Was früher eine Besonderheit war – die Produktion deutscher Autos für deutsche Kunden im Ausland – wird im Zeitalter der Globalisierung zum Normalfall. Nach einer Studie des CAR Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen werden von den 13,5 Millionen Autos, die deutsche Fahrzeughersteller in diesem Jahr absetzen, nur noch rund 5,5 Millionen oder 40 Prozent in Deutschland produziert – der überwiegende Teil läuft im Ausland vom Band.
Betriebswirtschaftlich macht das durchaus Sinn. Das Prinzip "Build where you sell" – Baue dort, wo Du verkaufst – bedeutet, dort zu montieren, wo das Gros der Autos verkauft wird. SUVs wie der BMW X5 oder die Mercedes M-Klasse wurden früher vor allem in den Vereinigten Staaten verkauft. Also bauten beide Konzerne die Fabriken für diese Freizeitfahrzeuge in USA. Als die Nachfrage nach preiswerten Kleinwagen in Mittelamerika größer wurde als in Europa, verlagerte Volkswagen die Produktion des Käfer nach Mexiko. Heute bedient der Volkswagen-Konzern mit neuen Werken in China und Indien die asiatischen Wachstumsmärkte von heute und morgen.
Autoabsatzprognose für 2012 und 2013
2011: 12,8 Millionen
2012: 14,3 Millionen (+11,5 Prozent)
2013: 14,8 Millionen (+ 3,5 Prozent)
2011: 12,8 Millionen
2012: 11,8 Millionen ( - 7,9 Prozent)
2013: 11,5 Millionen (-2,5 Prozent)
2011: 3,5 Millionen
2012: 4,5 Millionen (+ 27,7 Prozent)
2013: 4,2 Millionen (- 6,7 Prozent)
2011: 12,2 Millionen
2012: 13,1 Millionen ( + 7,4 Prozent)
2013: 13,5 Millionen (+3,1 Prozent)
2011: 2,6 Millionen
2012: 2,9 Millionen (+12,5 Prozent)
2013: 3,0 Millionen (+3,4 Prozent)
2011: 2,5 Millionen
2012: 2,8 Millionen (+9,2 Prozent)
2013: 2,9 Millionen (+5,5 Prozent)
2011: 3,4 Millionen
2012: 3,6 Millionen (+4,8 Prozent)
2013: 3,8 Millionen (+4,2 Prozent)
2011: 65,5 Millionen
2012: 68 Millionen (+4,0 Prozent)
2013: 69 Millionen (+1,5 Prozent)
Der hiesige Automarkt hingegen ist gesättigt. In diesem Jahr werden in Deutschland nach der CAR-Studie voraussichtlich nur noch knapp drei Millionen Neuwagen abgesetzt – das wären 18 Prozent weniger als noch zu Beginn der Euro- und Wirtschaftskrise 2009. Deutschland liegt damit hinter den USA, China, Japan und Brasilien nur noch auf Platz 5 der weltgrößten Automärkte. Und im kommenden Jahr könnte Deutschland in diesem Ranking noch einen Platz nach hinten rutschen: Russland hat großen Nachholbedarf und die Mittelschicht dort inzwischen auch die Kaufkraft, um sich Neufahrzeuge aus westlicher – oder asiatischer Produktion zulegen zu können. Auf dem Sprung ist auch der indische Tiger: 2015, so die CAR-Studie, wird der indische Automarkt erstmals größer sein als der deutsche.
Die Autoindustrie hat sich auf diese Verschiebung der Gewichte längst eingestellt. Seit der Jahrtausendwende hat sich die Auslandsfertigung der deutschen Autohersteller fast verdoppelt. Und seit der Eröffnung des BMW-Werks Leipzig 2005 wurde in Deutschland keine einzige neue Produktionsstätte für Automobile mehr in Betrieb genommen. Im Gegenteil: 2016 wird Opel sein Werk in Bochum nach über 50 Jahren endgültig schließen, in der Zwischenzeit aber möglicherweise eine neue Produktionsstätte in China eröffnen. Werksschließungen sind bei den anderen deutschen Autoherstellern derzeit zwar kein Thema. Aber das Wachstum findet auch bei ihnen im Ausland statt: Audi baut ein neues Werk in Mexiko, BMW ein neues Montagewerk in Brasilien, VW weitere in China. Daimler lässt Autos in Ungarn produzieren, baut ein Werk in China und denkt an eine Ausweitung der Fertigung in Nordamerika. Und selbst Porsche denkt, auch um Einfuhrzölle zu sparen, inzwischen über eine Sport- und Geländewagenproduktion im Ausland nach. "Wir müssen nicht zwingend alle Autos auch in Deutschland bauen Es genügt, wenn wir 'Engineered by Porsche in Germany' auf unsere Autos schreiben können" wagte Vorstandschef Matthias Müller kürzlich in einem Interview den Tabubruch – bislang produziert der Sportwagenhersteller offiziell nur in Deutschland. Um den Schein zu wahren, wird der eigentlich in der Slovakei produzierte SUV Cayenne nach Leipzig geschafft und im dortigen Werke komplettiert.