Der unabhängige Beirat des ADAC hat die Reformbemühungen des Autoclubs als vorbildlich gelobt. Der Beirats-Vorsitzende, der Unternehmer und Unicef-Deutschland-Chef Jürgen Heraeus, sagte am Mittwoch in München: „Die versprochenen Reformen sind gewissenhaft, konsequent und nachhaltig vorangetrieben worden.“ Die Umsetzung sei auf gutem Weg, große Schritte seien schon getan. Der Beirat sei zuversichtlich, dass das ganze Reformwerk Ende dieses Jahres umgesetzt sei.
Vor genau zwei Jahren hatten die Manipulationen beim Autopreis „Gelber Engel“ Deutschlands größten Verein in eine tiefe Krise gestürzt. Die Mitgliederwahl war jahrelang gefälscht worden, zudem kamen Dienstflüge mit Rettungshubschraubern und andere Vorfälle ans Licht. Der damalige ADAC-Präsident, der Geschäftsführer und der Pressechef nahmen ihren Hut, und vor einem Jahr beschloss die ADAC-Hauptversammlung eine grundlegende Neuaufstellung.
Heraeus sagte, der Beirat sei überall auf „unglaubliche Offenheit“ gestoßen: „Es gab keinen Widerstand, sondern die allgemeine Erkenntnis, dass die Umsetzung der Vorschläge notwendig ist.“ Im Mittelpunkt steht die strikte Trennung des Vereins mit der Pannenhilfe und anderen Mitglieder-Leistungen von den wirtschaftlichen Aktivitäten des ADAC wie Schutzbrief-Versicherung, Autokrediten und Verlag, die 1,1 Milliarden Euro Umsatz machen und künftig in einer eigenständigen AG gebündelt werden. Die Gewinne der AG fließen an den Verein und eine gemeinnützige ADAC-Stiftung, die damit zum Beispiel Unfallforschung und Luftrettung finanziert.
Frei von Kritik ist der Reformprozess jedoch nicht. „Mit falschen Argumenten und fragwürdiger Taktik arbeiten das Präsidium des ADAC e.V. und Heere von Beratern daran, den Verein zum Nachteil der Mitglieder umzustrukturieren“, sagt ADAC-Ehrenpräsident Otto Flimm. „Alternativen im Sinne der Mitglieder werden mit allen Mitteln unterdrückt.“ Der Vereinsgedanke trete völlig in den Hintergrund, aus den über 19 Millionen Mitgliedern sollen nun „Kunden“ werden.
„Die unglückliche Affäre rund um den Gelben Engel war sicher ein guter Anlass, die Abläufe im ADAC zu überdenken“, so Flimm. „Allerdings gab es zu keinem Zeitpunkt einen Grund, die bestehenden Strukturen in der jetzt geplanten Weise zu zerschlagen.“ Prüfungen durch unabhängige Juristen hätten bestätigt, dass sich an der seit langen Jahren gut funktionierenden Struktur des ADAC nichts ändern müsse.
Die Umstrukturierung mit der Gründung einer unabhängigen Stiftung und einer neuen Wirtschaftstochter, die nach europäischem Recht organisiert sein wird, bezeichnet Flimm als „Niedergang des Vereins und des Vereinsgedankens“. Mehr noch: Er hält die Art und Weise, wie die Umstrukturierung beschlossen wurde, für potenziell rechtswidrig. Im Dezember 2014 habe der Verwaltungsrat vor dem Beschluss „keine Möglichkeit, die Fakten sorgfältig aufzuarbeiten“. Damit sei der Beschluss ein „klarer Verstoß gegen die Treuepflicht gegenüber dem Verein“.
„Alles deutet darauf hin, dass das Präsidium seine Treuepflicht gegenüber dem Verein verletzt hat“, fasst Otto Flimm seine Betrachtung zusammen. „Wer die Kontrolle über 50 Prozent des Vereinsvermögens ohne Not aus der Hand gibt, macht sich der Untreue im strafrechtlichen Sinne verdächtig.“
Der ADAC hält Flimms Äußerungen „in ihrer Form fragwürdig sowie inhaltlich halt- und substanzlos“. „Die erhobenen Vorwürfe sind falsch“, sagte ein Sprecher des Clubs. „Diese Veränderungen sind im Übrigen auch deshalb erforderlich geworden, weil es frühere ADAC-Verantwortliche versäumt haben, rechtzeitig eine angemessen transparente sowie rechts- und zukunftssichere Mitglieder-Organisation mit entsprechend klaren Strukturen zu schaffen.“
Flimm ist seit 1950 Mitglied im ADAC und führte den Autoclub als Präsident von 1981 bis 2001. Seitdem ist er Ehrenpräsident des ADAC e.V..