Doch es kam anders. GM sagte den Verkauf von Opel ab, Magna blieb Zulieferer und Lohnfertiger, Gaz stand ohne Partner da und schien dem Tode geweiht. Verstoßen von GM, blieb Andersson trotzdem an der Wolga und machte sich an die Sanierung.
Nachdem die Kärrnerarbeit getan war, folgten Wolf und andere gescheiterte Opel-Retter dem Ruf des Oligarchen Deripaska. Wolf wurde Aufsichtsratschef bei Gaz, der frühere Opel-Verkaufschef und Magna-Russland-Chef Manfred Eibeck übernahm die Leitung von Russkije Maschiny, der Muttergesellschaft von Gaz, die zu Deripaskas Holding Basic Element gehört.
Gaz tuckert hinterher
Die Troika aus Eibeck, Wolf und Andersson soll Gaz jetzt für den globalen Wettbewerb stählen. Seit eineinhalb Jahren ist Russland Mitglied der Welthandelsorganisation WTO, seither schmelzen die Einfuhrzölle zum Schutz heimischer Auto- und Komponentenhersteller dahin. Ausländische Marken kommen günstiger auf den Markt, zumal große Hersteller mithilfe von Lohnfertigern wie Gaz ihre Kapazitäten vor Ort ausweiten und somit Kostenvorteile abschöpfen. Der kalte Hauch des freien Marktes weht den Russen scharf um die Ohren.
Hinzu kommt das tiefe Misstrauen in die russische Qualität. Nach Zahlen der Association of European Businesses (AEB) hat Gaz im vergangenen Jahr mit 90.247 Gazellen etwa so viele Lieferwagen verkauft wie im Vorjahr. Aber der gesamte Autosektor legte um elf Prozent zu, und Wettbewerber Daimler wuchs von niedrigem Niveau um fast 50 Prozent. Mit einem Nettopreis von 8000 Euro sind die Gazellen unschlagbar billig, aber bei Qualität und Image tuckert Gaz der Konkurrenz hinterher.
Neue Modelle
Major Andersson hat eisern die Produktivität über Kostensenkungen erhöht, aber die Qualität blieb ein Problem. Jetzt will er mit neuen Modellen Boden gutmachen. Die neue Gazelle Next besitzt elektrische Fensterheber, verbesserte Bremssysteme, mehr Laderaum, Zentralverriegelung, sie fährt mit spritsparenden Motoren der Abgasnormen Euro 4 und 5. Was sich nach Standard anhört, ist der erste wirklich große „Relaunch“ seit der Produkteinführung in 1993. Weil sich die Gazelle seither stets verkauft hat, sah niemand bei Gaz Anlass für eine Runderneuerung. Ob der Hersteller mit der späten Offensive nicht zu spät kommt, wird sich am Markt zeigen.
Es ist Schichtende. Andersson ruft seine Schicht- und Verkaufsleiter zum Rapport. Er fragt nach der Zahl der Reklamationen. Sie sind ihm zu hoch. Er fragt auch nach den Produktionszahlen. Sie liegen im Rahmen. Lenin, der noch immer am Eingang prangt, hätte der Kasernenhofton des schwedischen Kapitalisten wahrscheinlich nicht gefallen. Aber Freunde werden die beiden ohnehin nicht mehr.