Autokonzerne kaufen Start-ups Warum die digitale Auto-Zukunft so teuer ist

Deutsche Autohersteller erkaufen sich digitale Kompetenz. Quelle: Marcel Stahn

VW beteiligt sich für 300 Millionen Dollar am Fahrtenvermittler Gett, General Motors für eine halbe Milliarde Dollar am Uber-Konkurrenten Lyft. Autokonzerne lassen sich die digitalen Mobilitätsprojekte viel kosten – weil sie alternativlos sind.

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Das Prinzip ist denkbar einfach: Über die Smartphone-App Scoop können sich Kollegen aus derselben Nachbarschaft für den täglichen Arbeitsweg zu Fahrgemeinschaften zusammenschließen. Ein Angebot unter vielen, könnte man meinen. Dennoch hat BMW jüngst in genau solch eine App investiert.

Zwei Dinge aber heben Scoop Technologies von der Konkurrenz ab: Die Nutzer müssen ihre Fahrgemeinschaften nicht selbst organisieren, ein intelligenter Algorithmus bringt die von Ort und Zeit passenden Pendler zusammen. Und: Scoop vermittelt derzeit nur Fahrten in den Städten San Francisco, Palo Alto, Sunnyvale und North San Jose. Im Silicon Valley also, dem Mekka der IT-Industrie und derzeit Sehnsuchtsort von so manchem Auto-Boss.

Eine solche Mitfahr-App könnten die BMW-Spezialisten mit Leichtigkeit selbst entwickeln. Was sie aber nicht können: Direkt mit lokalen Größen wie Microsoft, Cisco oder Tesla zusammenarbeiten. Scoop kann das nach eigenen Angaben. Wohl nicht nur deshalb sind die Münchner über die Investitions-Sparte BMW i Ventures eingestiegen. Was die „strategische Investition“ gekostet hat, will BMW nicht verraten.

Ein Blick auf die Schlagzeilen der vergangenen Wochen legt den Verdacht nahe, dass der Deal nicht ganz günstig war. Volkswagen hat sich für 300 Millionen Dollar bei dem ursprünglich aus Israel stammenden Fahrvermittler Gett eingekauft, die Opel-Mutter General Motors für 500 Millionen Dollar bei Lyft. Toyota hat sich an der Nummer eins der Mobilitäts-Apps, dem umstrittenen Uber, für eine nicht näher genannte Summe beteiligt. Selbst Saudi-Arabien, das unabhängiger vom Öl werden will, hat gleich 3,5 Milliarden Dollar in Uber gesteckt.

Millionen-Deals mit Start-ups

Doch warum investieren gestandene Auto-Konzerne exorbitante Summen in junge Internet-Unternehmen, die seit ihrer Gründung vornehmlich Verluste produziert haben?

All diese Beteiligungen und Entwicklungs-Vorhaben sind von einem großen Trend getrieben: Die jüngeren Generationen wollen Autos häufiger nur nutzen statt sie zu besitzen. Das eigene Auto – und der dazugehörige Führerschein – hat für moderne Großstädter und Pendler an Wert verloren. Statt in die individuelle Freiheit führt das Auto meist in den nächsten Stau – egal ob in Berlin, Peking oder New York.


Statt selbst fahren also lieber fahren lassen, in einer Fahrgemeinschaft, einem per App herbeigerufenen Chauffeur oder künftig einem kurzfristig gemieteten selbstfahrenden Auto. Ridesharing, Ridehailing oder etwas sperrig On-Demand-Mobilitätsdienstleistung – der Trend hat viele Namen.

Lange waren es die Controller in Stuttgart, München, Wolfsburg und Detroit gewohnt, dass ihre Autos am Ende ihrer meist siebenjährigen Laufzeit das ursprüngliche Investment wieder eingespielt haben. Wer aber in den etablierten Investitionszyklen der Autobranche denkt, kommt in der IT-Welt nicht weiter. Apps und Services haben ihre eigenen Regeln – und brechen mit bestehenden Konventionen.

Wie VW im ersten Quartal abgeschnitten hat

Während viele Gewohnheiten über den Haufen geworfen werden, bleibt ein ökonomischer Grundsatz gültig: Die Nachfrage bestimmt den Preis.

Und die Nachfrage nach der Mobilitäts-Geschäftsidee der Zukunft ist weltweit enorm. Muss ein Auto in der Zukunft noch verkauft werden - oder nur dessen flexible Nutzung? Vielleicht gar die Mobilität an sich, egal mit welchem Verkehrsmittel? Auch wenn die Antwort noch aussteht – keiner will den Anschluss verlieren.

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