Audi A4 im Test Kein Dienstwagen für Spießer

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Die Kunst der Fuge

Aber genug der Historie und der soziologischen Betrachtungen. Ja, ein Häkelmützchen oder auch einen Hut fände auf der Ablage hinter der Rücksitzbank immer noch Platz. Aber ansonsten ist am neuen Audi A4 überhaupt nichts spießig. Abgesehen vielleicht von der Akribie, mit der bei diesem Auto die Teile zusammengefügt wurden - so geringe Toleranzen, so kleine Spaltmaße zwischen den Blechen der Außenhaut oder den Bauteilen des Cockpits kriegt kaum ein anderer Autohersteller hin.

Ein Meisterwerk des Formenbaus wie der plastischen Kunst ist die Motorhaube, die sich mit einer Spannweite von 2,15 Metern bis tief in die Kotflügel streckt und die komplette Front übergreift. Das verbessert die Aerodynamik - und erfreut jeden, der ein Gefühl für Präzision hat und die Kunst der Fuge liebt. Kunstvoll choreographiert sind auch die Bewegungsabläufe der Mechanik - auch hier zeigt sich am neuen A4 die Liebe der Audi-Ingenieure zum Detail.

Edle Innenausstattung überzeugt

Die Langeweile der Tochter ist vollends verflogen, als ich über die beleuchteten Einstiegsleuchten hinweg den in edlem Nappaleder ausgeschlagenen Innenraum besteige und den silbernen Startknopf in der Mittelkonsole drücke. Dieser - noch so ein neumodischer Quatsch - ersetzt das Zündschloss und macht den Schlüssel zum Handschmeichler, den man aber besser in die Hosentasche steckt, um ihn nach abrupten Fahrmanövern nicht in den Tiefen des Fußraums suchen zu müssen.

Das Einschalten der Zündung per Knopfdruck jedenfalls sorgt für Lichteffekte, die eher an Star Wars erinnern denn an Großvaters Simca: Aus der Satellitenperspektive von Google Earth blicke ich auf unser Wohngebiet. Drehzahlmesser und Geschwindigkeitsanzeige sind als kleine Uhren an den Rand der Cockpitanzeige gerutscht, zur Nebensache geworden. Das so genannte virtuelle Cockpit, über das der Testwagen verfügt, erlaubt es dem Fahrer, die Anzeigen ganz nach seinem Geschmack zu konfigurieren - als klassische Anzeige oder als Showbühne für Navigation oder Entertainment.

Besteuerungsvarianten bei Dienstwagen

Da die Fahrdaten und Navigationshinweise mit Hilfe eines Head-up-Displays zusätzlich in die Windschutzscheibe projiziert werden, können der hochauflösende 8,3 Zoll große LCD-Bildschirm in der Mittelkonsole und das 12,3 Zoll große, volldigitale Kombiinstrument hinter dem Lenkrad andere Informationen einspielen. Digital Natives und die Angehörigen der Generation Z, zu der meine Tochter zählt, können sich daran nicht satt sehen. Als Angehöriger der Generation W muss ich mich an das Geflimmer vor mir erst einmal gewöhnen, da zumindest auf den ersten 100 Kilometern der Fahrt und speziell im Stadtverkehr die Ablenkungsgefahr durch die rotierenden Satellitenbilder doch recht groß ist.

Es lenkt aber auch ab von den Qualitäten des Fahrwerks und des Antriebs, vom Genuss am Komfort, den der Testwagen bietet: Eine spezielle Akustikverglasung dämmt den Innenraum vor Außengeräuschen ebenso wirksam wie die Fünf-Lenker-Achsen Unebenheiten in der Fahrbahn kaschieren. Eine Siebengang-Automatik wählt mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit die perfekte Gangstufe zur jeweiligen Fahrsituation. Und im Hintergrund suchen Kameras und Radarsensoren die Straße Hindernissen und Tempolimits ab - auf Wunsch wird dann automatisch gebremst und beschleunigt. Immerhin einige Sekunden lang kann der Fahrer auf der Autobahn auch schon einmal das Lenkrad aus der Hand geben und die Steuerung des Autos dem genannten Active Lane Assistenten überlassen. Man kriegt so einen kleinen Vorgeschmack auf das automatisierte Fahren.

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