkt die klimarelevanten Kohlendioxidemissionen ins Visier. Dass Autohersteller bei den CO2-Werten und den direkt damit verbundenen Verbrauchsangaben nach allen Regeln der Kunst tricksen, ist unstrittig. Deshalb wuchs in Europa die Diskrepanz zwischen den gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsmessungen und dem realen Verbrauch auf der Straße in nur fünfzehn Jahren von neun auf 42 Prozent. Diese neuen Zahlen kommen von der US-Umweltorganisation ICCT, die schon den Abgasskandal bei VW mit ihren Messungen ins Rollen brachte.
Auch bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die in den vergangenen Monaten aufgrund ihrer zahlreichen unabhängigen NOx-Messungen an Fahrzeugen zum wichtigsten Kontrolleur und Gegenspieler der deutschen Autobauer geworden ist, steht das Thema CO2 im kommenden Jahr ganz oben auf der Agenda. Laut DUH-Chef Jürgen Resch „setzen neben Audi auch andere Hersteller in Deutschland die Lenkradkennung ein“. Ein „süddeutscher Hersteller“ habe, so heißt es bei der Umwelthilfe, „bei allen Benzin-Motoren eine Testerkennung aktiv und nutzt Lenkwinkel beziehungsweise ein Querbeschleunigungssignal aus dem Getriebesteuergerät.“
Teils basieren diese Erkenntnisse auf Informationen, die Mitarbeiter der Konzerne und andere Insider der DUH zukommen lassen, teils sind sie das Ergebnis von DUH-Tests. Die Umweltorganisation werde die für die einzelnen Autokonzerne zuständigen Staatsanwaltschaften „über die ihr vorliegenden Hinweise sowie erste durchgeführte Tests informieren“, kündigte die DUH an. Auch gebe es derzeit Tests an Autos deutscher Hersteller, um mögliche Mogeleien per Lenkradkennung zu beweisen.
Die DUH streitet mit dem Bundesverkehrsministerium seit einem halben Jahr um die Herausgabe der Protokolle von Emissionsmessungen inklusive der CO2-Werte. Die Weigerung des Ministeriums, die Werte der vor Monaten abgeschlossenen Untersuchungen nicht zu veröffentlichen, sei „skandalös“, sagt DUH-Chef Resch. Die DUH habe mittlerweile über zehn Rechtsverfahren gegen das Bundesverkehrsministerium oder das KBA eingeleitet. Sie beziehen sich auf die Weigerung der Behörden, dem Umweltverband Informationen zu Rückrufen sowie zu den fehlerhaften CO2-Angaben mehrerer VW-Modelle, die Ende letzten Jahres bekannt wurden, zu übermitteln.
Eine neue Studie der Unternehmensberatung PA Consulting belegt, wie groß der gesetzliche Druck auf den VW-Konzern ist, die CO2-Emissionen zu senken. Wenn 2021 die neuen CO2-Grenzwerte in der EU in Kraft treten, wird der Volkswagen-Konzern diese Grenzwerte so deutlich verfehlen wie kaum ein anderer Autobauer in Europa. Nur bei Hyundai-Kia und dem technologisch zunehmend abgehängten Fiat-Chrysler-Konzern sieht die Lage nach Einschätzung von PA noch düsterer aus. Daran kann die angekündigte Elektroauto-Offensive von VW nach Einschätzung der PA-Berater nichts ändern: Die E-Autos kommen zu spät, um noch einen positiven Effekt auf das Jahr 2021 zu haben.
Aufgrund seines hohen Absatzes drohen VW Rekordstrafen in Europa. Weil ein Auto aus dem VW-Konzern 2021 voraussichtlich knapp drei Gramm CO2 pro Kilometer mehr ausstößt als erlaubt, könnte auf Volkswagen eine jährliche Strafe von rund einer Milliarde Euro zukommen. Das schwärzeste Schaaf im VW-Stall ist dabei Porsche. Weil die Fahrzeuge der Stuttgarter besonders groß und besonders sportlich sind, ist der CO2-Ausstoß höher als bei jeder anderen europäischen Massenmarke. Wäre Porsche 2009 nicht von VW übernommen worden und würden die Emissionen seither nicht mit denen von kleineren VW-, Skoda-, Seat- und Audi-Modellen konzernintern verrechnet, hätte Porsche ein handfestes Existenzproblem.