Damit nicht genug, frisst sich die Krise langsam auch zu den Autozulieferern vor. „Hier bahnt sich eine neue Welle an Problemfällen an“, sagt Detlef Specovius, Partner der Insolvenzkanzlei Schultze & Braun. Die Hersteller gäben den Druck an ihre Lieferanten weiter. „Die Reserven vieler Zulieferer sind aber nach den Krisenjahren 2009 und 2010 längst noch nicht wieder aufgefüllt, sodass akute Liquiditätsengpässe drohen.“ Am härtesten ist das schwächste Viertel der Zuliefererfirmen betroffen. Sie erwirtschaften laut Alix Partners keinen Gewinn mehr oder schreiben rote Zahlen.
Trübe Aussichten für 2012
Ein Barometer für Absatzprobleme der Hersteller ist die Zahl der sogenannten taktischen Zulassungen, von Autos also, die die Hersteller nicht an den Endkunden verkaufen, sondern an die Händler. Die melden die Fahrzeuge pro forma an, um sie dann als Pseudo-Gebrauchtwagen mit hohen Rabatten loszuschlagen. Selbst im robusten deutschen Markt sei im ersten Halbjahr 2012 fast jedes dritte Auto so in den Markt gedrückt worden, sagt Robert Rademacher, Präsident des Autohändlerverbandes ZDK: „Eine Rekordhöhe, auf die man nicht unbedingt stolz sein kann. Die Aussichten für das Autojahr 2012 trüben sich ein.“
Angriffe aus Europa
Fiat-Chef Sergio Marchionne, der vor allem mit kleineren Autos sein Geld verdient, setzt sich in der EU für strenge CO2-Emissionsgrenzen ein. Sie könnten Daimler, Audi und BMW schwer belasten, weil sie vor allem große Autos im Programm haben.
Fiat-Chef Sergio Marchionne fordert auch eine Abwrackprämie der EU für Autofabriken. So könnte er auf EU-Kosten überflüssige Werke dichtmachen. Deutschen Anbietern, deren Fabriken voll ausgelastet sind, brächte das nichts.
Die französische Regierung will Elektro- und Hybridautos von Peugeot, Citroën und Renault mit einer hohen Prämie fördern. Herkömmliche Autos, darunter die wichtigsten Modelle der deutschen Anbieter, sollen dagegen mit Strafzahlungen künstlich verteuert werden.
Schwimmen die deutschen Hersteller noch in Supergewinnen, schreiben PSA, Renault und Fiat schon jetzt rote Zahlen in Europa. „Weitere Absatzeinbrüche bringen uns an den Rand des Abgrunds“, sagt der Manager eines französischen Autobauers. Renault habe die Chance, so der Manager, seine europäischen Verluste durch gute Zahlen des japanischen Partnerunternehmens Nissan zumindest teilweise auszubügeln. Das Gleiche gelte für Fiat und seine profitable US-Tochter Chrysler. PSA dagegen stehe allein da. Deshalb sehen Experten dort auch die dramatischsten Veränderungen im kommenden Jahr. Der Aktienkurs scheint dies vorwegzunehmen und stürzte in der vergangenen Woche auf unter sechs Euro – so tief wie seit 1986 nicht mehr.
Gezielte Förderung für PSA uns Renault
Kein Wunder, dass der Autobauer und die französische Regierung hektisch werden. 8000 Stellen will PSA nun streichen. „Der Plan ist nicht akzeptabel“, tönt Frankreichs Präsident François Hollande. „Wir werden ihn neu verhandeln.“ Wie eine staatliche Hilfe für den wankenden Autobauer aussehen könnte, ließ Ende vergangener Woche Industrieminister Montebourgs durchblicken: „Wir steuern in Richtung einer massiven Unterstützung für innovative und saubere Fahrzeuge.“ Eine Möglichkeit sei der Ausbau eines Bonus-Malus-Systems, das den Kauf abgasarmer Autos fördert und den Kauf von vergleichsweise umweltschädlichen Wagen verteuert. Damit würde die französische Regierung gezielt die bei Elektro- und Hybridautos starken Hersteller PSA und Renault fördern. Größere deutsche Premiummodelle dagegen würden wegen ihres höheren CO2-Ausstoßes absichtlich verteuert.
In gleicher Absicht schießt Fiat-Chef Sergio Marchionne in Richtung Deutschland. Auf höchster EU-Ebene macht er sich für Klimaschutzauflagen stark, die vor allem die deutschen Hersteller treffen würden. „Kommen die Auflagen wie von Marchionne gefordert“, wettert ein Top-Manager eines deutschen Herstellers, „kostet das Daimler, BMW und VW Milliarden für CO2-Minderung – Fiat dagegen muss nichts tun.“
Dabei ist unter den Autobauern gar nicht strittig, dass von 2020 an die verkauften Neuwagen eines Herstellers im Durchschnitt nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen sollen, was einem Verbrauch von nur 3,7 Liter Benzin pro 100 Kilometer entspricht. Diesen Grenzwert dürfte die EU in den kommenden Monaten festsetzen. Streitpunkt ist vielmehr die Frage, wie stark Hersteller großer Autos davon abweichen dürfen, ohne saftige Strafen pro verkauften Fahrzeug bezahlen zu müssen.