Aral-Studie Deutsche wollen wieder Autos kaufen

Lieber ein neues Auto statt Geld ohne Zinsen auf dem Konto: Das Kaufinteresse an Autos ist auf Rekordniveau. Doch viele Kunden haben sich noch nicht für eine Marke entschieden – eine große Chance für den Handel.

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Eine schwarze VW-Limousine ist das deutsche Durchschnittsauto. Quelle: Volkswagen

Die Masche mit der Freundschaftswerbung ist bekannt. Wer einen Bekannten, Verwandten oder Kollegen von einem Zeitschriften-Abo überzeugt, erhält im Gegenzug eine kleine Prämie. Satte 1000 Dollar jeweils für den Käufer und den Vermittler verspricht jetzt Tesla-Chef Elon Musk. Dafür muss man aber auch nicht ein preiswertes Abo vermitteln, sondern eines von Musks Elektroautos – und das kostet mindestens 70.000 Euro. Wer gar zehn Neukunden von einem Tesla überzeugt, bekommt ein Elektro-SUV des Typs Model X geschenkt.

Die zentralen Ergebnisse der Studie "Trends beim Autokauf 2015"

Ob das virale Verkaufen in der Autowelt ein Erfolg wird, bleibt abzuwarten. Die ungewöhnliche Aktion kann aber dazu dienen, Unentschlossene zum Kauf eines Teslas zu verleiten. Und davon gibt es in Deutschland nicht gerade wenige: Laut der von Aral in Auftrag gegebenen Studie "Trends beim Autokauf 2015" gaben 15 Prozent der 1.049 Befragten an, sich noch nicht für eine Automarke entschieden zu haben.

Damit sind die Unentschlossenen die zweitgrößte Gruppe – nach den potenziellen VW-Interessenten mit 17 Prozent. Andere Marken wie Opel, Ford, BMW, Audi oder Mercedes folgen mit sieben und acht Prozent weiter hinten auf der Wunschliste.

Kaufinteresse auf Rekordniveau

"In den bisherigen Untersuchungen war das Eroberungspotenzial für den Handel noch nie so groß", so die Studienautoren. "Die nächsten 18 Monate könnten zu einer wesentlichen Veränderung bei den Marktanteilen der Automobilhersteller führen." Vor allem dann, wenn die Unentschlossenen nicht untätig bleiben, sondern sich entscheiden.

Die Wahrscheinlichkeit, dass selbst die Zweifler sich bald ein neues Auto kaufen, ist höher als je zuvor. "Mehr als jeder dritte Autofahrer will sich in den nächsten 18 Monaten einen anderen Wagen zulegen", sagt Peter Sauermann, Leiter der Aral-Forschung. Mit 36 Prozent ist das Kaufinteresse um zehn Prozentpunkte höher als bei der Vergleichsstudie vor zwei Jahren – der größte Anstieg seit der Erstauflage der "Trends beim Autokauf" im Jahr 2003. Damit hat sich das Kaufinteresse seit dem Krisenjahr 2009 mit einem damaligen Anteil von 18 Prozent exakt verdoppelt.

Für welche Extras die deutschen Autokäufer Geld ausgeben

Sollten die Befragten ihre Aussagen in die Tat umsetzen, darf sich der Autohandel vor allem auf Neuwageninteressenten freuen: 16 Prozent wollen ein fabrikneues Auto kaufen – vor zwei Jahren waren es nur zehn Prozent. Die Autoren rund um Forschungsleiter Sauermann führen das vor allem auf ein "sehr freundliches Konsumklima" zurück: "Deutschlands Autofahrer wollen lieber in ihren Traum auf vier Rädern investieren, als das Geld auf dem Bankkonto zu lassen."

Das Geld für den Neu- oder Gebrauchtwagen stammt übrigens tatsächlich mehrheitlich direkt vom Konto der Käufer: 53 Prozent der Befragten wollen das nächste Auto bar bezahlen. 2013 lag der Anteil bei lediglich 34 Prozent. Da das Leasinggeschäft bei zehn Prozent konstant bleibt, geht die Umverteilung im Zahlungsverhalten vor allem zulasten der Finanzierung: Hier verringert sich der Anteil von 56 Prozent auf nur noch 30 Prozent.

Woraus sich der Preis eines Neuwagens zusammensetzt

Im Schnitt wollen die Deutschen 28.330 Euro für ihr nächstes Auto ausgeben. Dafür bekommen sie eine schwarze Limousine von VW mit Benzinmotor – das ist laut der Studie das deutsche Durchschnittsauto.

Was nach gepflegter Langeweile klingt, könnte sich aber bald ändern: Das Trendauto, das sich die Befragten für die Zukunft vorstellen könnten, ist ein blauer Kleinwagen mit Hybridantrieb. Und er kommt nicht mehr von VW, sondern BMW oder Audi. Auch die Ausstattung legt zu: Sind 2015 vor allem simple Extras wie ABS, Klimaanlage und elektrische Fensterheber gefragt, soll das Trendauto auch mit einer Kamera-Einparkhilfe, einem Tempomaten und einem Automatikgetriebe ausgestattet sein.

Deutsche sind bei Zukunftstrends zurückhaltend

Künftig könnte auch noch eine weitere Antriebsform eine wichtige Rolle spielen: Die Forscher sprechen sogar von einem "Quantensprung bei der Akzeptanz" für das Elektroauto. Knapp mehr als jeder Zweite kann sich inzwischen vorstellen, grundsätzlich ein Elektroauto zu kaufen.

Der Haken: Die geforderte Mindestreichweite von 418 Kilometern liegt weit über der der meisten derzeit angebotenen Elektroautos. Immerhin haben die Autokäufer verinnerlicht, dass Elektromobilität nicht zum Nulltarif zu haben ist: Der durchschnittlich erwartete Preis für die Anschaffung eines Elektroautos ist mit 28.120 Euro beinahe so hoch wie bei konventionellen Autos – und satte 8.000 Euro höher als bei der Vergleichsstudie 2013. Das ist zwar immer noch nicht in den Preisregionen eines Teslas, aber für 28.000 Euro sind deutlich mehr Elektroautos zu haben als nur für 20.000 Euro.

Bei den anderen großen Zukunftsthemen "Vernetzung" und "autonomes Fahren" sind die befragten Autokäufer noch zurückhaltender. Lediglich ein Drittel kann es sich vorstellen, sich von einem autonomen Auto chauffieren zu lassen.

Gleich 40 Prozent gaben an, auf vernetztes Fahren grundsätzlich verzichten zu können. Bei denjenigen, die es sich vorstellen können, liegt der automatische SOS-Notruf nach einem Unfall mit Abstand an erster Stelle – Funktionen wie der Zugriff auf E-Mails oder gar die Übermittlung von Fahrzeugdaten an den Hersteller kommen abgeschlagen auf die letzten Plätze.

Die Autobauer müssen ihre Kunden von der neuen Technik offenbar erst noch überzeugen.

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