Opel will Ende kommenden Jahres sein Werk in Bochum komplett schließen. Mit dem Ende der Autoproduktion werde dann auch das Zentrallager aufgegeben, bestätigte ein Bochumer Opel-Sprecher am Freitag Medienberichte. In dem Warenverteilzentrum seien rund 420 Mitarbeiter beschäftigt. Von dem Lager aus werden Händler in ganz Europa mit Ersatzteilen beliefert.
Das Aus für das Lager sei Folge des Neins der Bochumer Beschäftigten zum Sanierungsplan, sagte der Sprecher. Der von den Mitarbeitern im März abgelehnte Tarifvertrag sah neben der Autoproduktion bis Ende 2016 einen Ausbau des Logistikzentrums vor.
Opel hat in Bochum drei Standorte. In Werk I werden Fahrzeuge gebaut, in Werk II Getrieben gefertigt, die auch an andere Opel-Fabriken gehen. Dort sind noch rund 3200 Menschen beschäftigt. Das Lager in Werk III ist nach Angaben des Sprechers ausgelagert und wird seit 2006 von Opel mit einem Partnerunternehmen betrieben.
So stand es 2014 um Opel
Im Detail wird über neue Modelle, Motoren und Märkte, die Fertigung markenfremder Modelle wie Chevrolets in Opel-Werken sowie über Einsparungen gesprochen. Doch generell geht es um die Frage, wie der kriselnde Hersteller mehr Autos verkaufen, Beschäftigung sichern und wieder Geld verdienen kann Das Management will Produktionskosten senken, aber auch am Personal sparen. Im September 2014 wurden betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2016 (und damit zwei Jahre länger als bisher festgelegt) ausgeschlossen werden. Betriebsrat und Gewerkschaft fordern Zusagen zu Standorten und Beschäftigung über 2016 hinaus. (Quelle: dpa)
Das Management hatte angeboten, das Werk Bochum nicht, wie ursprünglich angestrebt, Anfang 2015, sondern erst mit dem Auslaufen der Zafira-Produktion zwei Jahre später zu schließen. Damit gewinnt der Standort Zeit. Die Hoffnung auf eine bessere Marktentwicklung bleibt erhalten. Schäfer-Klug zeigte sich am Dienstag im Gespräch mit der dpa zuversichtlich: „Ich sehe nicht, dass Opel plant, sich komplett aus Bochum zurückziehen. Aber wie die konkrete Zukunft der Standorte in Deutschland und insbesondere in Bochum aussieht, werden wir gemeinsam in den Verhandlungen klären.“
Bei den Verhandlungen geht es auch um freiwillige Abfindungsprogramme und Vorruhestandsregelungen. So soll nach und nach sozialverträglich Beschäftigung abgebaut werden. Aktuell hat Opel nach Betriebsratsangaben noch etwa 38.000 Beschäftigte - nach der jüngsten Sanierung Ende 2010 waren es noch 40.000.
Zunächst verzichten die Mitarbeiter erneut auf Lohn. Von November an wird die jüngste Metall-Tariferhöhung von 4,3 Prozent erneut gestundet. Falls es eine Einigung über die Zukunft der deutschen Opel-Werke gebe, könnten die erneut gestundeten Millionen auch „in einer Gesamtkonzeption aufgehen“, sagt der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel. Wie das aussehen könnte, ist unklar. Kommt keine Einigung zustande, zahlt Opel das gestundete Geld nachträglich aus.
Offiziell scheuen alle Beteiligten davor zurück, einen Termin zu nennen. Schließlich waren die ehrgeizigen Erwartungen der Arbeitnehmervertreter zuletzt enttäuscht worden. Dem Vernehmen nach soll aber in einigen Wochen ein Ergebnis stehen.
Glaubt man dem Unternehmen, wird die Zusammenarbeit mit Peugeot-Citroën keine Jobs bei Opel kosten. Selbst wenn die Partner eines Tages Autos nicht nur gemeinsam entwickeln sondern auch bauen sollten, dürfe das nicht auf Kosten des anderen gehen, betont GM-Vize und GM-Europachef Steve Girsky: Keine Seite werde ihre Probleme zulasten der anderen lösen. Bei Opel könnten zudem schon 2016 Chevrolets vom Band laufen, um die Überkapazitäten zu senken.
Zwar wollen GM und PSA zunächst vier Fahrzeugplattformen gemeinsam entwickeln. Weder Betriebsrat noch Unternehmen sehen aber Jobs im Rüsselsheimer Entwicklungszentrum gefährdet. Vielmehr könnten die freigesetzten Kapazitäten genutzt werden, um wie versprochen die Entwicklung neuer Modelle voranzubringen.
Opel schreibt seit Jahren Verluste. Jetzt leidet der Hersteller zudem unter der aktuellen Absatzkrise in Europa. Im zweiten Quartal schrieb GM in seinem Europageschäft einen Verlust von 361 Millionen Dollar (294 Mio Euro). Das Ergebnis des dritten Quartals legt GM an diesem Mittwoch (31. Oktober) vor.
Immer mehr Opel-Mitarbeiter in Bochum ändern angesichts des nahenden Endes der Autoproduktion am Standort ihre Meinung über den Tarifvertrag. Inzwischen wünschen sich nach Gewerkschaftsangaben viele Mitarbeiter eine erneute Abstimmung über den Sanierungsplan. „Wir werden von zahlreichen Mitgliedern bei Opel angesprochen, die zwischenzeitig das Verhandlungsergebnis neu bewerten“, erklärte der Bezirksleiter der IG Metall in NRW, Knut Giesler, am Donnerstag. Ein Gewerkschaftssprecher sagte: „Viele Beschäftigte haben geglaubt, dass das nicht das letzte Wort ist.“
Dass lehnt die Adam Opel AG aber ab. „Mit jeder neuen Diskussion und jeglicher Verzögerung verschwenden wir nur wertvolle Zeit“, schrieb der Bochumer Werksleiter Manfred Gellrich in einem Brief an die Mitarbeiter.
In Rüsselsheim wird die Debatte über eine neuerliche Abstimmung als unsinnig zurückgewiesen. Das Votum sei ein demokratischer Akt gewesen, alle Fakten hätten auf dem Tisch gelegen. Aufsichtsratschef Steve Girsky hatte schon vor Monaten angekündigt, dass die Autofertigung in Bochum Ende 2014 auslaufen werde, sollte man sich nicht auf einen Kompromiss einigen.
Kritik an Einenkel wird laut
Auch ein Bochumer Opel-Sprecher sagte, den Mitarbeitern sei rechtzeitig klargemacht worden, dass es nach der Abstimmung keine weiteren Verhandlungen geben werde: „Man kann ja nicht so lange abstimmen, bis das gewünschte Ergebnis vorliegt.“
Am Dienstag werden die Verhandlungen der Einigungsstelle zum Ende der Fertigung unter Vorsitz eines Richters wieder aufgenommen, sagte der Opel-Sprecher. Dabei geht es auch um den Auslauf der Getriebefertigung in Bochum - sowie um Kapazitätsanpassungen in der Fahrzeugproduktion schon ab der zweiten Jahreshälfte 2013. Im März hatten die Bochumer Opel-Mitarbeiter den nach monatelangen Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Management erzielten Kompromiss abgelehnt. Damit verzichteten sie auf eine Verlängerung des Kündigungsschutzes. Die Folge: Ab 2015 wird Opel keine Autos mehr im Ruhrgebiet bauen.
Ein Sprecher der IG Metall in NRW erklärte das Votum der Mitglieder bei Opel: „Aus ihrer Sicht haben sie zur Zeit der Entscheidung die Dinge nicht so gesehen, wie sie sie heute sehen.“ Für sie werde die Perspektive nun realer, dass 2014 wirklich Schluss sei. Giesler sagte: „Sollten sich die Stimmen mehren, werden wir natürlich prüfen, ob und wie Lösungen in der jetzigen Situation noch zu erreichen sind.“
Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel trat der Kritik entgegen, er habe die Opel-Mitarbeiter vor der Abstimmung nicht ausreichend informiert. „Die Bochumer Belegschaft war die bestinformierte und die einzige, die den Tarifvertrag vollständig vorliegen hatte“, sagte Einenkel der dpa. Von Tendenzen in der Belegschaft, die Abstimmung zu wiederholen, wisse er nichts. Auf ihn sei niemand zugekommen: „Ich kann mir aber vorstellen, dass es diejenigen sind, die für den Tarifvertrag gestimmt haben.“
Sollten sich tatsächlich viele Mitarbeiter eine neue Abstimmung wünschen, werde er sich dem nicht verschließen. „Ich bin der letzte, der sich einem demokratischen Prozess in den Weg stellt.“