Abgasversuche an Affen Daimler und BMW stellen wegen Affenstudie Lobbyisten frei

Nach dem VW-Cheflobbyisten gerät auch ein Lobbyist bei Daimler ins Fadenkreuz der Affäre um Abgastests mit Affen. Quelle: dpa

Erst Volkswagen, jetzt Daimler und BMW - personelle Folgen nach dem entsetzten Aufschrei angesichts der Abgas-Tierversuche lassen nicht lange auf sich warten.

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Die umstrittenen Abgasversuche an Affen haben nun auch bei Daimler personelle Konsequenzen. Der Mitarbeiter, der den Autobauer im Vorstand der Lobbyorganisation EUGT vertreten hatte, werde mit sofortiger Wirkung freigestellt, teilte Daimler am Mittwoch mit. Das habe der Vorstand entschieden. „Wir werden den Sachverhalt lückenlos aufklären und sicherstellen, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen“, betonte Daimler. Am Vortag hatte Volkswagen bereits seinen Cheflobbyisten Thomas Steg beurlaubt.

Daimler hat nach eigenen Angaben eine Untersuchung eingeleitet und lässt sich dabei von einer externen Kanzlei unterstützen. Man sei erschüttert über Art und Durchführung der Studien, hieß es.

BMW steht weiterhin zu seinem Mitarbeiter, der den Münchner Autokonzern von 2011 bis 2015 als Referent in der Lobby-Initiative EUGT vertreten hatte. Die EUGT hatte damals die Wirkung von Stickoxid aus einem Diesel-Motor an Affen testen lassen.

Der Mann „bleibt Mitarbeiter der BMW Group“, werde nur vorerst auf eigenen Wunsch von seinen aktuellen Aufgaben im Bereich von urbaner Mobilität und Kommunen befreit, teilte BMW am Mittwoch in München mit.

Er habe glaubhaft versichert, dass er EUGT-Tierversuche kritisch hinterfragt habe. BMW habe an den Studien nicht mitgewirkt. In der laufenden Untersuchung gelte für den Mitarbeiter die Unschuldsvermutung. „Gleichzeitig steht die BMW Group zu ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern“, sagte ein Sprecher. VW hatte am Dienstag seinen Cheflobbyisten Thomas Steg beurlaubt. BMW hatte sich von den Tierversuchen distanziert.

Nach der Beurlaubung des früheren Regierungssprechers Stegs, zuletzt Leiter der Konzern-Außenbeziehungen und des Bereichs Nachhaltigkeit, sagte VW-Konzernchef Matthias Müller in einem Interview des Senders n-tv: „Mir ist im Moment auch ehrlich gesagt nicht klar, warum diese Einheit bei der Organisation von Herrn Steg angedockt war und eben nicht bei der Forschung. Das werden wir recherchieren.“ Der Konzernchef nannte es „ein kleines bisschen willkürlich“, einen Bezug der Experimente zum Diesel herzustellen - „wenngleich natürlich der Diesel Gegenstand des Auftrages war“.

Die Autoindustrie hatte Wissenschaftler eingespannt, die mit der Lobbyorganisation EUGT - der Europäischen Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor - Gesundheitsgefahren von Dieselabgasen verharmlost haben sollen. Dabei waren auch Affen mehreren Tests ausgesetzt. Darüber hinaus förderte die Initiative eine Studie der Universität Aachen zur Stickstoffdioxid-Belastung am Arbeitsplatz - Probanden waren 25 Menschen. BMW, Daimler, VW und Bosch hatten die EUGT gemeinsam gegründet, Bosch stieg 2013 aus.

Müller will dem Interview zufolge trotz allem weiter versuchen, den Dieselmotor zu rehabilitieren. „Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass unsere Kunden an der Stelle ein weiteres Mal verunsichert sind“, sagte er. „Nichtsdestotrotz werden wir weiter in die Diesel-Technologie auf absehbare Zeit investieren.“ Über die Schadstofftests an den Affen äußerte er sich „erschüttert“ und entschuldigte sich erneut. Er könne nur Sorge dafür tragen, Prozesse im Unternehmen so zu reformieren, dass „solche Zustände eben in Zukunft nicht mehr eintreten“, erklärte Müller.

Unterdessen zeigen der Deutschen Presse-Agentur vorliegende US-Gerichtsakten zu den Affen-Experimenten weitere brisante Details. So versucht VW mit Hochdruck, die Studie von US-Prozessen ausschließen zu lassen. Zudem wirft der unter Verschluss gehaltene Abschlussbericht der Forscher weitere unangenehme Fragen auf.

Bereits am 13. Oktober 2017 stellten die VW-Anwälte einen Antrag, die Studie vom Verfahren auszuschließen. Darin hieß es: „Das einzige Ziel des Klägers ist es, eine scharfe und emotionale Reaktion der Jury hervorzurufen, in der Hoffnung, dass diese VW Amerika für etwas bestrafen, dass mit den Klägern gar nichts zu tun hatte.“ Den letzten derartigen Antrag reichte VW am 26. Januar ein.

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