Automarkt Chinas Autos sollen Europa erobern

Dreimal haben die Chinesen schon versucht, auf dem europäischen Automarkt Fuß zu fassen. Zweimal scheiterten sie am Crashtest. Jetzt soll von Bulgarien aus soll der Markt aufgerollt werden.

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Deutsche Autos - vornehmlich die der Luxusklasse - sind in China ein Renner sind. Made in Germany ist ein Verkaufsschlager - unabhängig vom Produkt. Nun sollen Autos made in China die Herzen und Straßen Europas erobern. Der Versuch ist nichts neues, ging allerdings schon dreimal schief. 2005 kam der chinesische SUV Jiangling Landwind in Europa auf den Markt. Rund 15.000 Euro sollte der Geländewagen kosten. Doch dann kam der ADAC-Crashtest und der Traum von Europa war für den chinesischen Autobauer Jiangling Motors ausgeträumt: Einen Frontalzusammenstoß mit 64 Stundenkilometern hätten weder Fahrer noch Beifahrer des Wagens überlebt. Die Fahrgastzelle wurde beim Aufprall genauso zerstört wie der Fußraum, Lenksäule und Lenkrad drangen weit in den Innenraum ein. Fehlende Seitenairbags und Türverstärkungen hätten eine seitliche Kollision ähnlich katastrophal enden lassen.

Kein Stern beim Crashtest

Auch dem chinesischen Automobilhersteller Brilliance vermasselte der TÜV den Markteintritt: Brilliance wollte eine günstige Luxuslimousine etablieren. 2007 stellte sich der BS6 dem Euro-NCAP- Crashtest und bekam einen von fünf Sternen, 2009 schaffte der kleinere Brilliance BS4 nicht mal den. Der Grund war ebenfalls der Frontalzusammenstoß mit 64 Stundenkilometern. Beim BS4 riss dabei das Bodenblech auf, die Fahrgastzelle kollabierte und der Kopf des Dummies knallte wegen eines Airbag-Fehlers nahezu ungebremst auf das Lenkrad. Ein Mensch hätte einen solchen Zusammenstoß nicht überlebt. Kurz vor dem Crash des BS4 versuchte sich der Hersteller Shuanghua mit dem Geländewagen Ceo in Deutschland - als günstige Version des X5 von BMW. Die optische Ähnlichkeit verblüffte - was Qualität und Fahrvergnügen anging, war der Ceo wirklich nichts anderes als ein billiger Abklatsch. Für rund 30.000 Euro lässt sich kein X5 erfolgreich kopieren.

Testautos seit November
Scheinbar sind aller guten Dinge aber mehr als drei, weshalb der chinesische Autobauer Great Wall nun den bisher vierten Versuch startet, Europa mit chinesischen Autos zu versorgen. Bisher ist das Unternehmen schon in Ägypten, Indonesien, der Ukraine und Russland vertreten. Nun also Europa. Im nicht gerade als Autobauer-Nation bekannten Bulgarien eröffnet heute offiziell das erste Werk von Great Wall. Testweise rollten im neuen Werk bereits seit November 2011 Autos vom Band in die Läden. Für rund 13.000 Euro ist beispielsweise ein Pick Up zu haben. Ein Sprecher von Litex sagte, dass Great Wall den europäischen Markt schrittweise erobern und in Bulgarien Marktführer werden wolle. Bisher vertreiben einige wenige bulgarische Händler die bereits existierenden Modelle. Bis zum Jahr 2016 sollen dann alle 10 Serien erhältlich sein. Die Reaktion der Testkunden sei bereits jetzt sehr positiv, heißt es von Litex.

Great Wall kommt spät nach Deutschland

Seit mehreren Jahren wurden in dem osteuropäischen Land keine vollständigen Autos mehr produziert. Bulgarien ist allerdings ein beliebter Standort für die Produktion von Automobilteilen. Niedrige Arbeitskosten und gut ausgebildete Fachkräfte machen Bulgarien für die Branche interessant. So ist beispielsweise das hessische Unternehmen Ixetic, Hersteller von Hydraulik- und Vakuumpumpen, vor Ort und produziert dort Teile für namhafte Pkw- und Lkw-Bauer. Ixetic ging aus dem Geschäftsbereich Hydraulik der Schaeffler Gruppe hervor.

Bis zum Markteintritt in Deutschland dauert es noch

Jetzt gilt es also für Great Wall: Die Fahrzeuge der Chinesen sollen europäischen Standards entsprechen und so auch die Crash-Tests überleben. Die Kosten für die einzelnen Modelle sollen zwischen 9.000 und 23.000 Euro liegen. Im Vergleich zur deutschen Konkurrenz ist das unschlagbar günstig. Bis es die Autos in Deutschland - außer als Re-Import - zu kaufen gibt, wird es aber noch ein bisschen dauern. Die Auto-Nationen Großbritannien, Frankreich und Deutschland stehen weit hinten auf der Liste der zu erobernden Märkte. Great Wall will den Automarkt zunächst von Osteuropa aus aufrollen. Bis dahin finden sich chinesische Autos auf deutschen Straßen lediglich unter den bekannten Namen: So wurden beispielsweise der Hersteller Volvo bereits von einem chinesischen Konzernen geschluckt und auch der insolvente Hersteller Saab soll nun endgültig von Youngman aus China übernommen werden.

Wie die günstigen Modelle von Great Wall hier ankommen, wird sich also erst später herausstellen, deren Entwicklung können wir so lange schon mal bei den Nachbarn beobachten. Jedenfalls haben sich die Chinesen mit Litex Motors einen erfahrenen Partner gesucht. Der General Manager des bulgarischen Unternehmens ist auch in Deutschland kein Unbekannter. Harald Leschke war zuvor der Direktor der Sparte Zukunftsdesign bei DaimlerChrysler. Der Mann dürfte wissen, was er tut.

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