Jaguar Land Rover, Bugatti und Bentley scheinen derzeit alles richtig zu machen. Jaguar-Chef Wolfgang Speth verkündete zum Halbjahr eine Absatzsteigerung von 16 Prozent gegenüber Vorjahr. Der Umsatz legte gleich um 26 Prozent zu und der Vorsteuergewinn um sagenhafte 42 Prozent. Der ehemalige BMW-Manager hat der britischen Raubkatze mit Hilfe des indischen Eigentümers Tata neues Leben eingehaucht. „Jaguar-Land-Rover ist der große Gewinner des Jahres 2013“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des CAR Center Automotive Research an der Uni Duisburg-Essen. „Die Marke hat ein hervorragendes Management, das weiß, wie man moderne Fahrzeuge baut.“ Vor ein paar Jahren galt JLR noch als Pleite-Kandidat jetzt wird spekuliert, wann Tata-Chef Cyrus Mistry die Sportwagenschmiede endlich an die Börse bringt.
Bis es soweit ist, will Jaguar Land Rover-Chef Wolfgang Speth weiter am Erfolgsrad drehen. Im nächsten Jahr sollen insgesamt 2,7 Milliarden Pfund in den Ausbau von Produkten und Anlagen fließen. Das Werk in Solihull soll wachsen, ein eigenes Motorwerk entsteht. Allein zwischen 2010 und 2012 hat Jaguar Land Rover 8000 neue Stellen geschaffen – etwa 1000 sollen noch dazu kommen. Speth lobt die Vorzüge des britischen Standorts: „England hat sehr gute und kreative Ingenieure. Im Verbund mit der deutschen Fähigkeit, auch zu Industrialisierung und Serienabläufe zu managen, ist das eine sehr gute Kombination.“
Diese Luxus-Autos kommen 2014 außerdem auf den Markt
Sommer 2014: Audi A9
Wer sich den größeren Bruder des A8 mit technischen Anleihen beim Geländewagen Q7 kaufen will, der muss sich noch etwas gedulden: Erst im Sommer 2014 wird der opulent ausgestattete Audi A9 zu kaufen sein.
Sommer 2014: Bugatti Galibier
3000 Bugatti Galibier sollen produziert werden - einige davon sogar mit Hybridantrieb. Nicht aus Umweltschutzgründen, sondern weil es möglich wäre, dass der Bugatti-Fahrer seine 1000 PS sonst am Innenstadtrand abstellen müsste, weil Umweltzonen ihm die Einfahrt verwehren könnten. 1,1 Millionen Euro muss der Käufer für das Auto hinblättern. Der Tacho zeigt bis 420 km/h an.
Frühjahr 2014: Lamborghini Cabrera
Der Gallardo-Nachfolger Cabrera wartet mit Lamborghini-würdigen 600 PS, einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb auf.
Frühjahr 2014: Maserati Levante
Maserati bringt einen SUV auf den Markt - eine Mischung, die Autokenner wohl polarisieren wird. Der Wagen, über den noch relativ wenig bekannt ist, soll Levante heißen.
Frühjahr 2014: Mercedes Benz S-Klasse Coupé
5,05 Meter lang und flach präsentierte sich das neue Coupé der S-Klasse auf der IAA in Frankfurt. Keine Glühbirne kommt in dem Luxusgefährt zum Einsatz, alles wird energiesparend mit LEDs beleuchtet.
Auch die VW-Tochter Bentley, die gemeinsam mit Bugatti 1998 Teil des Wolfsburger Imperiums wurde, investiert kräftig auf der Insel: 800 Millionen britische Pfund sollen in die Entwicklung neuer Modelle und Anlagen fließen. Konzernchef Winterkorn sagte, er sei von der Wettbewerbsfähigkeit Großbritanniens im Bereich der industriellen Fertigung überzeugt. Deshalb wird der neue Nobel-SUV aus dem Hause Bentley auch nicht im slowakischen Bratislava gebaut, wo die Schwestermodelle Touareg und Q7 vom Band laufen, sondern im englischen Crewe in der Nähe von Birmingham. Die Fertigung wird für über 1000 neue Arbeitsplätze sorgen. Bis 2018 will Bentley-Chef Wolfgang Schreiber, den Absatz auf 15.000 Nobelkarossen steigern. Das käme einer Verdoppelung im Vergleich zu 2012 gleich.
„Man muss ganz klar sagen, dass England – neben Deutschland – wieder zur Premiumnation geworden ist“, sagt Dudenhöffer. Den Erfolg schreibt Dudenhöffer auch dem deutschen Management der britischen Marken zu. In der Branche spricht man nur von den „Wolfgangs“. Wolfgang Speth - führt Jaguar seit 2010. Wolfgang Schreiber ist seit September 2012 für die VW-Edeltöchter Bentley und Bugatti zuständig.
Trotz ausländischer Eigner haben Jaguar, Bentley und Bugatti es geschafft, ihren Kern zu bewahren. Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach: "Das "british heritage" ist bei diesen Marken sehr wichtig. Der Kunde möchte natürlich, dass sie die englische Tradition widerspiegeln".
Elektroantrieb statt Wurzelholz-Ausstattung?
Das Comeback der Briten als Autonation hat das Land auch dem Münchener Hersteller BMW zu verdanken. Die Bayern investieren bis 2015 fast 900 Millionen Euro in ihre drei Fabriken in Oxford, Swinton und Hams Hall. Die Produktionskapazitäten für den Lifestyle-Flitzer Mini steigen um 25 Prozent auf 260.000 Stück. Neue Jobs in der Autoindustrie? Kapazitätenausbau?
Was in England derzeit passiert, wirkt von dem Hintergrund der Krise der französischen und italienischen Hersteller geradezu unwirklich. Fiat und Peugeot-Citroen mussten Werke schließen, viele Hersteller drosselten ihre Produktionszahlen zum Teil zweistellig. In Großbritannien legten sie dagegen um 9 Prozent zu. Innerhalb der letzten drei Jahre hat sich die Zahl der in England gefertigten Fahrzeuge auf rund 1,5 Millionen Fahrzeuge verdoppelt. Im vergangenen Jahr schickten die Briten erstmals seit rund 40 Jahren wieder mehr Fahrzeuge ins Ausland als sie importierten.
Jaguar Land Rover profitiert von der weltweiten Lust nach Sports Utility Vehicles. Land Rover produziert noch echte Offroader, auf der IAA zeigte Jaguar eine hochbeinige Crossover-Studie, die zwar nicht fürs Gelände gedacht ist, aber klar die bisherige Lücke in der Raubkatzen-Modellpalette im SUV-Segment schließen soll. Dudenhöffer hält es für nicht unwahrscheinlich, dass sich auch die italienischen Luxusautobauer Maserati, Lamborghini und Maserati zu einem SUV verleiten lassen. "Warum nicht? Bei Porsche dachte man auch zuerst, das passt nicht. Ich würde einen Ferrari-SUV nicht ausschließen."
Außer den drei Werken in Großbritannien plant JLR-Chef Speth erstmals die Fertigung in China sowie Montagewerke in Saudi-Arabien und Brasilien. Jaguar hat den Sprung nach China bereits geschafft. In den ersten sechs Monaten verkauften sich 8000 der britischen Limousinen und Sportwagen in China – und damit mehr als im kompletten Jahr 2012.
Digital und sauber unterwegs
Auf ihrem Erfolg ausruhen, sollte sich aber keine der Nobel-Marken. Dudenhöffer hält es durchaus für möglich, dass die klassischen Attribute eines Luxusfahrzeugs wie edle Innenausstattung und PS-Stärke in Zukunft von anderen Werten und Ausstattungsmerkmalen abgelöst werden – sauberer Antrieb und digitale Vernetzung etwa. Möglicher Gewinner: BMW. Im Frühjahr 2014 kommt der Hybridsportwagen i8 auf den Markt – Kostenpunkt rund 126.000 Euro. „Wenn es BMW geschickt anstellt, kann die Marke das Premiumsegment als "Premium-Strom" neu definieren“, meint Dudenhöffer. Andere Premiumhersteller wie Audi hätten das Nachsehen. Stefan Bratzel: „Es ist natürlich ein Problem für Audi, dass in den letzten Jahren häufig andere die Trends setzen. Zumal sie mit dem R8 e-tron ebenfalls einen "Super-Elektro-Sportler" haben, der aber nicht in Serie gegangen ist“. Kollege Dudenhöffer sieht die Gefahr, dass Traditions-Nobel-Marken im Vergleich zu den vernetzten Hybrid-Schlitten alt aussehen: „Ob ein klassischer Bentley mit Lederausstattung in der Welt von iPads Bestand hat, ist die große Frage.“
Protz kommt noch immer gut an
Bei Bentley selbst sieht man bisher keinen Handlungsbedarf. In einem Interview mit der Welt sagte Chef Schreiber, auf die Frage, ob er neben Wurzelholz und PS auch ein paar revolutionäre Ideen für das Luxussegment haben: „Ich glaube eine Revolution bei Bentley ist nicht nötig. Bentley ist gut, kann und muss aber noch besser werden. Was wir brauchen sind kontinuierliche Verbesserungen in allen Unternehmensteilen.“ Bei Bentley sei Evolution besser als Revolution.
Einen Elektro-Bentley kann sich Schreiber auf absehbare Zeit aber nicht vorstellen. Auch Jaguar-Chef Speth hält Elektrofahrzeuge für nicht überzeugend: „Der Elektromotor an sich ist toll und hat einen hohen Wirkungsgrad, aber das Gesamtkonzept ist nicht reif“, kritisiert er. Auf einen kompletten Lebenszyklus von 100.000 oder mehr Kilometer betrachtet, bewirke der Elektromotor nichts für die Umwelt. „Er verschiebt die Emissionen, aber er verringert sie nicht“.
Sind Marken wie Bentley & Co. am Ende schon altbacken, weil sie keine hippen Hybriden haben? Eine Studie der Markenberatung Brand: Trust kam zu dem Ergebnis, dass die Bekanntheit von Marken wie Porsche, Ferrari, Bentley und Rolls Royce zwar beeindruckend hoch ist, sie aber nur noch als wenige attraktiv gelten. Brand: Trust-Inhaber Klaus-Dieter Koch: „Sie können als Marken von gestern gesehen werden, die ihren Zenit überschritten und keine Zukunft haben.“
Welche Marken als Statussymbol gelten, hängt dabei stark von der Nationalität der Befragten ab. Ich China etwa würde gerne noch geprotzt „Da zeigt man gerne, was man hat. Deshalb spielen dort die alten Luxuseigenschaften eine große Rolle, also Provokation und Abgrenzung“, erklärt Koch. Für die Premium- und Luxusautobauer sind das gute Nachrichten. BMW, Audi und Mercedes konnten das schwache Europa-Geschäft bisher durch zweistellige Wachstumsraten im Reich der Mitte ausgleichen.
Automarkt-Experte Dudenhöffer geht fest davon aus, dass China den Nobelmarken auch weiter Absatzrekorde bescheren wird: „China wächst im nächsten Jahr von den 15 größten Automärkten am schnellsten. Das wird in den nächsten Jahren auch so bleiben.“