Autobauer Gaz Radikaler Sanierer ermöglicht russische Renaissance

Der Autobauer Gaz zeigt, dass auch ein totgesagter Sowjetbetrieb überleben kann – wenn sich ein hartnäckiger Sanierer findet, der das Unternehmen zu internationaler Kooperation zwingt.

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Bo Inge Andersson

Bizarr war die Begrüßung, als Bo Inge Andersson vor fast vier Jahren zum ersten Mal nach Nischni Nowgorod kam. Lenin stand nebst Hammer und Sichel auf einem bunten Mosaik und salutierte am Zentraltor des Gorki-Autowerks Gaz. Und das vor Andersson, dem schwedischen Ex-Major und Harvard-Betriebswirt, einem Vollblut-Kapitalisten, der die Autofabrik sanieren sollte.

Die Lage damals schien hoffnungslos: Gebäude standen leer, unverkaufte Autos blockierten die Parkplätze. 100.000 Arbeiter, die einst Sowjet-Limousinen des Typs Wolga für Parteikader bauten, zitterten einer ungewissen Zukunft entgegen. Analysten hielten das nach Fläche zweitgrößte Autowerk der Welt 450 Kilometer östlich von Moskau für klinisch tot.

Autoabsatzprognose für 2012 und 2013

Kleiner - aber profitabel

Doch die selbst ernannten Checker hatten die Rechnung ohne Andersson gemacht, der im Juli 2009 die Leitung des traditionsstolzen russischen Konzerns übernahm. In dieser Woche wird Gaz die Montage des Jetta starten, des ersten Autos der Marke Volkswagen. Mitte des Jahres soll der Kleintransporter des Sprinters von Daimler dazukommen. Seit Februar läuft bereits der Chevrolet Aveo vom Band, das erste Fahrzeug aus der Produktpalette des US-Autokonzerns General Motors (GM).

Bei Gaz ist nichts mehr, wie es früher war. Das Unternehmen ist ein paar Nummern kleiner – aber profitabel. Im vergangenen Jahr überraschte Andersson mit einer zweistelligen Umsatzrendite nach Steuern, dieses Jahr will er weiter wachsen. Und das nach Jahren der Überkapazitäten, viel zu hohen Anteilen an Eigenfertigung, Qualitätsproblemen und ausufernden Kosten.

Für die Marktwirtschaft

Der 55-jährige Skandinavier bewies, was kaum ein westlicher Experte für möglich gehalten hatte: Sogar ein maroder Sowjet-Konzern lässt sich sanieren, sofern einer rigoros durchgreift und die Zöpfe aus planwirtschaftlichen Zeiten abschneidet.

Damit hat der Schwede zugleich eine Lanze für die Marktwirtschaft gebrochen. Im Russland unter Präsident Wladimir Putin hält sich hartnäckig die Mär, dass der Staat unwirtschaftliche Unternehmen mit Steuergeldern am Leben halten kann. Andersson dagegen kam ohne Staatshilfen aus, zwang Gaz aber zu einem radikalen Kurswechsel.

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