Automesse Detroit Alles eine Nummer größer

An sparsamen Autos hat Nordamerika wegen der niedrigen Kraftstoffpreise derzeit kein Interesse, gefragt sind wieder einmal PS-starke Geländewagen. Eine Trendwende ist nicht in Sicht: Die Detroit Auto Show dominieren erneut die Kraftprotze.

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NAIAS: Die Neuheiten der Detroiter Automesse 2016. Quelle: Pressebild, Montage

1,20 Euro der Liter Superbenzin inklusive Mehrwertsteuer? Da lacht hierzulande das Herz des Autofahrers. Noch besser sieht es derzeit in den USA aus: An der Valero-Station am Vernon Highway im Südwesten von Detroit kostete die Gallone am Wochenende 1,69 Dollar. Umgerechnet auf den Liter und Eurocent wären dies gerademal 40 Cent. Einmal volltanken bitte!

Sprit ist derzeit so billig wie lange nicht mehr. Die Schlacht der Ölproduzenten um den Weltmarkt hat die Kraftstoffpreise auf Talfahrt geschickt. Das freut die Verbraucher und hat dazu beigetragen, dass sich der Automobilhandel im abgelaufenen Jahr spürbar belebt hat. In Deutschland wurden 2015 so viele Autos verkauft wie seit sechs Jahren nicht mehr. Und auch Und auch die USA brummte das Neuwagengeschäft: Nach vorläufigen Zahlen wurden dort in den zurückliegenden zwölf Monaten rund 17,47 Millionen Autos abgesetzt, knapp sechs Prozent mehr als im Jahr zuvor und etwa 100.000 Fahrzeuge mehr als im bisherigen Rekordjahr 2000.

Die wichtigsten Premieren der ersten Automesse des Jahres
Ford Mustang GT350Seit seiner Premiere hat sich das aktuelle Mustang-Modell für Ford zu einem echten Erfolg entwickelt. Keine Mustang-Baureihe ist aber komplett ohne einen Ableger des legendären Shelby GT350. Im Jahr 2016 heißt das: ein 5,2 Liter großer V8-Motor, der dank Kompressor-Aufladung auf stolze 533 PS kommt – 98 PS mehr als der 5,0 Liter große Serien-V8. Damit ist der Shelby GT350 die bislang dynamischste Straßenversion des Pony-Cars. Für die breite Masse ist am Ford-Stand in Detroit die Modellpflege der Mittelklasse-Limousine Fusion (die US-Variante des Mondeo) von großem Interesse. Ebenso die Neuheiten, die Ford für den Kult-Truck und das meistverkaufte US-Fahrzeug F-150 aufgelegt hat. Quelle: Ford
Lincoln ContinentalAuch Fords Edeltochter Lincoln wird den ein oder anderen amerikanischen Besucher anziehen. Mit der Serienversion des Continental (im Bild noch das Concept Car) will Lincoln zu alter Stärke zurückkehren. Die Oberklasselimousine galt in den 60er Jahren als eines der elegantesten Luxusautos überhaupt, war dann aber über die Jahrzehnte zur Karikatur des Ami-Dickschiffs verkommen. Die Neuauflage soll nicht nur auf dem US-Markt Mercedes und Co Konkurrenz machen, sondern auch in China. Quelle: Ford
Buick EnvisionEtwas massentauglicher als der Continental wird der Buick Envision. Der 4,67 Meter lange Fünftürer schlägt ein neues Kapitel in der amerikanischen Autogeschichte auf. Er wird beim Marktstart im Sommer das erste GM-Fahrzeug aus chinesischer Fertigung sein, das seinen Weg auf den US-Markt findet. Auch für deutsche Kunden ist ein Blick auf das GM-Crossover interessant: Auf Basis des Envision möchte Opel im Laufe des Jahres ein zweites, erfolgreicheres Kapitel des Antara aufschlagen. Quelle: General Motors
Genesis G90In Detroit hat auch der Hyundai-Edelableger Genesis einen eigenständigen Auftritt. Der G90 ist eine 5,20 Meter lange und 1,91 Meter breite Limousine, die mit zwei V6- und einem V8-Motor angeboten wird – allesamt Benziner. Die Limousine wird in Korea, den USA, China, Russland sowie den Staaten des Nahen Ostens erhältlich sein. In Europa ist eine Markteinführung zunächst nicht geplant. In Deutschland bietet Hyundai zwar eine Business-Limousine mit dem Namen Genesis an – allerdings als Modell – und nicht als Markennamen. Diese trägt anstelle des Hyundai-Logos ein eigenes Markenzeichen in Form eines geflügelten Wappenschildes. Dieses ziert auch die künftigen Premium-Modelle. Quelle: Hyundai
Infiniti Q50In Europa würde diese Nachricht wohl kaum Beachtung finden, in den USA ist sie aber deutlich wichtiger: Zum Modelljahr 2016 steigert Infiniti die Performance des Q50. Die Sportlimousine erhält als Topmotorisierung einen komplett neu entwickelten 3,0-Liter-V6-Twinturbo mit 405 PS und 475 Newtonmetern Drehmoment zwischen 1.600 und 5.200 Umdrehungen in der Minute. Ausgestattet ist das neue Topmodell mit der automatischen Fahrwerksabstimmung Dynamic Digital Suspension (DDS) sowie mit dem neuen digitalen und individuell einstellbaren Lenksystem Direct Adaptive Steering (DAS), das ebenso für den 3,5-Liter-Hybridantrieb erhältlich ist. Das Fahrprogramm Drive Mode Selector (DMS) wird um den siebten Modus „Sport+“ erweitert.  Quelle: Infiniti
BMW M2Auf den BMW M2 freuen sich die amerikanischen „Petrol-Heads“ besonders. Das US-Magazin „Car and Driver“ stimmte Interessenten mit einem Artikel unter dem Titel „M in seiner reinsten Form“ ein. Ein wenig brachial kommt der Zweitürer schon daher. Aber 370 PS, die der aufgeladene Reihensechszylinder mit drei Litern Hubraum über die Hinterachse herfallen lässt, vertragen einen selbstbewussten Auftritt. Nicht limitiert ist der M2 ab April bereit, aus dem Stand in 4,2 Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen. Vorausgesetzt, der deutsche Interessent ist willens und in der Lage 56.700 Euro zu investieren. Quelle: BMW
Mercedes E-KlasseKaum ein Modell verkörpert den Markenkern von Mercedes so sehr wie die E-Klasse. Das neue Modell ist nach Aussagen der Stuttgarter ein Quantensprung. Nicht nur das Cockpit erinnert an die S-Klasse. Bei den Assistenzsystemen der Oberklasse-Limousine durfte sich die neue E-Klasse ebenso freizügig bedienen wie an den Komponenten für Fahrwerk und Antrieb. In Detroit steht nur die Limousine. Der Kombi T-Modell folgt Mitte des Jahres, Coupé und Cabriolet stehen für 2017 auf der Agenda. E-Klasse-Kunden müssen sich bis April gedulden. Dann beginnt die Auslieferung. Zum Marktstart treten der E 200 mit 184 PS und der E 220d mit 195 PS an. Leistungsstärkere Varianten bis zur mehr als 600 PS starken AMG-Version und Hybridantriebe folgen im Lauf des Jahres. Über viele Details schweigt sich Mercedes noch aus. Besonders Ungeduldige finden hier eine Übersicht des Innenraums der neuen E-Klasse. Quelle: Daimler

Zu den größten Gewinnern zählt Land Rover mit einem Plus von 37,1 Prozent, die Fiat-Tochter Jeep mit einem Plus von knapp 25 Prozent sowie GMC mit einem Zuwachs von 11,3 Prozent. Fällt Ihnen was auf? Genau: Alle drei Hersteller sind Spezialisten für die so genannten Sport Utilities, die so modischen wie wuchtigen und durstigen sportlichen Nutzfahrzeuge vom Kaliber eines Range Rover, eines Grand Cherokee oder eines Sierra.

18 Liter Realverbrauch sind keine Seltenheit

Letzteren sieht man in Europa eher selten. In Nordamerika hingegen zählt er neben dem Ford F-150 und dem Chevrolet Silverado zu den meistverkauften Fullsize Trucks. In die Kategorie fallen Geländewagen von wenigstens fünf Metern Länge, einem Kampfgewicht von bis zu 3,2 Tonnen – und einer lausigen Fuel Economy. Nach den Messungen der US-Umweltbehörde EPA kommt ein achtzylindriger und allradgetriebener GMC Sierra des Modelljahrs 2015 mit einer Gallone Benzin 19 Meilen weit. Das entspricht einem Durchschnittsverbrauch von etwa 12,4 Litern auf 100 Kilometer. Auf dem Rollenprüfstand, wohlgemerkt, und im genormten Fahrzyklus. Im Realverkehr, in der tempolimitierten Wildbahn, sind Kraftstoffverbräuche um die 18 Liter Alltag.

Die Amerikaner lassen sich davon nicht schrecken. Die Stickoxid-Emissionen dieselgetriebener Mittelklasselimousinen made by Volkswagen lassen sie angeblich gerade um Gesundheit und Leben fürchten. Aber die Klimadebatte ist in USA noch nicht so richtig angekommen – außerhalb Kaliforniens ist der „Carbon Footprint“ von SUVs bis heute kein Thema.

US-Absatz deutscher Hersteller 2000-2025

Von den 20 meistverkauften Autos im Dezember vergangenen Jahres waren zwölf Fahrzeuge SUVs, schwere Pickups oder stylische Crossover-Fahrzeuge. Erstmals seit Jahren stieg nach Erhebungen der Universität von Michigan zum Jahresende der Kraftstoffverbrauch der verkauften Neuwagen wieder – auf durchschnittlich 9,4 Liter pro Kilometer. Zum Vergleich: In Westeuropa lag der Wert zum Jahresanfang 2015 bei umgerechnet 5,2 Litern.

Eine Trendwende ist nicht abzusehen. Schon gar nicht auf der North American International Auto Show, der größten Automesse Nordamerikas: Think Big lautet erneut das Motto, wenn am Montagmorgen in der Cobo Hall die ersten von insgesamt 40 Welt- und Nordamerika-Neuheiten enthüllt werden. Volkswagen, von Dieselgate gezeichnet und von Umweltschützern wie Staatsanwälten gejagt, wird sich schuldbewusst und umweltbewegt zeigen und seine Scheinwerfer auf ein Konzept-Auto „Cross Coupé GTE“ lenken – ein mittelgroßes SUV mit Hybridantrieb und einer Motorleistung von insgesamt 360 PS.

Die Highlights der Autohersteller in Las Vegas
BMW i8 Spyder Concept Quelle: BMW
BMW i Vision Quelle: BMW
BMW Quelle: BMW
BMW-Helm mit Head-up-Display Quelle: BMW
Head-up-Display Quelle: BMW
VW BUDD-e Quelle: dpa
Präsentation des VW BUDD-e Quelle: dpa

Das intelligente Zusammenspiel von einem Sechszylinder Benziner (!) und zwei Elektromotoren an der Hinterachse soll den Kraftstoffverbrauch angeblich von weniger als 3,4 Litern ermöglichen. Nein, nicht im Standgas, sondern bei gemäßigter Geschwindigkeit und auf einem Rollenprüfstand. Über den Asphalt wird der Wagen in dieser Form ohnehin nie rollen: Der neue siebensitzige SUV, der ab Herbst im VW-Werk Chattanooga produziert wird, muss sich erst einmal mit einem Ottomotor begnügen.

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