ADAC Scharfe Kritik an August Markls Reformen

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Es geht um mehr als eine Viertelmilliarde Euro

Freshfields und die ADAC-Spitze entwickelten für die Neuausrichtung eine Struktur, die sie „Drei-Säulen-Modell“ getauft haben. Zurzeit steht der ADAC-Dachverband im Wesentlichen auf zwei Säulen: einem eingetragenen Verein (e.V.) und einer Tochter namens Beteiligungs- und Wirtschaftsdienst (BuW) GmbH, in der die Wirtschaftsaktivitäten gebündelt sind.

Das sind die Alternativen zum ADAC
Trotz Skandal noch immer der mit Abstand größte Automobilclub Deutschlands: der ADAC. Mit 18,5 Millionen Mitgliedern ist der Allgemeine Deutsche Automobil-Club sogar der größte seiner Art in Europa. Doch jetzt kehren die Mitglieder dem Verein peu á peu den Rücken. Der ADAC geht nach dem Manipulationsskandal um den Autopreis „Gelber Engel“ bislang von rund 15.000 Kündigungen von Mitgliedern aus. Die Zahl könnte sich aber noch vervielfachen. Denn noch rund 55.000 Kündigungen für dieses Jahr seien noch in Bearbeitung, teilte der ADAC am Montag mit. Wie viele davon auf die Affäre um den Autopreis „Gelber Engel“ zurückgehen könnten, sei noch nicht ausgewertet. Normalerweise liege die Zahl unbearbeiteter Kündigungen im Januar bei zwischen 5000 und 10.000. Mindesten 49 Euro pro Jahr kostet eine Mitgliedschaft. Das, was die meisten ADAC-Mitglieder sich davon versprechen - Hilfe im Fall einer Panne - gibt es auch bei anderen Automobilclubs. Und das manchmal sogar günstiger. Quelle: dpa
Automobilclub von Deutschland (AvD)Mitglieder: 1,4 Millionen Leistungen :  Notruf-Hotline  (24 Stunden besetzt/ im Inland kostenlos / im Ausland Ortstarif), Pannenhilfe (2000 Einsatzfahrzeuge / Vor-Ort-Service in Deutschland und weltweit), Bergung nach Panne: weltweit, Übernachtung / Mietwagen bei Fahrausfall: ja / ja; Weltweiter Krankenrücktransport: ja; Verkehrsrechtsberatung; AvD Notfallortung (Notruf- und Pannenortung); AvD Winter-Sicherheits-Check; Bonusprogramme:  10 Prozent Rabatt bei Berge&Meer; 5 Prozent Rabatt bei  Reisen über die AvD Reisewelt ; bis zu 50 Prozent Rabatt bei 500 Partnershops der AvD Bonuswelt, 10 Prozent auf Sicherheitstraining des DVR Kosten:  64,90 Euro/Jahr. Die Mitgliedschaft ist personenbezogen, Partner: 22 Euro Webseite: www.avd.de Quelle: Presse
Mobil in DeutschlandLeistungen: Pannenhilfe (1700 Einsatzfahrzeuge von Vertragspartnern), Bergung nach Panne, je nach Tarif innerhalb Deutschlands oder weltweit. Übernachtung und Bahnfahrt bei Fahrausfall, Mietwagen nur für Premium-Mitglieder. Rechtsauskunft. Basis-Mitgliedschaft: Nur ein Fahrzeug. Premium: Alle auf das Mitglied zugelassenen Fahrzeuge. Bonusprogramme: Rabatte bei verschiedenen, wechselnden Partnern. 10 Prozent bei Europcar, Sondertarif für Rechtsschutzversicherung der D.A.S. Kosten: 24 Euro für Gültigkeit in Deutschland, 54 Euro für Gültigkeit weltweit (66 Euro inklusive Partner). Webseite: www.mobil.org Quelle: Presse
ACE AutoclubMitglieder: 580.000    Leistungen: Pannenhilfe (2000 Einsatzfahrzeuge von Vertragspartnern), Bergung nach Panne in Europa und den Mittelmeeranrainern. Übernachtung und Mietwagen bei Fahrausfall, Krankenrücktransport. Bonusleistungen: CCI-Card mit besonderen Konditionen auf Campingplätzen, Smartphone-, Kredit- und Reiseangebote. Kreditkarte mit Cashback (im ersten Jahr kostenlos). Kosten: 62,80 Euro. Bis zum 30. Lebensjahr 31,40 Euro. Die Mitgliedschaft schließt Partner und Familie mit ein. Webseite: www.ace-online.de/Bild: K.Tschovikov, ACE Auto Club Europa Quelle: Presse
Auto- und Reiseclub Deutschland (ARCD):Mitglieder: 112.000  Leistungen: Pannenhilfe und Abschleppen ohne finanzielle Obergrenze, eigene, rund um die Uhr besetzte Notrufzentrale, Geltungsbereich in Europa und den Mittelmeeranrainern, Schutz für alle auf das Mitglied zugelassenen Fahrzeuge, egal wer damit fährt, Krankenrücktransport und Fahrzeugrückführung Reise: Über das ARCD Reisebüro drei Prozent auf viele Buchungen bei verschiedenen Reiseveranstaltern, spezielle Clubreisen-Angebote. Kosten: 79,80 Euro pro Jahr. 72,80 Euro für Bedienstete des öffentlichen Dienstes oder vergleichbarer Einrichtungen. 29,80 Euro für Partnermitglieder, Auszubildende, BFD-Leistende und Studenten. Webseite: www.arcd.de Quelle: dpa
Automobil-Club Verkehr (ACV)Mitglieder: 300.000     Leistungen: Pannenhilfe (1000 Service-Partner), gültig innerhalb Europas, Übernachtung und Mietwagen bei Fahrausfall, Krankenrücktransport. Bergung nach Unfall und Hilfe bei Insolvenz des Reiseveranstalters. Rechtsberatung, Möglichkeit für Mitglieder, einen Kredit in Anspruch zu nehmen bei Panne oder Krankheit im Ausland. Gesondertes Paket für Wohnmobile (gegen Aufpreis). Bonusprogramme: Rabatte bei DEVK Versicherungen für Kfz-, Lebens-, Rechtsschutz-, und  Sachversicherungen. Rabatte bei Reiseveranstaltern wie Berge&Meer oder HRS. Kosten: 59,76 Euro, Wohnmobil plus: 99 Euro, Partner-Mitgliedschaft: 21 Euro, für 17- bis 25-Jährige: 35,40 Euro. Quelle: dpa

Künftig soll die BuW GmbH in eine europäische Aktiengesellschaft (SE) umgewandelt werden, an der der Verein nicht mehr 100 Prozent, sondern nur noch 74,9 Prozent hält. Als dritte Säule soll eine gemeinnützige ADAC-Stiftung hinzukommen, die die weiteren 25,1 Prozent der BuW bekommt und eine Sperrminorität sowie einen Sitz im Aufsichtsratssitz der BuW erhält. Der Verein soll im Aufsichtsrat keine Mehrheit haben. Dabei geht es nicht nur um eine neue Struktur und wer darin das Sagen hat, sondern auch um einen Batzen Geld – mehr als eine Viertelmilliarde Euro.

Bei einem Buchwert der BuW-Anteile von 912 Millionen Euro, der in der ADAC-Bilanz 2014 steht, wäre allein der 25,1-prozentige Anteil, der an die neue Stiftung gehen soll, schon 228 Millionen Euro wert. Zudem soll die neue Stiftung großzügig mit Stiftungskapital ausgestattet werden. Die Abteilung Luftrettung mit einem Buchwert von 93 Millionen Euro soll aus dem Verein in die künftige SE wandern. Die Gutachter von CMS kommen zu dem Schluss, dass über derart weitreichende Transaktionen nur die Hauptversammlung beschließen kann und nicht der Verwaltungsrat, zumal durch die Umwandlung in eine SE der ADAC e.V. an Kontrollmöglichkeiten über die BuW verliert.

Harsche Worte von CMS

Der ADAC-Verwaltungsrat ist aus Sicht der Gutachter obendrein auch noch unzureichend informiert worden. „In der Vorlage wird die ausgearbeitete Drei-Säulen-Struktur nur positiv dargestellt und etwaige Argumente, die gegen diesen Lösungsweg sprechen könnten, gar nicht angesprochen“, rügen die CMS-Anwälte. Und weiter: „Ausführungen zu den weiteren Kosten des Restrukturierungsprogrammes finden sich in der Entscheidungsvorlage, mit Ausnahme des Hinweises auf anfallende Grunderwerbssteuer, ebenfalls nicht.“

ADAC Kundenbarometer 2014

Zu diversen weiteren Kritikpunkten der Anwälte zählt auch, dass „zu einem Kernelement, nämlich der Bestellung und Wahl des Stiftungsrates keine Ausführung gemacht werden.“ Doch „ohne diese Informationen war es dem Verwaltungsrat unmöglich, […] Chancen und Risiken der geplanten Struktur auf einer angemessenen Tatsachengrundlage zu entscheiden.“ Sie als „alternativlos“ dazustellen reiche jedenfalls nicht.

Im Ergebnis stellt das Gutachten von CMS fest: „Der Beschluss des Verwaltungsrates vom 04.12.2015 ist wegen fehlerhafter Ermessenausübung durch die Mitglieder des Verwaltungsrats beruhend auf unzureichender Informationsgrundlage, der fälschlicherweise behaupteten Alternativlosigkeit und der fälschlicherweise behaupteten Unzuständigkeit der Hauptversammlung nichtig.“

Markl schweigt zu den Argumenten der Kritiker

Zur harschen Kritik von CMS nimmt ADAC-Präsident Markl nicht Stellung. Auf die Frage an seine Sprecher Christian Garrels und Alexander Machowetz, wie der ADAC die Auffassung der CMS-Gutachter beurteilt, lässt Markl erklären: Auf Vorschlag des Präsidiums sei beschlossen worden, „Mitgliedereinbindung – eine der Leitlinien der neuen ADAC-Kultur – umfassender zu sehen und deshalb auch die Delegierten der Hauptversammlung noch einmal um ihr abschließendes Votum zu bitten.“

Zur Kritik der Gutachter dagegen kein Wort. Machowetz teilt lediglich so viel noch mit: „In diesen Vorschlag sind auch alle rechtlichen Bewertungen eingeflossen, die den Gremien zu diesem Zeitpunkt vorlagen.“  Zu seiner frustrierten Rundmail will Markl nun auch lieber nichts mehr sagen.

Hierzu teilt Machowetz nur mit: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir interne E-Mails des ADAC-Präsidenten selbstverständlich nicht öffentlich kommentieren.“

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